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Niccolòs Aufstieg

Titel: Niccolòs Aufstieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy Dunnett
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Gespräch zugelassen hat, ohne sich zu erkennen zu geben.«
    »Wie kann er sein Vater sein?« fragte Katelina, die die ganze Zeit an nichts anderes gedacht hatte.
    »Ich hatte mich erkundigt«, antwortete Florens. »Ich fühle mich genauso getäuscht. Die Auskünfte besagten klar und deutlich, daß Simon von Kilmirren, der Neffe und Erbe von Alan, Lord von Kilmirren, sei und sein Vater, Alans jüngerer Bruder, seit langem in Frankreich ansässig, entweder tot oder völlig unfähig sei.«
    Katelina fröstelte. »Unfähig, dies Wort hätte ich nicht gewählt.«
    »Ich wüßte auch ein besseres«, sagte ihr Vater ärgerlich. »Da drüben sitzt ein Mann, Andro Wodman, ein Schotte, der in Frankreich lebt. Er gehört zu Jordan de Ribéracs Entourage und hat mir erzählt, daß Ribérac als junger Mann kein Stück Grundbesitz hatte und nur ein geringes Vermögen. Er ist dann nach Frankreich gegangen, hat dort für den König gekämpft, sich einen bevorzugten Posten in der schottischen Garde erobert und schließlich von seinem dankbaren Monarchen das Gut Ribérac zum Geschenk erhalten. Das neugewonnene Vermögen legte er in Schiffahrt, Handel und ähnlichen Geschäften an, und heute ist er ein wohlhabender Mann. König Karl verläßt sich auf seinen Rat. Wenn die Flandern-Galeeren aus Venedig einlaufen oder die florentinischen Schiffe oder die Karacken aus Zypern, sendet der Vicomte meist seinen Verwalter nach Flandern. Er selbst kommt nur selten. Er und sein Sohn, sagt Wodman, haben sich seit Jahren nicht gesehen, aber de Ribérac läßt sich über alles, was Simon angeht, auf dem laufenden halten. Sein guter Name ist ihm wichtig.«
    »Und Simon haßt ihn«, stellte Katelina fest.
    »Er täte gut daran, das nicht zu zeigen«, sagte ihr Vater trocken. »Soweit ich sehe, hat er in seinem Vater einen mächtigen Verbündeten, der bedingungslos zu ihm hält. Er wird ihn vielleicht eines Tages brauchen. Ich hatte den Eindruck, daß auch du seine Gunst gewonnen hattest.«
    »Bis ich sie mir wieder verscherzt habe«, versetzte Katelina. »Bist du so froh darüber wie ich? Oder hättest du Jordan de Ribérac gern in den Kreis unserer Familie aufgenommen?«
    Bei Florens siegte, wie das bisweilen vorkam, die Aufrichtigkeit über die Berechnung. »Nein«, antwortete er. »Nein. Ich kann mir wirklich nicht vorstellen, diesen Mann jemals unter meinem Dach willkommen zu heißen. Ich denke, da spreche ich auch für deine Mutter. Irgend etwas geht da nicht mit rechten Dingen zu.«
    »Dann -«, begann Katelina und mußte nicht weitersprechen.
    »Dann brauchst du nicht zu fürchten, daß ich dich zwingen werde.« Florens legte seine Hand über die ihre. »Wir haben Zeit. Wir werden schon noch einen guten Ehemann für dich finden, einen, der besser zu dir paßt.«
    Später folgte der Ausflug nach Sluis. Auf geschmückten Booten fuhren sie im flackernden Schein von Fackeln den Fluß hinunter und durch das Dammer Tor auf den Kanal hinaus zu den beiden Flandern-Schiffen, die von Lichtern bekränzt im Hafen lagen.
    Mit dem Weinbecher in der Hand wanderten die geladenen Gäste auf dem mit einem Baldachin überspannten Deck des Flaggschiffs umher und bewunderten von der Reling aus die Seeleute, die hoch oben in der Takelage des Schwesterschiffs ihre Kunststücke machten; die purzelbaumschlagenden Akrobaten; und die Seiltänzer, die von Mast zu Mast und vom Mast zum Kai balancierten. Auf den Mauern und Molen von Sluis drängten sich all jene, die keine Einladung erhalten hatten, aber Jahr für Jahr in Scharen kamen, um das verschwenderische Schauspiel zu sehen, das ihnen großzügig und gastfreundlich von der großartigen Republik Venedig geboten wurde.
    Nur Katelina fuhr nicht mit hinaus. Sie schützte Unwohlsein vor, und ihr Vater, der sie verstand, machte ihr keinen Vorwurf, sondern ließ sie von zwei Söldnern und ihrem eigenen Dienstmädchen nach Hause bringen. Er erfuhr daher nichts davon, daß sie es sich anders überlegte und sich nicht nach Hause, sondern zur Färberei Marian de Charettys bringen ließ.
    Die eiserne Laterne über dem Hoftor brannte, doch auf Katelinas Klopfen rührte sich zunächst nichts. Sie wollte schon wieder gehen, als auf der anderen Seite des Tors sich leise jemand näherte und neben dem Klirren sich öffnender Riegel eine Frauenstimme im Ton höflicher Entschuldigung zu vernehmen war.
    Als das Tor geöffnet war, stand mit der Lampe in der Hand Marian de Charetty selbst da, klein und adrett und, nach der ersten

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