Nicholas Flame Bd. 1 Der Unsterbliche Alchemyst
aus wie gallische Kriegseber – und wenn es tatsächlich welche sind, kann man sie so gut wie nicht töten. Für jeden, den wir hier sehen, stehen wahrscheinlich noch einmal drei im Hintergrund, von den Treibern ganz abgesehen.«
»Die hier sind nicht gallisch und diese Rasse braucht keine Treiber«, sagte Flamel leise. Kaum merklich kam sein französischer Akzent wieder durch. »Schaut euch ihre Hauer an.«
Sophie, Josh und Scatty drehten sich um und betrachteten die Hauer der beiden Tiere, die hinter ihnen auf dem Weg standen. Sophie kniff die Augen zusammen, da die Nachmittagssonne sie blendete. »Da wurde etwas hineingeschnitzt«, stellte sie fest. »Locken.«
»Spiralen«, sagte Scatty mit einem ehrfürchtigen Unterton. Sie schaute Flamel an. »Sind das tatsächlich Torc Allta?«
»Du sagst es«, erwiderte der Alchemyst. »Wereber.«
»Sind Wereber so etwas wie Werwölfe?«, fragte Josh.
Scatty schüttelte ungeduldig den Kopf. »Nein, mit Werwölfen haben sie nichts zu tun …«
»Das erleichtert mich kolossal«, meinte Josh. »Eine Sekunde lang dachte ich tatsächlich, ihr redet von Menschen, die sich in Wölfe verwandelt haben.«
»Werwölfe sind Torc Madra«, fuhr Scatty fort, als hätte sie ihn nicht gehört. »Das ist ein völlig anderer Clan.«
Sophie betrachtete den wilden Eber, der ihr am nächsten stand, ganz genau. Sie glaubte, hinter dem Wildschwein-Äußeren langsam menschliche Züge erkennen zu können. Die Augen, die kühl und leuchtend, so leuchtend blau auf sie gerichtet waren, schauten verblüffend intelligent.
Josh drehte sich wieder um und packte das Lenkrad mit beiden Händen. »Wereber… Klar haben sie mit Werwölfen nichts zu tun. Ein völlig anderer Clan«, murmelte er. »Wie dumm von mir!«
»Was machen wir jetzt?«, fragte Sophie.
»Wir fahren«, antwortete Nicholas Flamel.
Josh zeigte auf die Bäume und Büsche vor ihnen. »Und was ist damit?«
»Fahr einfach«, befahl der Alchemyst.
»Aber …«
»Vertraut ihr mir?«, fragte Flamel zum zweiten Mal an diesem Tag. Die Zwillinge schauten sich an, dann Flamel, dann nickten sie gleichzeitig. »Dann fahr«, sagte er leise.
Josh legte den Gang ein und löste die Handbremse. Der schwere SUV kroch vorwärts. Die vordere Stoßstange berührte die anscheinend undurchdringliche Barriere aus Sträuchern und Büschen… und verschwand darin. Es war, als hätten die Büsche sie verschluckt. Der Geländewagen rollte in die Sträucher. Für einen Augenblick wurde es dunkel und kalt und in der Luft lag etwas Bittersüßes wie verbrannter Zucker. Und dann war der Weg wieder da, machte eine Biegung nach rechts.
»Wie…?«, begann Josh.
»Es war eine optische Täuschung«, erklärte Flamel, »weiter nichts. Licht, das umgeleitet wird und auf einem Vorhang aus Wasserdampf das Bild von Bäumen und Büschen reflektiert, in dem jeder Wassertropfen als Spiegel fungiert. Und ein kleines bisschen Magie«, fügte er hinzu. Er wies mit einer weit ausholenden Geste auf die Umgebung. »Wir befinden uns immer noch in Nordamerika, aber soeben haben wir das Reich eines der ältesten und großartigsten Wesen betreten. Hier sind wir für eine Weile sicher.«
Scatty schnaubte rüpelhaft. »Alt ist sie, das stimmt, aber bei großartig habe ich so meine Zweifel …«
»Scathach, ich möchte, dass du dich benimmst«, sagte Flamel und wandte sich der jung aussehenden und doch uralten Kriegerprinzessin zu.
»Ich mag sie nicht. Ich traue ihr nicht.«
»Du musst die alten Fehden vergessen.«
»Sie wollte mich umbringen, Nicholas«, protestierte Scatty. »Sie hat mich in der Unterwelt im Stich gelassen. Ich habe Jahrhunderte gebraucht, um wieder rauszufinden.«
»Das ist etwas über fünfzehnhundert Jahre her, wenn ich es richtig im Kopf habe«, erinnerte Flamel sie.
»Ich habe ein gutes Gedächtnis«, murmelte Scatty. Einen Augenblick lang sah sie aus wie ein schmollendes kleines Mädchen.
»Von wem redet ihr?«, wollte Sophie wissen.
Fast im selben Moment stieg Josh auf die Bremse und brachte den schweren Wagen zum Stehen. »Nicht zufällig von einer großen Frau mit dunkler Haut?«, fragte er.
Sophie drehte sich rasch wieder um und Flamel und Scatty beugten sich über die Vordersitze.
»Das ist sie«, sagte Scatty mürrisch.
Die Gestalt stand direkt vor dem Wagen mitten auf dem Weg. Sie war groß und breitschultrig und sah aus wie aus einem massiven Block pechschwarzen Marmors gehauen. Zartester weißer Flaum bedeckte ihren Schädel wie eine
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