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Nexus

Nexus

Titel: Nexus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Miller
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schließlich nach, aber erst, nachdem Mona sie bestürmt, umtost, gefleht und gebettelt hatte. Ich konnte nicht begreifen, warum sie die Szene so lange hinausgezogen hatte. Machte sie ihr Spaß? Oder wurde sie so von ihr abgestoßen, daß sie keine Worte fand? Ich fragte mich, was wohl ohne meine Anwesenheit geschehen wäre.
    Wer es nicht mehr aushalten konnte, war ich. Ich wandte mich an Stasia und bat sie, sich ihren Entschluß noch einmal zu überlegen.
    «Geh noch nicht», bat ich sie. «Sie braucht dich wirklich. Sie liebt dich, siehst du das nicht?»
    Und Stasia antwortete: «Aber deshalb sollte ich ja gerade gehen.»
    «Nein», sagte ich, «wenn jemand hier weichen muß, bin ich es.»
    (Für den Augenblick war das auch meine Überzeugung.)
    «Bitte», rief Mona, «jetzt geh du nicht auch noch. Warum muß überhaupt einer von euch gehen? Warum? Warum? Ich brauche euch beide. Dringend. Ich liebe euch.»
    «Das haben wir schon früher gehört», sagte Stasia, als wäre sie noch immer unerbittlich.
    «Aber es ist so. Ich bin nichts ohne euch. Und warum können wir jetzt, wo ihr euch endlich angefreundet habt, nicht alle zusammen in Frieden und Eintracht leben? Ich werde alles tun, was ihr verlangt. Aber bitte , verlaßt mich nicht!»
    Wieder wandte ich mich an Stasia. «Sie hat recht. Diesmal kann es gutgehen. Du bist nicht eifersüchtig auf mich .. . warum sollte ich es auf dich sein? Willst du es dir nicht noch einmal überlegen? Wenn ich dir im Weg stehe, so kannst du dich beruhigen. Ich will sie glücklich sehen, einen anderen Wunsch habe ich nicht. Wenn dein Bleiben sie glücklich macht, dann sage ich bleibel Vielleicht werde dann auch ich lernen, glücklich zu sein. Meinst du nicht, daß ich schon duldsamer geworden bin?» Ich lächelte ihr verschmitzt zu. «Na, was sagst du? Du wirst doch nicht drei Menschenleben ruinieren wollen?»
    Sie sank auf einen Stuhl. Mona kniete ihr zu Füßen und legte den Kopf in ihren Schoß, hob dann langsam die Augen und sah Stasia flehend an. «Du wirst bleiben, nicht wahr?» bat sie.
    Sanft schob Stasia sie fort. «Ja», sagte sie, «ich will bleiben, aber nur unter einer Bedingung: Szenen darf es nicht mehr geben.»
    Die beiden hefteten jetzt ihre Augen auf mich. Schließlich war ich der Schuldige. Ich war es, der alle Szenen herbeigeführt hatte. Würde ich mich anständig betragen? Das war ihre stumme Frage.
    «Ich weiß, was ihr denkt», sagte ich. «Ich werde mein Bestes tun, mehr kann ich nicht versprechen.»
    «Sag noch mehr!» rief Stasia. «Sag uns, wie dir jetzt wirklich zumute ist.»
    Ihre Worte weckten in mir das unbehagliche Gefühl, daß sie sich in ihre eigene Schauspielerei verwickelt hatte. Mußte ich mich - jetzt, da wir uns verständigt hatten - auch noch rösten lassen? Wenn ich, ehrlich gesagt, gewußt hätte, wie mir zumute war, hätte ich gestehen müssen: ich habe das Gefühl, ein erbärmlicher Schuft zu sein. Als ich Stasia den Vorschlag machte, hatte ich natürlich nicht daran gedacht, daß wir den Spaß so in die Länge ziehen würden. Wir hatten zwar vereinbart, daß Stasia weich werden sollte, aber nicht, daß ich feierliche Versprechungen abgeben und mich bis auf den Herzensgrund durchsuchen lassen mußte. Vielleicht hatten wir immer nur geschauspielert, selbst wenn wir uns für aufrichtig hielten . . . Oder umgekehrt. Ich geriet in Verwirrung. Es kam mir plötzlich der beängstigende Gedanke, daß Mona, die Schauspielerin, vielleicht die aufrichtigste von uns allen war. Sie wußte wenigstens, was sie wollte.
    Diese Überlegung schoß mir wie ein Blitz durch den Kopf.
    Ich erwiderte - und zwar aufrichtig -: «Ehrlich gesagt, ich weiß selbst nicht, wie mir zumute ist. Ich glaube, jedes Gefühl ist in mir abgestorben. Jedenfalls will ich nichts mehr von Liebe hören, nie mehr...»
    Der ganze Aufwand verzischte also am Ende. Aber Mona war vollständig zufrieden. Stasia anscheinend auch.
    Keiner von uns hatte großen Schaden davongetragen. Wir waren altgediente Krieger.
    Und jetzt bin ich auf der Fährte wie ein Bluthund, um Geld aufzutreiben, damit Stasia abreisen kann, wie ich mir vormache. Ich hatte schon drei Krankenhäuser besucht und mich bemüht, mein Blut zu verkaufen. Menschenblut kostete jetzt fünfundzwanzig Dollar pro Schoppen. Vor einiger Zeit stand es noch auf fünfzig Dollar, aber es gibt jetzt zu viele hungrige Spender. Nutzlos, noch mehr Zeit in dieser Richtung zu verschwenden. Es ist besser, wenn ich mir das Geld leihe. Aber von

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