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Nexus

Nexus

Titel: Nexus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Miller
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paar Tage früher oder später kommt es nicht an.»
    Wir waren ans Ende der Brücke gekommen. Ich erspähte eine leere Bank und steuerte auf sie los.
    «Wir wollen uns ein bißchen ausruhen», schlug ich vor.
    «Könnten wir nicht irgendwo Kaffee trinken?»
    «Ich habe nur sieben Cents in der Tasche. Und gerade noch zwei Zigaretten.»
    «Wie kommst du zurecht, wenn du allein bist?» fragte sie.
    «Das ist etwas anderes. Wenn ich allein bin, ereignet sich immer was.»
    «Du meinst, Gott sorgt dann für dich?»
    Ich gab ihr eine Zigarette.
    «Ich habe schrecklichen Hunger», sagte sie mit hängenden Flügeln.
    «Wenn es so schlimm ist, dann laß uns zurückgehen.»
    «Ich kann nicht, es ist zu weit. Warte noch eine Weile.»
    Ich fischte ein Fünfcentstück aus der Tasche und gab es ihr. «Du fährst mit der U-Bahn, und ich gehe zu Fuß. Für mich ist das nicht beschwerlich.»
    «Nein», sagte sie. «Wir gehen zusammen zurück. Ich fürchte mich, ihr allein entgegenzutreten.»
    «Du fürchtest dich?»
    «Ja, Val. Sie weint so laut, daß es alle Leute hören, und dann werde ich schwach.»
    «Aber du sollst ja schwach werden. Wir haben das doch eben besprochen. Laß sie weinen. . . dann sagst du, du habest deinen Entschluß geändert. Wie ich dir gesagt habe.»
    Wir ruhten unsere müden Glieder ein wenig aus. Eine Taube schwebte herunter und ließ sich auf ihrer Schulter nieder.
    «Kannst du nicht ein paar Erdnüsse kaufen? Wir könnten die Vögel füttern und hätten auch noch ein bißchen für uns.»
    «Denk nicht dran! Sag dir vor, daß du keinen Hunger hast. Dann geht das Hungergefühl vorüber. Ich bin kaum je mit vollem Magen über die Brücke gegangen. Du bist nervös, weiter nichts.»
    «Du erinnerst mich oft an Rimbaud», sagte sie. «Er hatte immer Hunger ... und war immer auf dem Trab.»
    «Das ist nichts Besonderes. Er... und wie viele Millionen anderer?»
    Ich beugte mich vor, um meine Schnürbänder festzuziehen, und siehe da - unter der Bank lagen zwei ganze Erdnüsse. Ich nahm sie auf. «Eine für dich und eine für mich. Du siehst, wie die Vorsehung für einen sorgt.»
    Die Erdnuß gab ihr den Mut, die Beine auszustrecken. Wir erhoben uns steif und traten den Rückweg über die Brücke an.
    «Du bist gar kein so übler Kerl», versetzte sie, als wir so dahinschlurften. «Es gab eine Zeit, wo ich dich einfach dick hatte. Nicht wegen Mona, nicht weil ich eifersüchtig war, sondern weil du dich nur um dein wertes Ich kümmertest. Ich empfand dich als rücksichtslos. Aber wie ich sehe, hast du wirklich ein Herz, nicht wahr?»
    «Wie kommst du darauf?»
    «Ich weiß nicht. Durch nichts Besonderes. Vielleicht, weil ich nun die Dinge in einem neuen Licht sehe. Jedenfalls schaust du mich jetzt mit anderen Augen als früher an. Du siehst mich jetzt. Früher gingen deine Blicke durch mich hindurch. Du sahst mich so wenig, daß du auf mich oder über mich hättest treten können. Ich bin gespannt, wie ihr beide miteinander auskommen werdet, wenn ich fort bin. In gewisser Hinsicht habe ich euch zusammengehalten. Wenn ich schlauer wäre, wenn ich Mona wirklich ganz für mich haben wollte, würde ich fortgehen und warten, bis ihr zwei euch trenntet, und dann wiederkommen und sie für mich beanspruchen.»
    «Ich dachte, du wärest mit ihr fertig», sagte ich. Ich mußte mir jedoch eingestehen, daß ihre Bemerkung logisch war.
    «Ja», sagte sie, «all das ist vorbei. Jetzt will ich mir ein Leben für mich zimmern. Ich muß das tun, was ich gern tue, selbst wenn ich kläglich dabei scheitere . . . Aber was will sie tun? Das möchte ich wissen. Ich kann mir nicht vorstellen, daß sie etwas Sinnvolles anfangen kann. Du tust mir leid. Glaube mir, ich meine das aufrichtig. Für dich wird die Hölle losgehen, wenn ich fort bin. Vielleicht machst du dir das jetzt noch nicht klar, aber du wirst es schon noch erfahren.»
    «Selbst wenn das so wäre, so ist es doch besser, du gehst.»
    «Du bist also überzeugt, daß ich gehe? Was auch passieren mag?»
    «Ja», sagte ich, «darüber bin ich mir klar. Und wenn du nicht aus eigenem Entschluß gehst, werde ich dich an die Luft setzen.»
    Sie lachte kläglich. «Du würdest mich umbringen, wenn es nicht anders ginge, wie?»
    «.Das will ich nicht sagen. Nein, ich meine nur, daß die Zeit reif ist. . .»
    «Said the walrus to . . .?»
    «Richtig! Was passiert, wenn du fort bist, ist meine Sache. Die Hauptsache ist, daß du dich da vontrollst. Nur keine Winkelzüge!»
    Sie schluckte

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