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Nicholas Dane (German Edition)

Nicholas Dane (German Edition)

Titel: Nicholas Dane (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melvin Burgess
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Kanten hatten gerade zu sein – die schmuddeligen Betttücher mussten wie Papier gefaltet und ordentlich umgeschlagen werden. Andrews kümmerte sich um das Bett, befahl einem Jungen, Nicks Schlafanzug zusammenzulegen, und schickte Nick ins Bad. Nick kam sich vor wie ein Volltrottel und fragte sich, was die Eile sollte.
    Nick hatte sich zu viel Zeit gelassen. Kaum war er zurück im Schlafraum, da stand schon Toms an der Tür und stieß wieder seinen ohrenbetäubenden Pfiff aus. Die Jungen ließen alles stehen und liegen und stürzten zum Snookertisch. Dort stellten sie sich in Zweierreihen auf, drei auf jeder Seite, den Rücken zum Tisch, die ordentlich gefalteten Schlafanzüge auf den ausgestreckten Händen. Andrews schob Nick auf seinen Platz und half ihm, Hose und Jacke übereinanderzulegen. Nick zuckte, sein Schlafanzug geriet ins Rutschen, er fing ihn auf und faltete ihn schnell noch einmal, so gut er konnte. Er sah noch, wie Andrews entsetzt auf Nicks schlampigen Stapel blickte, dann pfiff Toms schon wieder und alle erstarrten.
    Nick hatte ein bisschen Angst, war aber eigentlich eher verwirrt. Er hatte keine Vorstellung davon, wie schlecht er seinen Schlafanzug zusammengelegt hatte, wie fürchterlich sein Bett aussah und was das für Konsequenzen haben würde.
    Toms ging zum Snookertisch, nahm einen der Queues vom Ständer und überprüfte die Betten. An Nicks Bett blieb er kurz stehen, dann schritt er wie ein General, der seine Truppen inspiziert, die Reihe der Jungen ab.
    Diesen Teil des Morgens hasste Toms. Denn für ihn hing die Stimmung des ganzen Tages davon ab, ob er alles sauber und ordentlich und korrekt vorfand. Schon dieses eine Bett, das ein Schwachkopf gemacht hatte, verdarb ihm die Laune. Und als er dann zu dem Schuldigen kam, dem Neuen, zeigte dieser Junge doch tatsächlich so etwas wie ein Lächeln – als gäbe es dafür auch nur den geringsten Anlass. Nicht zu fassen. Sein Schlafanzug sah aus, als hätte ihn ein Affe zusammengelegt.
    Andrews machte den Mund auf und wollte etwas sagen.
    »Halt die Klappe!«, bellte Toms. Er hob die Hand und beschrieb mit dem Zeigefinger einen Kreis. Gehorsam machte Andrews einen Schritt vorwärts und streckte die Arme vor. Toms stellte sich seitlich neben ihn, tippte mit der Spitze des Queues auf den Boden, hielt einen Moment inne, um sein Ziel zu erfassen, dann schwang er den Queue in einem wütenden Bogen durch die Luft. Das Holz knallte mit voller Wucht auf Andrews Handgelenke, sein Schlafanzug flog durch die Gegend. Mit einem schrillen Schrei sackte der Aufsichtsschüler zusammen und steckte die Hände unter die Achseln.
    Niemand bewegte auch nur einen Muskel.
    »Das habe ich nicht …«, fing Nick an.
    »Halt die Klappe, Neuer«, sagte Toms.
    Andrews sammelte seine Sachen zusammen. Als er sich wieder in die Reihe stellte, warf er Nick einen giftigen Blick zu.
    Toms verließ den Raum. Nick brauchte er nicht zu bestrafen, er wusste, dass das für ihn erledigt werden würde. Die Jungen drängten sich um Nick, und er wich rückwärts zu seinem Bett – ihm war klar, was jetzt kam. Wenn schon die Erzieher so auftraten, was konnte man da von den Jungen erwarten?
    Andrews stürzte sich sofort auf ihn und schlug zu. Nick ließ sich nicht lumpen und schlug zurück, obwohl er einen Kopf kleiner war. So war Nick nun einmal – er ging keiner Schlägerei aus dem Weg. Zudem hatte er eine geheime Waffe. Er war furchtlos. Seine Devise war: Immer das größte Arschloch zuerst angreifen, ohne Rücksicht auf Verluste. Das bedeutete zwar, dass Nick gelegentlich was einstecken musste, aber auch, dass sich niemand leichtfertig auf einen Kampf mit ihm einließ.
    Andrews wusste das nicht. Nick knallte ihm eine und trat dann zurück. Neun von zehn Raufbolden hören auf, wenn sie merken, dass sich der Gegner wehrt, aber Andrews war kein Raufbold – er war ein Schläger. Er packte Nick am Hemd, knallte ihm die Faust an den Kopf und stieß ihn zu Boden. Dann wollte er zutreten, aber Nick war wie aus Gummi – er sprang sofort wieder auf die Füße.
    Nick sah nur noch rot. Das passierte ihm manchmal. Er stieß einen Schrei aus und stürzte sich wie ein Wahnsinniger auf Andrews. Andrews war so überrascht von diesem Wutanfall, dass er nach hinten umkippte.
    Nick fiel sofort über ihn her, packte Andrews mit beiden Händen an den Haaren und donnerte seinen Kopf auf den Boden. Als Andrews Nicks Hände von seinem Kopf wegstieß, klatschte und trommelte ihm Nick ins Gesicht.

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