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Nicholas Dane (German Edition)

Nicholas Dane (German Edition)

Titel: Nicholas Dane (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melvin Burgess
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forderte Nick. Andrews lächelte ein wenig und schüttelte den Kopf. Nick schaute sehnsüchtig Richtung Freiheit.
    »Lass mich nicht allein, bitte, lass mich nicht allein«, bettelte Oliver in schierer Panik.
    Andrews knallte ihm eine. »Halt die Klappe«, befahl er.
    Die anderen Aufsichtsschüler kamen angerannt, und dann waren es Nicks Beine, die die Entscheidung trafen.
    »Ich hab den Umschlag dabei, Oliver – ich komme zurück. Morgen!«, schwor er. Er sah Oliver noch kurz ins Gesicht, es war grünlich weiß. Dann raste er los.
    Doch mittlerweile befanden sich Julian und Taylor zwischen ihm und der Freiheit. Für ihre Begriffe hatte Nick seine Chance vertan, und sie waren jetzt wirklich hinter ihm her. Er hörte sie näher kommen. Es gab keinen Ausweg. Sie waren größer, schneller und stärker als er. Das war’s. Schon waren sie direkt hinter ihm.
    Nick verdoppelte seine Geschwindigkeit – und ging dann plötzlich aus vollem Lauf in die Hocke. Julian kam auf dem schmierigen, blattbedeckten Boden nicht rechtzeitig zum Stehen, er stürzte über Nick, flog mit dem Kopf voran in ein Brombeergestrüpp und schrie vor Schmerz auf.
    Und schon kam der andere Aufsichtsschüler heran. Nick sprang auf und packte, ohne eine Sekunde nachzudenken, einen Ast. Es war ein guter, dicker, kräftiger Stock, etwa zwei Meter lang. Als Taylor herankam, holte Nick aus. Im Gesicht des Älteren sah er, dass der sich nicht vorstellen konnte, Nick würde tatsächlich zuschlagen. Taylor blieb stehen und blickte verblüfft auf den Stock, der ihm jetzt entgegengesaust kam. Erst im letzten Moment drehte er sein Gesicht weg, so dass ihn der Stock seitlich am Kopf erwischte. Es krachte ekelhaft, dann kippte Taylor um wie eine Pappfigur.
    Inzwischen war Julian wieder auf den Beinen. Er war ein großer Kerl, aber als Nick mit dem Stock drohte, zögerte er.
    Taylor rollte auf dem Boden herum, hielt sich sein Gesicht und stöhnte. Seine Hände und sein Gesicht waren voller Blut.
    »Was hast du gemacht?«, brüllte Julian.
    »Kannste auch haben!«, zischte Nick. Julian bückte sich zu Taylor hinunter, der heftig an Kopf und Ohr blutete.
    »Du bist verrückt!«, fuhr Julian Nick an.
    Nick ging rückwärts und schwenkte drohend den Stock. »Na, komm doch, du Wichser!«, sagte er. »Komm schon! Ich schlag dir den Schädel ein.«
    Julian glotzte ihn nur an. Nick brach alle Regeln. Männer schlugen große Jungen, und große Jungen schlugen kleine Jungen. Aber niemals schlugen kleine Jungen große Jungen mit einem Stock.
    »Du bist verrückt!«, wiederholte Julian. Aber er rührte sich nicht. Hinter ihm tauchte Andrews auf, der Oliver festhielt. Er blieb zwischen den Rhododendren stehen und rührte sich nicht. Nick schob sich den Stock unter den Arm und floh halb gehend, halb rennend Richtung Flatterweg. Als er sich eine Sekunde später umdrehte und sah, dass Julian Talyor aufhalf, wusste er, dass er frei war.
    Er trabte nur noch. Er kam zu einer Mauer, die ihm bis über den Kopf reichte, und er musste hochspringen, um darüberzuschauen. Er sah eine Straße, Hecken und die Rückseite einiger Reihenhäuser. Er kletterte über die Mauer, blickte sich um – und da tauchte Davey auf, der sich unter ein paar überhängenden Zweigen versteckt hatte. Nick rannte zu ihm. Sie blieben voreinander stehen, guckten sich an, schüttelten die Köpfe und grinsten.
    »Wir haben’s geschafft! Wir haben’s geschafft!«
    »Ja …«
    »Alter, ich bin abgegangen wie ’ne Rakete.«
    »Das war ’n Start wie ’n Düsenflieger, nich?«
    »Oliver?«, fragte Davey und verzog das Gesicht.
    »Die Scheißkerle haben ihn geschnappt. Aber ich hab …« Nick klopfte auf seinen Rücken. Erst in dem Moment merkte er, dass ihm beim Rennen die Fotos aus der Hose rausgerutscht waren, jedes einzelne, und jetzt lagen sie irgendwo zwischen den Bäumen und auf dem Flatterweg verstreut. Jeder konnte sie finden.
    »Die Fotos …«
    »Was für Fotos?«
    Nick schüttelte den Kopf. Er wollte nicht mehr daran denken. Es war zu spät. Oliver würde die Sache allein durchstehen müssen.

20
  Im Versteck
     
    Sie hatten keine Zeit, sich um Oliver Gedanken zu machen. Noch waren sie nicht außer Gefahr. Während sie dort standen, verständigte das Heim sicher schon die Polizei. Sie mussten weiter, zurück nach Nord-Manchester, wo sie zu Hause waren. Allerdings wussten sie im Moment nicht einmal, wo sie sich eigentlich befanden.
    Sie verbargen sich unter den bis zum Boden herabhängenden

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