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Niceville

Niceville

Titel: Niceville Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carsten Stroud
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Praxiscomputer auslieh und auf Donnys
»Schnappschüsse« stieß.
    Das ansehnliche Sümmchen, das Twyla Littlebasket nach kurzen,
heftigen Verhandlungen erhielt, sollte dafür sorgen, dass sie umgehend blind
und taub wurde. Wie sich erwies, war dies jedoch nur eine kurzfristige Lösung.
Nachdem sie Donnys großzügigen Scheck eingelöst und die Hälfte des Geldes für
eine Europareise erster Klasse und einen knallroten BMW ausgegeben hatte, kam Twyla zu dem Schluss, es sei ihre feministische Pflicht,
die ganze unappetitliche Angelegenheit ihrem Vater Morgan Littlebasket zu
melden. Er war das Oberhaupt des Clans, ein hochangesehener Bürger Nicevilles,
ein Mann von unerschütterlicher Integrität. Ihr Daddy würde wissen, was man in
Hinblick auf Donny Falcone unternehmen musste.
    Andererseits war ihr Daddy nicht nur ein freundlicher alter Mann,
sondern auch von puritanischer Strenge, vor allem in Dingen, die mit Sexualität
zu tun hatten. Sein Verhalten gegenüber Twyla und ihrer älteren Schwester
Bluebell war während ihrer Teenagerzeit immer distanzierter geworden und hatte,
als sie sich zu hübschen jungen Frauen entwickelten, etwas geradezu grimmig
Missbilligendes bekommen.
    Dass sie sich und den ganzen Clan beschmutzt hatte, indem sie sich
von einem kriminellen italienischen Zahnarzt hatte bestechen lassen, wäre in
seinen Augen ein moralischer Makel, den er zwar irgendwann vergeben, aber
niemals vergessen würde.
    Und so wurde Twyla in ihrem Entschluss schwankend und ging zu dem
einzigen anderen starken, unabhängigen Mann, den sie kannte: ihrem
Teilzeit-Liebhaber Coker.
    Dieser beschloss, den Fall in erster und letzter Instanz vor seinem
höchstpersönlichen Gerichtshof zu verhandeln, wo Donny Falcone erwartungsgemäß
für verdammt schuldig befunden und zu einer fetten monatlichen Geldstrafe
verurteilt wurde, zahlbar auf ein Konto, das Coker in einem weit, weit
entfernten Land eingerichtet hatte. Coker fand es nur gerecht, die Einnahmen
mit Twyla Littlebasket zu teilen. Einen perversen sizilianischen Zahnarzt in der
Hand zu haben, mochte auf den ersten Blick nicht sonderlich erstrebenswert
sein, hatte Charlie Danziger aber immerhin gerade das Leben gerettet.
    Coker drückte seine Zigarette in dem Porzellanspucknapf neben dem
Behandlungsstuhl aus, beugte sich hinunter und blies Danziger eine Mischung aus
Rauch und minzfrischem Atem ins Gesicht.
    »Wie ich feststellen musste, befinden sich die Einnahmen nicht in
deinem Wagen, Charlie. Hättest du die Güte, mich über diese leidige Faktualität
aufzuklären?«
    »Das Wort ›Faktualität‹ gibt’s überhaupt nicht, du Idiot. Und ja,
die Einnahmen befinden sich nicht im Wagen, und du weißt auch genau, warum. Du
an meiner Stelle hättest es ganz genauso gemacht.«
    Coker richtete sich auf, zündete sich die nächste Camel an und bot
Danziger ebenfalls eine an. Er gab ihm Feuer mit einem goldenen Zippo, auf dem
das abgewetzte Emblem des United States Marine Corps prangte.
    Danziger inhalierte, verzog schmerzhaft das Gesicht und betrachtete
den vernähten Einschnitt in seiner Brust mit stummer Zufriedenheit. Dann
musterte er Coker, dessen zerfurchtes, verkniffenes, von Rauch umwabertes
Gesicht wie das von Clint Eastwoods hässlichem älterem Bruder aussah.
    Coker stieß den Rauch durch die Nase aus – zwei Fahnen, die in die
nach unten gerichteten Strahlen der Halogenlampe trieben.
    »Ja«, sagte er und grinste wölfisch. »Hätte ich wohl. Aber ich muss
auch sagen, dass ich ein bisschen sauer auf dich bin, weil du Merle nicht
erledigt hast.«
    Danziger verzog bei dem Gedanken an Merle das Gesicht und schüttelte
traurig den Kopf.
    »Er ist ein flinkes kleines Arschloch, das muss man ihm lassen. Er
ist im Unterholz verschwunden wie ein scheiß Kobold. Weg war er. Irgendwelche
Ideen?«
    Coker seufzte, sah auf seine Zigarette, wirbelte sie wie einen
winzigen Tambourstab zwischen Daumen und Zeigefinger – ein Trick, den er gern
vorführte – und steckte sie wieder zwischen die Lippen.
    »Entweder liegt er tot im Wald herum oder er hat sich verarzten
lassen, versteckt sich jetzt im hohen Gras und wartet auf eine Gelegenheit, um
mit uns abzurechnen. Wir können uns nicht leisten zu hoffen, dass er tot ist.
Die Jungs, die hingefahren sind, als die Scheune gebrannt hat, haben gesagt,
dass sie am Waldrand einige Blutspuren gefunden haben, aber die Hunde haben die
Spur nach ein paar Metern verloren. Ich glaube, er ist noch irgendwo da
draußen.«
    »Du bist der

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