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Nibelungen 08 - Der Ketzerfürst

Titel: Nibelungen 08 - Der Ketzerfürst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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nicht vor den anderen. Glaubst du, daß unsere Schlacht verloren ist? Werden wir alle unter den toten Blättern begraben sein, die der Frühlingswind als Erinn e rung an den Winter mit sich trägt?«
    Die Bardin wandte sich ab und blickte wieder zu den Bergen. »Wer weiß das schon? Gewiß ist nur, daß Ricchar morgen Ve r stärkung bekommen wird. Er wird noch vor dem Ende der W o che das Dorf erobert haben.«
    »Steht das in den Sternen geschrieben?« fragte Volker. Er war wütend, doch mehr auf sich als auf die Bardin. Warum ließ er sich von ihrer melancholischen Stimmung mitreißen?
    »Nicht in den Sternen … « Sie streckte den Arm aus. »Siehst du dort hinten den roten Schimmer auf dem verschneiten Hang. Im Schnee spiegeln sich die Lagerfeuer, die im Tal brennen. Es müssen viele Feuer sein … Und nicht wir sind es, die auf Ve r stärkung hoffen können. Bis morgen abend werden die Krieger in Ricchars Lager eintreffen.«
    Volker sah jetzt auch den Schein der Feuer. Er schluckte. Sie hatte recht. Es war vorbei. »Sollen wir es den anderen sagen?«
    Belliesa schüttelte den Kopf. »Warum? Um ihnen den Frieden dieser Nacht zu nehmen? Morgen abend werden sie sehen, wie es um uns steht. Das ist früh genug.«
    Sie hatte recht, und doch hinterließen ihre Worte einen bitt e ren Beigeschmack. »Du liebst es, die Wege der Menschen zu lenken und sie dabei noch glauben zu lassen, sie hätten selbst entschieden.«
    »Ich bin nur weniger blind als andere. Mir mußte Golo nicht erklären, welcher Art sein Interesse für den Waffenknecht war, der in den letzten Wochen stets an seiner Seite blieb.«
    »Vielleicht achte ich einfach nur auf andere Dinge. Mich ve r folgen die Gesichter der Menschen. All die Toten aus den Schlachten. Es ist etwas anderes, ein Krieger zu sein, der von seinem König in den Kampf geführt wird, als plötzlich damit leben zu müssen, daß man selbst die Entscheidungen getroffen hat. Immer wieder denke ich an das Mädchen im Schnee. Sie hatte von meinen Toten gesprochen. Erst da habe ich begriffen, daß jeder, der in diesem Winter stirbt, sein Leben läßt, weil ich zurückgekehrt bin. Und doch war auch ich nur eine Figur auf deinem Spielbrett. Wie lebst du mit all den Toten? Denkst du manchmal an sie? Oder sind sie nur der Stoff für ein trauriges Heldenlied?«
    Die Bardin senkte den Blick. »Du bist doch ein Christ, Vo l ker … Du müßtest also wissen, daß unser aller Leben vorherb e stimmt ist. Nicht einmal die Priester des toten Zimmermann s sohnes, die sich sonst immer wieder durch ihre unfaßliche I g noranz auszeichnen, haben sich dieser Einsicht verwehren kö n nen. Es ist so, daß die großen Entscheidungen in unserem L e ben vorherbestimmt sind. Nenn es meinetwegen Schicksal … Vielleicht ist auch der Funken der Göttlichkeit, der zumindest schwach in uns allen glimmt und uns mit den Unsterblichen verbindet. Du konntest diesem Krieg nicht davonlaufen, Vo l ker. Ich weiß, wie sehr du es versucht hast. Von dem Moment an, in dem du den Gau des Kriegsherrn Ricchar betreten hast, war es dir bestimmt, seinen Untergang herbeizuführen. Damals gab es freilich noch viele Wege, die zu diesem Ziel führten. Es sind mit jedem Schritt, den du getan hast, weniger geworden. Hättest du weniger lange gezögert … « Sie zuckte die Achseln. »Vielleicht war auch das Schicksal.«
    Volker lachte zynisch. »Ich werde seinen Untergang herbe i führen? Unsinn! Dort draußen lagert er mit einer ganzen A r mee. Und morgen wird er noch Verstärkung bekommen. Gegen jeden Krieger unter meinem Kommando kann er zehn erfahr e ne Soldaten stellen. Ich glaube, du verwechselst da etwas. Nicht sein Untergang ist vorherbestimmt, Belliesa. Wir sind es, die sterben werden.«
    »Du hast recht. Auch dein Tod ist schon jetzt vorherbestimmt. Du wirst in einem fernen Land an der Seite deines Königs dein Ende finden, Spielmann. Doch bis dahin liegt noch ein langer Weg vor dir.« Die Stimme der Bardin war plötzlich dunkler geworden. Sie klang fast wie ein Echo aus weiter Ferne. Fu n kelnd spiegelte sich das Sternenlicht in ihren Augen. Der Bu r gunde machte entsetzt einen Schritt zurück. Sie war mehr als nur eine Sängerin. Er dachte an die Anklage als Zauberin, die der Statthalter von Icorigium gegen sie erhoben hatte. »Ricchar wird durch den Mord, den er am Tag der Wintersonnenwende begehen wird, zu Fall gebracht werden.«
    »Woher weißt du das alles?«
    Plötzlich wirkte die Bardin unendlich traurig. »Das war die

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