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Niccolòs Aufstieg

Titel: Niccolòs Aufstieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy Dunnett
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hast den Ruf, leichtsinnig zu sein. Nicht nur so wie John und Sersanders und wir anderen. Wir befürchteten, du könntest vergessen, daß das Vorhaben geheim ist, und darüber reden. Aber du bist Kaufmann, und es ist dein Unternehmen, und da du schon hier bist, kannst du auch in Mailand dabeisein, wenn es abgeschlossen wird. Erinnerst du dich an den Griechen mit dem Holzbein?«
    Der Wein aus Kreta war sehr gut. Nicholas hatte den Becher wieder gefüllt, und Felix leerte ihn. Sein Kopfschmerz ließ nach, und sein Magen fühlte sich warm an. Erinnerst du dich …? Auf diese Weise hatte Nicholas oft begonnen, ihnen eine ihrer Heldentaten wieder ins Gedächtnis zu rufen. Mit einem Schulterzucken hatte er den ernsten, bärtigen Griechen und sein Hinken und die ganze lustige Geschichte heraufbeschworen. Die Kanone im Wasser und die Kaninchenjagd. Die Nacht im Steen. Und den Abend, als die Wasserrohre platzten.
    Felix richtete sich auf, Kissen im Rücken, Becher in der Hand und wiederholte: »Ein Alaun-Monopol?«
    »Ja.« Nicholas hatte sich wieder auf den Stuhl gesetzt, die Flasche mit beiden Händen umfaßt. Er schien sie zu mustern. Ohne jede Vorwarnung tauchten plötzlich die albernen Grübchen auf seinen Wangen auf und verschwanden wieder.
    »Was ist?« fragte Felix.
    Nicholas schaute auf, »Nichts.«
    Felix wartete verärgert »Das heißt, ich habe nachgedacht. Ich wünschte, du würdest hier sitzen, und ich wäre Felix de Charetty.«
    »Der eine Mutter hat«, sagte Felix mit wachsendem Ärger. Warum erzählte er ihm jetzt, er wäre gern Felix de Charetty? Das wünschten sich die meisten Leute. Jedenfalls war es ihm gelungen, den Mistkerl daran zu erinnern, wer hier wer war.
    »Das war dumm von mir. Tut mir leid«, sagte Nicholas mit gesenkten Augen. »Was den Alaun betrifft, den hast du gesehen. Fässer voll weißem Pulver in der Färberei. Alle brauchen es, um Farben auf Stoff zu fixieren. Es macht Felle geschmeidig und Pergament haltbarer. Glas wird dadurch besser und Papier.«
    »Das weiß ich alles«, sagte Felix.
    »Das wußte ich nicht. Dann weißt du sicher auch, woher er kommt. Der schlechtere Alaun aus Afrika, Spanien, aus vulkanischen Gegenden entlang der italienischen Westküste, von Inseln wie Lipari und Ischia. Der beste Alaun stammt von den byzantinischen und türkischen Küsten des Mittelmeers. Und Hunderte von Jahren verfügten ganz allein die Genueser darüber. Das weißt du natürlich auch. Jahrelang kam er auf genuesischen Schiffen nach Brügge und wurde von den Adornes und Dorias verkauft, die mit den Adornes und Dorias in Genua verwandt sind. Daher die Verbindung zwischen Anselm Adorne und Schottland. Antoniotto Adorne, ein Doge von Genua, hat im vorigen Jahrhundert Schottland besucht, um Geld einzutreiben, das ihm für Alaun geschuldet wurde.«
    »Versuchst du deshalb, Schotten zu ermorden? Wegen eines Alaun-Monopols?« fragte Felix. Ein Kaufmann würde nie erkennen lassen, daß ihn eine solche Einleitung interessierte. Einem entführten Kaufmann mochte es verziehen werden, wenn sein Herz vor Aufregung klopfte.
    »Wenn ich fertig bin«, antwortete Nicholas, »mußt du dir selbst darüber klarwerden. Aber hör mir zu. Zuerst einmal mußt du mehr über Alaun erfahren. Zum Beispiel, daß er um so besser und teurer ist, je reiner er ist. Und die beste Qualität kommt, wie erwähnt, aus der Gegend des östlichen Mittelmeers. Alaun aus den Minen rund um das Schwarze Meer wurde von genuesischen Handelsgesellschaften verkauft, die sich unter den byzantinischen Kaisern in Kaffa und Trapezunt niedergelassen hatten.
    Den besten Alaun überhaupt gibt es südlich von Konstantinopel, an einem Ort namens Phokäa am Golf von Smyrna. Vor fast zweihundert Jahren wurde er von den genuesischen Brüdern Zaccaria abgebaut, die Handelsbeauftragte ihrer Heimatstadt in Konstantinopel gewesen sind. Sie konnten ihre Vormachtstellung jedoch nicht halten, und die byzantinischen Griechen stürzten sich auf Phokäa und Chios, die benachbarte Insel, was den genuesischen Kaufleuten gar nicht paßte.
    Deshalb traf dort vor mehr als hundert Jahren eine genuesische Kriegsflotte ein, eroberte Phokäa und Chios zurück und gründete auf Chios eine Art Handelsgesellschaft, die von den Familien und später von den Erben der Kaufleute, die die Flotte bezahlt hatten, betrieben wurde. Zu ihnen gehörten die Adornes aus Genua.«
    »Danke für die Belehrung«, sagte Felix. »Aber all das war vor unendlich langer Zeit, und außerdem

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