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Niccolòs Aufstieg

Titel: Niccolòs Aufstieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy Dunnett
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ballte die Fäuste. Mit langsamen, flachen Atemzügen sog er die dünne alkoholgeschwängerte Luft ein und wollte wieder lachen, verkniff es sich aber. Wenn es ein Faß war, mußte irgendwo ein Spundloch sein.
    Such es. Mit klammen Fingern strich er über die rauhen gekrümmten Wände. Kein Spundloch. Beweg dich. Das war schwieriger. Das hieß, sich drehen, einnicken, erwachen, sich von neuem drehen. Wenn er einnickte, taten ihm Kopf und Brust nicht mehr weh. Warum hatte er sich eigentlich gedreht?
    Es fiel ihm nicht mehr ein. Die Schmerzen ließen nach. Er lag da, keuchte ab und an und drückte eine Hand gegen die Brust. Mit dem Handrücken streifte er etwas. Leere. Ein Loch.
    Das Spundloch. Danach suchte er doch.
    Schwerfällig hob er die Hand und schob sie in das Loch. Durch das Loch hindurch. Hinaus aus dem Faß, wo sie wieder gegen Holz stieß. Kein Spundloch. Die Wand eines anderen - zweier anderer Fässer.
    Er befand sich in einem Faß mit einem offenen Loch in der Seite. Aber das Faß stand zwischen anderen Fässern, die das Loch versperrten. Er konnt nicht ausbrechen. Wenn er Luft zum Atmen haben wollte, mußte er das Faß drehen. Aber selbst wenn das gelang, würden vielleicht andere Fässer über ihm das Loch versperren. Und bei der Anstrengung, es zu drehen, würde er womöglich alle Luft verbrauchen, die noch da war. Wenn er ohnmächtig wurde, war er verloren.
    Na gut. Wenn schon Luft verbrauchen, warum nicht mit Rufen? Aber wie weit würde ein Ruf von einem Berg Fässer aus tragen? Lagen die Fässer überhaupt in Brügge? In der Nähe von Menschen? Wenn er mit demselben Krafteinsatz versuchte, die Lage des Fasses zu verändern, würde er dabei nicht genauso starken Lärm erzeugen?
    Nachdenken war das nicht, eher so etwas wie ein langer, zusammenhangloser Traum. Als er soweit war, pumpte er sich mit all der Luft voll, die in seinem Gefängnis noch vorhanden war, gab sich innerlich einen Ruck und warf in einer seitlich abwärts gerichteten Bewegung seinen ganzen Körper mit aller Kraft gegen die Wand des Fasses.
    Holz krachte donnernd auf Holz. In seinem Gefängnis klang es wie das Echo eines Schusses aus Cambiers Kanone. Es schlug ihm die Zähne aufeinander beim Zusammenprall, und noch einmal, als ein zweiter krachender Aufprall folgte. Sein Faß war mit dem nächsten zusammengestoßen und dann von einem dritten gerammt worden.
    Ein neuerlicher Zusammenstoß folgte, bei dem er herumgeworfen wurde wie ein Küken im Ei. Seine Knie und Schultern knallten gegen die Eichendauben, und plötzlich traf die ganze Wucht des Aufschlags seine verletzte Wange. Noch während er keuchend um Atem rang, erkannte er, was das hieß. Das Faß hatte sich ein Stück gedreht.
    Was dann geschah, konnte er nicht deuten. Das Faß wurde von heftigen Stößen erschüttert wie ein Baum von Axtschlägen. Sein von Schmerz und Luftmangel betäubtes Gehirn gab ihm keine Auskünfte mehr. Die rhythmisch aufeinanderfolgenden Stöße wurden immer schwerfälliger und träger, ihr Tempo langsamer. Die Kante eines anderen Fasses hatte die Wand des seinen durchschlagen und drückte nun gegen seine Schulter.
    Sein neuer blauer Rock. Man müßte ihn flicken lassen. Er wäre immer noch gut genug für jemand anderen. Oder für Felix’ Hundekorb. Er nickte ein. Arme Tilde. Er wachte wieder auf.
    Er keuchte nicht mehr. Der Kopf tat ihm weh und die Schulter auch. Eigentlich der ganze Körper. Aber er keuchte nicht mehr, denn durch den Riß im Faß drang Luft. Und Licht. Licht und Luft spielten auf seinem Bauch, über dem jetzt (dank seiner unglaublich geschickten Aktion, wie er sich sagte) das Spundloch freilag.
    Es hatte geklappt. Er konnte atmen. Ganz gleich, auf welchem Stapelplatz sein Faß lag, es war nicht mehr dicht. Er konnte aus ihm hinausrufen; Kraft sammeln, um sich zu befreien; blindlings damit in die Freiheit rollen, wenn es nicht anders ging. Er brauchte nur Atem zu schöpfen, sich ein wenig zu drehen und das Auge ans Spundloch zu bringen, um festzustellen, wo er sich befand, und dann seine Rettung zu bewerkstelligen.
    Die hämmernden Kopfschmerzen nahm er kaum noch wahr. Nur eine Frage hatte er an seinen Schutzengel. St. Nicholas. St. Claikine. Lach nicht. Es liegt an den Weindünsten. Lach nicht,’ sag es mir einfach. Warum ist das Licht, das durch das Spundloch scheint, rot?
    Füße hoch, Schulter runter, Kopf runter. Auge ans Loch. Antwort: Es ist rot, weil da draußen etwas brennt.
    Ein Brand im Lager einer Böttcherei oder

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