Nicholas Flamel Bd. 2 Der dunkle Magier
anhänglich und hatte angefangen, in Scatty fast mehr als eine Freundin zu sehen. Auch wenn sie ihren Bruder über alles liebte, hatte sie sich immer eine Schwester gewünscht.
Josh packte Sophie an den Schultern und drehte sie so, dass sie ihn anschauen musste. Er war bereits einen Kopf größer als sie und musste den Blick senken, um ihr in die Augen sehen zu können. Sie waren so blau wie seine eigenen. »Sie ist nicht unsere Freundin, Sophie.« Er sprach leise und eindringlich. »Und sie wird es nie sein. Sie ist ein zweieinhalbtausend Jahre altes … Etwas . Sie hat zugegeben, dass sie ein Vampir ist. Du hast eben gesehen, wie sich ihr Gesicht verändert hat. Sie ist nicht einmal ein richtiger Mensch. Und … und ich bin mir nicht sicher, ob sie tatsächlich diejenige ist, für die Flamel sie ausgibt. Von ihm weiß ich, dass er es nicht ist.«
»Was soll das heißen?«, fragte Sophie. »Was willst du damit sagen?«
Josh wollte gerade antworten, als es ein paar Mal knallte und das ganze Haus bebte. Wimmernd vor Angst, lief Roux auf die Seitenstraße hinaus.
»Was soll das heißen?«, fragte Sophie noch einmal.
»Dee hat gesagt – «
» Dee! «
»Ich habe in Ojai mit ihm gesprochen. Als du mit der Hexe von Endor im Laden warst.«
»Aber er ist unser Feind – «
»Nur weil Flamel das behauptet«, unterbrach Josh sie. »Sophie, Dee hat mir gesagt, dass Flamel ein Krimineller ist und Scathach im Grunde nichts anderes als ein angeheuerter Schläger. Er sagt, dass sie für ihre Verbrechen dazu verdammt wurde, den Rest ihres Lebens im Körper einer jungen Frau zu verbringen.« Er schüttelte den Kopf und fuhr rasch fort, leise und verzweifelt: »Wir wissen doch so gut wie nichts über diese Leute! Flamel, Perenelle und Scathach … Das Einzige, das wir wirklich wissen, ist, dass sie dich total umgekrempelt haben – und dass das nicht gut für dich ist. Sie haben uns durch die halbe Welt geschleift, und jetzt schau her, wo wir gelandet sind.« Während er noch sprach, bebte das Haus erneut, ein ganzes Dutzend Dachziegel krachte auf einmal in den Hof. Rasiermesserscharfe Splitter flogen ihnen um die Ohren. Josh schrie auf, als einer seinen Arm ritzte. »Wir können ihnen nicht trauen, Soph. Wir dürfen es nicht.«
»Josh, du kannst dir nicht vorstellen, welche Kräfte sie mir verliehen haben …« Sophie legte die Hand auf den Arm ihres Bruders, und wo es gerade noch nach vergammelten Essensresten gestunken hatte, roch die Luft plötzlich nach Vanille und einen Augenblick später, als Joshs Aura golden aufflackerte, auch nach Orangen. »Ach, Josh, was ich dir alles erzählen könnte! Ich weiß alles, was die Hexe von Endor weiß …«
»Aber es macht dich krank!«, schrie Josh wütend. »Und vergiss nicht, wenn du deine Kräfte noch einmal einsetzt, kannst du buchstäblich explodieren!«
Die Auren der Zwillinge leuchteten in Gold und Silber. Sophie schloss die Augen, als eine Flut von Eindrücken, vagen Gedanken und unzusammenhängenden Einfällen ihr Bewusstsein überschwemmte. Sie blinzelte, und plötzlich merkte sie, dass sie die Gedanken ihres Bruders dachte. Sie riss ihre Hand zurück und augenblicklich verblassten die Gedanken und Eindrücke.
»Du bist eifersüchtig«, flüsterte sie überrascht. »Eifersüchtig auf meine Kräfte.«
Josh wurde rot, und Sophie las die Wahrheit in seinen Augen, noch bevor er die Lüge aussprechen konnte. »Bin ich nicht!«
Plötzlich stürmte ein schwarz gekleideter Polizist durch die Hintertür auf den Hof. Ein langer Riss ging durch sein Visier und er trug nur noch einen schwarzen Stiefel. Ohne nach rechts oder links zu schauen, humpelte er an ihnen vorbei auf die Straße. Das Tapsen seines nackten Fußes und das Klacken der Ledersohle verloren sich rasch.
Dann erschien Scatty. Sie wirbelte ihr Nunchaku-Set wie Charlie Chaplin einst seinen Spazierstock. Ihre Frisur saß noch genau wie vorher, die Kleidung ebenfalls, und die grünen Augen glänzten. »Meine Laune hat sich ganz enorm gebessert«, ver kündete sie.
Die Zwillinge schauten an ihr vorbei in den Flur. Nichts und niemand regte sich in der Dunkelheit hinter ihr.
»Aber sie waren zu zehnt …«, begann Sophie.
Scathach zuckte mit den Schultern. »Zwölf, um genau zu sein.«
»Bewaffnet …«, sagte Josh. Er schaute kurz seine Schwester an, dann ging sein Blick wieder zu der Kriegerin. Er schluckte. »Du hast sie doch … Du hast sie nicht umgebracht, oder?«
Im Café splitterte Holz und etwas fiel
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