Niccolòs Aufstieg
den Blick auf ihn gerichtet, als er Loschaert antwortete. »Nun, wenn Ihr Zweifel am Verwendungszweck des Geldes habt, das von Nicholai de’ Acciajuoli gesammelt wurde, solltet Ihr sie klar zum Ausdruck bringen. Der Betrag wurde mir zur Beförderung nach Brügge anvertraut, und ich habe ihn Messer Tommaso hier zu treuen Händen übergeben. Von Brügge aus wird er meines Wissens an die Niederlassung des Bankhauses Medici in Mailand weitergeleitet und von dort aus nach Venedig. Sobald die notwendigen Verhandlungen mit den Türken abgeschlossen sind, wird er in angemessener Art und Weise nach Konstantinopel gebracht und Messer Nicholais Bruder ausgelöst werden. Ist das nicht richtig so, Mijnheer Tommaso?«
»So ist es, Euer Gnaden«, antwortete Portinari. Zum Wams mit Keulenärmeln trug er einen flachen Kastorhut und an den feingliedrigen weißen Fingern zahlreiche Ringe. Keine kostbaren Ringe, er war ja nur Stellvertreter. Tommaso Portinari hatte als Zwölfjähriger bei der Bank angefangen. Katelina und die anderen kannten ihn praktisch ihr ganzes Leben. Daher sein Drang zu beeindrucken. »Wie Ihr wißt, Euer Gnaden, bemüht sich die Bank sehr engagiert um den Freikauf von Christen. Unsere Niederlassung in Rom tut kaum noch etwas anderes.« Er sprach das Flämisch des Italieners, jedoch mit dem Anklang noch anderer Akzente, darunter eines englischen. Erst heute morgen, fiel Katelina plötzlich ein, hatte sie gehört, wie jemand ihn nachahmte. Sie runzelte die Stirn bei der Erinnerung.
Tommaso, der die Gelegenheit nicht ungenutzt verstreichen lassen wollte, fuhr schon zu sprechen fort. »Mijnheer Losschaert ist vielleicht nicht klar, welches Vertrauen unser Unternehmen bei der Kurie genießt. Hinsichtlich der Übermittlung von Geldern, meine ich selbstverständlich. Seine Gnaden, der Bischof, übergibt uns die Gebühren, die mit neuen Amtsberufungen anfallen, und wir leiten sie nach Rom weiter. Aber wir sind natürlich auch anderweitig als Vermittler tätig. Gerade jetzt sind drei Garnituren Wandteppiche auf dem Landweg zu einem der Kardinäle unterwegs.«
»Ihr traut den Alpenpässen im Winter?« rief Doria. »Bei Geldsendungen?«
»Heutzutage senden wir Kreditbriefe«, erklärte Portinari. In seiner Haltung paarten sich Selbstsicherheit und Ehrerbietung. »Aber ja, unter angemessener Bewachung würden wir notfalls auch Silber auf diesem Weg befördern. Ihr geht doch selbst den gleichen Weg, wenn die Flandern-Galeeren mit Gütern eintreffen, die sich nicht bis zum Frühjahr halten. Sie sind übrigens spät dran in diesem Jahr, Euer Gnaden.«
»Aber sie sind schon nahe«, warf Messer Vasquez ein, der Sekretär der Herzogin von Burgund. Er ließ die Blume sinken, an deren Duft er sich soeben erfreut hatte, und bückte sich, um sie Simons gehorsam sitzendem Hund unter das Halsband zu schieben. Das Tier klopfte zur Ermunterung mit dem Schwanz auf den Boden und wackelte enthusiastisch mit dem Hinterteil.
Messer Vasquez richtete sich auf. »Wir werden nicht mehr lange warten müssen, denke ich. Wie ich hörte, gab es in diesem Jahr bei der Auktion Verzögerungen, und die Schiffe sind mit Verspätung aus Venedig ausgelaufen. Mir wurde berichtet, daß die Seide von guter Qualität ist und sie außergewöhnliche Gewürze mitbringen. Der Herzog ist unterrichtet.«
Tommaso drehte rasch den Kopf und wandte Katelina das Profil mit den hohen Wangenknochen, der langen Nase und dem unter den Haarfransen glänzenden Auge zu. »Habt Ihr gehört, wer der Befehlshaber ist, Monseigneur?«
Messer Vasquez hatte nichts dagegen, Auskunft zu geben. »Einer von den Duodos, wie ich hörte. Wahrscheinlich Messer Alvise, der früher regelmäßig die Route Venedig-Trapezunt gesegelt ist. Wenn das zutrifft, kann Brügge sich auf gute Unterhaltung freuen. Als die Türken damals Konstantinopel angegriffen haben, hat Duodo die Hafensperre durchbrochen und die meisten der eingeschlossenen Schiffe in die Freiheit geführt. Eine wohlhabende Familie, die Duodos, der es auch nicht an Stil mangelt.«
Er sah Katelina lächelnd an. »Jetzt ist hier die geschäftigste Zeit, Demoiselle Katelina; wenn alle Keller leer sind und die ganze Stadt auf die zwei Schiffe mit der kostbaren Fracht wartet. Als kleines Mädchen habt Ihr Euch gewiß die Ankunft der Flandern-Galeeren angesehen?«
Sie schwieg. Zur Fastenzeit der Überschwang des Karnevals. Zum Spätsommer die Herrlichkeit der mächtigen Galeeren, die beladen mit Schätzen aus Venedig kamen. Die
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