Nexus
mich anlächelten! So lächelt man einem neugierigen Kinde zu. «Warte nur, du wirst es schon früh genug entdecken», besagte dieses Lächeln. Das Störendste war, daß nichts sie irritierte, was ich auch immer sagte. Sie waren unerschütterlich selbstgefällig. Am nächsten Abend, am Freitag, kamen sie mit Baskenmützen heim. «Was ist über sie gekommen?» fragte ich mich. «Glauben sie, sie sind schon in Paris?» Sie brauchten ungewöhnlich lange zum Waschen. Und sie sangen wieder, sangen wie verrückt - die eine in der Wanne, die andere unter der Brause. «Lef me
call you sweetheart - l'm in love with you . . . ooo oo - - oo.»
Daran schloß sich das Tipperary-Lied. Es war direkt lustig. Wie sie lachten und kicherten! Sie quollen über vor Glück - diese lieben, unschuldigen Seelchen!
Ich konnte meine Neugier nicht bezähmen, ich mußte einen Blick auf die beiden werfen. Stasia stand aufrecht in der Wanne und wusch ihr Kätzchen. Sie kreischte nicht, sagte nicht einmal «Oh!». Mona war gerade unter der Brause hervorgekommen und hatte ein Handtuch um ihre Lenden geschlungen.
«Ich reibe dich ab», sagte ich und nahm das Handtuch.
Während ich sie streichelnd abtrocknete, schnurrte sie wie eine Katze. Schließlich bespritzte ich sie von oben bis unten mit Kölnisch Wasser. Auch das machte ihr Spaß.
«Du bist so wundervoll», sagte sie. «Ich habe dich lieb, Val, wirklich, ganz närrisch lieb.» Sie gab mir einen herzlichen Kuß.
«Morgen bekommst du Geld, nicht wahr? Kaufe mir doch bitte einen Büstenhalter und ein Paar Strümpfe. Ich brauche sie dringend.»
«Natürlich», sagte ich. «Möchtest du sonst noch was haben?»
«Nein, mehr nicht, lieber Val.»
«Nein? Ich kann dir alles bringen, was du brauchst - morgen.»
Sie warf mir einen verschämten Blick zu.
«Also gut - noch etwas.»
«Was denn?»
«Ein Sträußchen Veilchen.»
Wir rundeten diese Szene ehelichen Glücks durch einen herrlichen Fick ab, der zweimal von Stasia unterbrochen wurde. Sie tat so, als suche sie etwas und ging, selbst als wir zur Ruhe gekommen waren, vor unserer Tür auf und ab.
Und dann ereignete sich etwas Rätselhaftes. Als ich gerade einschlafen wollte, kam Stasia an mein Bett, küßte mich zärtlich auf die Stirn und sagte: «Gute Nacht. Träume süß!»
Ich war zu erschöpft, um nach einer Erklärung für dieses sonderbare Verhalten zu suchen. «Sie fühlt sich einsam.» Das war alles, was ich im Augenblick denken konnte.
Am Morgen, noch ehe ich mir den Schlaf aus den Augen rieb, waren sie schon auf den Beinen und gingen geschäftig hin und her. Sie waren noch immer fröhlich, bemühten sich noch immer, besonders nett zu mir zu sein. Konnte ihnen der Gedanke an meine heutige Lohnzahlung so zu Kopf gestiegen sein? Und warum Erdbeeren zum Frühstück? Erdbeeren mit dicker Sahne übergössen. Teufel noch mal!
Dann geschah noch etwas Ungewöhnliches. Als ich ging, wollte mich Mona unbedingt auf die Straße begleiten.
«Was ist denn los?» sagte ich. «Was soll das?»
«Ich will dir nur auf Wiedersehen sagen, weiter nichts.» Sie lächelte mich an, diesmal wie eine nachsichtige Mutter ihr Kind.
Sie blieb in ihrem leichten Kimono am Vorgartengitter stehen, während ich mich clavontrollte. Als ich mich nach einer Weile umdrehte, sah ich sie noch immer dort stehen. Sie winkte. Ich winkte zurück.
Im Zug machte ich es mir für ein kurzes Schläfchen bequem. Wie herrlich, so den Tag zu beginnen! (Und keine Löcher mehr schaufeln zu müssen!) Erdbeeren zum Frühstück. Winke-winke, wenn ich von Hause wegging. Alles so in Butter, wie es sein sollte. So ließ ich mir's gefallen. Endlich hatte ich den richtigen Dreh gefunden ...
An Samstagen arbeiteten wir nur bis 12 Uhr. Ich erhielt meinen Lohn ausbezahlt, aß mit Tony zu Mittag und ließ mich dabei über meine neuen Pflichten belehren, dann machten wir einen Spaziergang durch den Park, und schließlich trat ich den Heimweg an. Unterwegs kaufte ich zwei Paar Strümpfe, einen Büstenhalter, einen Veilchenstrauß und einen deutschen Käsekuchen. (Der Käsekuchen war für mich bestimmt.)
Es war schon dunkel, als ich nach Hause kam. Drinnen brannte kein Licht. Komisch, dachte ich. Wollen sie mit mir Verstecken spielen? Ich ging hinein, zündete ein paar Kerzen an und sah mich schnell in der Wohnung um. Etwas stimmte nicht. Einen Augenblick dachte ich, es wären Einbrecher am Werke gewesen. Ein Blick in Stasias Zimmer erhöhte noch meine Besorgnis. Ihre Koffer waren nicht
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