Niceville
zusetzte.
Was, wie sie wusste, nie der Fall sein würde.
Sein Wagen stand auf dem Parkplatz.
Er hatte ihn nicht erreicht.
Er galt offiziell als vermisst.
Aber Nick kümmerte sich darum, und dieser Detective in Virginia,
dieser Linus Calder, schien zu wissen, was er tat. Reed hatte sie angerufen und
ihr gesagt, er sei jetzt ebenfalls am VMI und arbeite an dem Fall. Dann hatte sie ihre Schwester Beth angerufen und
festgestellt, dass die wieder mal Streit mit ihrem Mann hatte.
Sie erzählte Beth, was geschehen war, hatte aber das Gefühl, dass
ihre Schwester nicht sehr genau zuhörte, was nur verständlich war. Kate bemühte
sich, den Eindruck zu erwecken, als hätte ihr Vater nur einen Ausflug
unternommen, ohne jemandem Bescheid zu sagen.
Und dann hatte Deitz wieder angefangen, Beth anzubrüllen. Irgendwas
war mit der Klimaanlage, und warum sie, verdammt noch mal, ausgerechnet jetzt
telefonieren müsse. Im Hintergrund weinten die Kinder. Kate legte auf und
dachte, dass es im Augenblick wirklich nichts mehr gab, was sie tun konnte.
Außer einem vielleicht.
Das Letzte, was ihr Vater zu ihr gesagt hatte.
Seine Unterlagen, im Keller.
Sie war jetzt wieder hellwach, stand vom Sofa auf, schenkte sich
einen großen Becher Kaffee ein und ging in die Küche und von dort in den
Keller.
Unter dem Sternenhimmel im Garten, an dessen hinterem Ende
die Bäume vom gelblichen Licht der Gartenbeleuchtung angestrahlt wurden, hörte
Nick seinem Kollegen Linus Calder geduldig zu. Calder war ebenso müde wie Nick,
befand sich aber noch immer am Tatort und rekapitulierte zum wiederholten Mal
den Stand der Ermittlungen.
»Da, wo der Boden versengt ist, haben wir kein organisches Material
gefunden. Ich meine, wenn es sich um … so was wie … spontane Selbstentzündung
handeln sollte, würde man organisches Material finden. Nicht dass ich an
spontane Selbstentzündung glaube, aber … verdammt, was sonst könnte es sein?
Und wenn Sie jetzt ›Entführung durch Außerirdische‹ sagen, Nick, dann gehe ich
hin und erschieße meinen Hund, das schwöre ich. Dabei habe ich gar keinen Hund.
Aber ich gehe sofort los und kaufe einen und erschieße ihn.«
»Ich sage nicht ›Entführung durch Außerirdische‹, okay?«
»Haben Sie schon einen Bericht von der Spurensicherung?«
»Die haben sich den Tatort angesehen, aber einen Bericht hab ich
noch nicht.«
»Wollen Sie herkommen und sich die Sache genauer ansehen? Ich meine,
Ihr draufgängerischer Schwager ist ja auch schon da und –«
»Was macht Reed?«
»Vor allem hat er mich wahnsinnig gemacht. Bis ich ihn dann ein paar
Leuten von der Virginia State Patrol vorgestellt habe. Anscheinend haben sie
gemeinsame Bekannte. Verstehen Sie mich nicht falsch: Er ist ein netter Junge,
aber ein bisschen unheimlich, ein bisschen abgedreht, erinnert mich an diese
halb durchgeknallten Typen, die wir damals in Vietnam hatten. Jedenfalls, er
befragt jetzt zusammen mit denen von der Virginia State Patrol die Leute hier
im VMI ,
ob irgendjemand etwas bemerkt hat –«
»Um diese Uhrzeit?«
»Wir sind hier beim Militär. Denen macht das nichts aus. Aber das
ist was für die Kollegen in Uniform – da haben sie was zu tun, anstatt
herumzusitzen und Donuts zu essen. Ich brauche hier einen echten Detective,
nicht noch einen Torero mit zu viel Testosteron.«
»Ich verstehe. Morgen früh komme ich mit dem Hubschrauber.«
»Und wir kriegen dann alles, was ihr habt? Ich meine, dieser Prof
war ein allseits beliebter Typ. Und das hier ist das Virginia Military
Institute. Hier mag man keine unerklärlichen Ereignisse.«
Eine Pause, gefolgt von einem tiefen Seufzer.
»Jetzt mal im Ernst, Kavanaugh: Was sollen wir von der ganzen Sache
halten? Ich bin seit ewig bei der Polizei, aber so was hab ich noch nie
gesehen. Außer vielleicht in einem Horrorfilm. Haben Sie irgendeine Idee?«
Nick dachte kurz nach, dann sagte er Calder, was er davon hielt.
Calder hörte es sich bis zum Ende an und sagte: »Wie ich es mir gedacht habe:
Sie sind tatsächlich ein scheiß Verrückter.«
»Ich habe Sie gewarnt. Wie lautet denn Ihre Theorie?«
»Okay. Theorie Nummer eins: Diese Delia Cotton hat jede Menge Geld,
richtig?«
»Die Cottons sind die wahrscheinlich reichste Familie in Niceville.
Vielleicht sogar im ganzen Staat.«
»Na bitte. Aber dieser Haggard ist ein armer alter Gärtner und
außerdem ein guter Freund von unserem Dillon Walker hier – sie waren zusammen
in der Normandie und haben Heldentaten vollbracht
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