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Nexus

Nexus

Titel: Nexus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Miller
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Mexiko?»
    Das wäre eine Möglichkeit, gab sie zu, aber erst später. Zuerst müsse sie sich einmal sammeln. Dieses chaotische Bohemeleben sei ihr nicht leichtgefallen. Im Grunde sei sie ein einfaches Wesen. Ihr einziges Problem sei der Verkehr mit anderen Menschen. Am meisten sei ihr an unserer Lebensweise zuwider gewesen, daß sie so wenig Gelegenheit zur Arbeit gehabt hätte. «Ich muß etwas mit den Händen tun», platzte sie heraus. «Selbst wenn ich Gräben ausheben müßte. Ich möchte Bildhauerin, keine Malerin oder Dichterin sein.» Sie setzte gleich hinzu, ich sollte sie nicht nach den Puppen beurteilen, die sie verfertigt hätte - nur um Mona einen Gefallen zu tun.
    Dann sagte sie etwas, das für meine Ohren wie Hochverrat klang. Mona verstände absolut nichts von Kunst, sie könne nicht einmal zwischen einer guten und einer schlechten Arbeit unterscheiden. «Das bedeutet allerdings nichts oder würde nichts bedeuten, wenn sie nur den Mut hätte, es zuzugeben. Aber den hat sie nicht. Sie tut so, als wisse sie alles, verstände alles. Ich hasse diese Angeberei. Das ist einer der Gründe, warum ich so schlecht mit Menschen auskomme.»
    Sie machte eine Pause, um diese Mitteilung in mich einsinken zu lassen. «Ich weiß nicht, wie du das aushältst. Du benimmst dich manchmal scheußlich, steckst voller Vorurteile und bist ungerecht, aber du bist wenigstens ehrlich. Du willst nichts anderes sein, als was du bist. Wogegen Mona . . . nun, es läßt sich einfach nicht sagen, wer sie ist oder was sie ist. Sie ist ein wandelndes Theater. Wohin sie auch geht, was sie auch tut, mit wem sie auch spricht, sie steht immer auf der Bühne. Es macht einen krank . . . aber ich habe dir dies alles ja schon früher gesagt. Du weißt das so gut wie ich.»
    Ein ironisches Lächeln glitt über ihr Gesicht. «Manchmal...» sie zögerte einen Augenblick . . . «manchmal frage ich mich, wie sie sich wohl im Bett verhält. Ich meine, schwindelt sie da auch?»
    Eine sonderbare Frage, die ich überhörte.
    «Ich bin normaler, als du glauben würdest», fuhr sie fort. «Meine Fehler liegen alle an der Oberfläche. Im Grunde bin ich ein schüchternes kleines Mädchen, ich bin noch nicht richtig erwachsen. Vielleicht ist das auf eine Drüsenstörung zurückzuführen. Das müßte komisch sein, wenn ich durch die tägliche Einnahme einiger Hormone mich in ein typisches Weibchen verwandelte. Warum hasse ich Frauen so? Ich war immer so. Lach jetzt nicht, aber ehrlich gesagt, mir wird speiübel, wenn ich sehe, wie eine Frau sich hinhockt und Pipi macht. Es ist so lächerlich . .. Tut mir leid, daß ich dir von solchen Kleinigkeiten spreche. Ich wollte dir von den großen Dingen erzählen, von Dingen, die mich wirklich beschäftigen. Aber ich weiß nicht, wo ich beginnen soll. Aber was für einen Zweck hat das jetzt, da ich fortgehe?»
    Wir waren jetzt halbwegs über die Brücke. In einigen Minuten würden wir bei den Karren der Straßenhausierer sein, an Läden vorüberkommen, die vollgestopft waren mit geräucherten Fischen, Gemüse, Zwiebelbündeln, Brotlaiben, großen Wagenrädern Käse, Salzbrezeln und anderen einladenden Eßwaren. Dazwischen gab es auch Brautkleider, Fräcke, Zylinderhüte, Korsetts, Wäsche, Krücken, Sitzbadewannen und allerlei Nippsachen in Hülle und Fülle.
    Ich fragte mich, was sie mir wohl mitzuteilen hätte - die großen Dinge, meine ich, von denen sie gesprochen hatte.
    «Wenn wir zurückkommen», sagte ich, «wird es zweifellos eine Szene geben. Ich an deiner Stelle würde so tun, als hätte ich meinen Entschluß geändert, und mich dann bei der ersten Gelegenheit davonschleichen. Sonst wird sie darauf bestehen, mit dir zu gehen, wenn auch nur, um dich sicher heimzubringen.»
    Sie hielt das für eine ausgezeichnete Idee. Sie brachte sie zum Lacheln. «So ein Gedanke wäre mir nie gekommen», gestand sie. «Ich habe nicht die geringste strategische Begabung.»
    «Um so besser für dich», sagte ich.
    «Da wir gerade von Strategie sprechen — könntest du mir vielleicht behilflich sein, etwas Geld aufzutreiben? Ich bin vollständig pleite. Und mit einem Koffer und schwerem Handgepäck kann ich nicht per Anhalter reisen, das siehst du wohl ein.»
    (Allerdings nicht, dachte ich bei mir, aber wir könnten sie dir später nachsenden.)
    «Ich werde tun, was ich kann», sagte ich. «Wie du weißt, bin ich kein Pumpgenie. Diese Sparte überlasse ich Mona. Aber ich will es versuchen.»
    «Gut», sagte sie. «Auf ein

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