Nicholas Flamel Bd. 3 Die mächtige Zauberin
Dunkelheit gesegelt und fuhren mitten hinein in die Bestien. Zurück blieben Staubwolken.
»Diese Kreaturen hat Shakespeare alle gemacht?«, fragte Sophie bewundernd. Sie blickte aus dem Rückfenster und sah, dass der Boden bedeckt war mit wogenden Leibern.
»Jede Einzelne«, bestätigte Palamedes stolz. »Er hat sie alle in seiner Fantasie entstehen lassen und mit seiner Aura zum Leben erweckt. Und ihr dürft nicht vergessen, dass er sich fast alles selbst beigebracht hat.« Der Ritter sah in den Rückspiegel und fing Flamels Blick auf. »Überlegt nur, was er hätte erreichen können, wenn er richtig ausgebildet worden wäre.«
Flamel zuckte unangenehm berührt mit den Schultern. » Das hätte ich ihm nicht beibringen können.«
»Aber du hättest sein Talent erkennen müssen.«
»Dee!«, rief Josh.
»Ja, Dee hat es erkannt«, bestätigte Palamedes.
»Nein. Dee. Direkt vor dir!«
Dr. John Dee war aus dem Qualm aufgetaucht und ließ Excalibur locker in der linken Hand kreisen, sodass es aussah, als drehe er ein blaues Feuerrad. Aus seiner rechten Hand tropfte gelbe Energie. Und er stand direkt vor dem Eingang zu der schmalen Gasse und versperrte ihnen den Weg.
»Wie – glaubt er etwa, ich würde ihn nicht über den Haufen fahren?«, fragte Palamedes.
Dee zeigte mit dem Schwert auf das Taxi und ließ einen Energieball fallen. Der prallte einmal von dem aufgeweichten Boden ab und kullerte dann unter das Auto. Der Motor und die gesamte Elektrik gingen aus. Das Taxi rollte noch ein, zwei Meter weiter, aber lenken war nicht mehr möglich, da die Lenk-radsperre eingerastet war. Dann kam es zum Stehen.
Sophie bekam mit, dass sich hinter ihnen etwas bewegte. Sie drehte sich um … und sah, wie im selben Moment der mit Schlangen umwickelte Archon durch den dichten grauen Qualm trat. »Das sieht nicht gut aus«, murmelte sie und zupfte Josh am Ärmel.
»Das sieht sogar ganz schlecht aus«, bestätigte der.
»Was machen wir jetzt?«
»Das Beste ist, immer nur an einer Front zu kämpfen. So gewinnt man öfter.«
»Wer sagt das?«, fragte Sophie. »Mars?«
»Dad.«
K APITEL N EUNUNDDREISSIG
J osh!«, rief Flamel.
Josh Newman stieß die linke Tür auf, vergewisserte sich, dass sich keine Schlangen auf dem Boden ringelten, und sprang aus dem Wagen. Clarent heulte und ächzte, als er die Klinge herumschwang und auf Dee richtete. »Ich halte ihn auf! Kriegst du den Wagen wieder flott, Palamedes?«
»Ich versuch’s«, antwortete der Ritter grimmig. Er drehte sich zu Flamel um. »Die Batterie ist leer. Kannst du sie wieder aufladen?«
»Josh Newman«, sagte Dee freundlich, als Josh auf ihn zukam, »du willst doch nicht im Ernst gegen mich kämpfen?«
Josh ging nicht darauf ein. Er legte beide Hände fest um Clarents Schaft und spürte, wie das Schwert sich selbst in die beste Position brachte.
Dee lächelte und fuhr geduldig fort: »Ich möchte, dass du dir einen Moment Zeit nimmst und überlegst, was du vorhast. Diese Waffe war ein Leben lang in meinem Besitz. Du hast Clarent seit etwas mehr als einem Tag. Höchstens. Es ist ganz ausgeschlossen, dass du mich besiegst.«
Ohne Vorwarnung griff Josh an. Clarent schrie deutlich hörbar, als es Excalibur traf – ein gellender Triumphschrei. Josh versuchte nicht einmal, sich an die Züge zu erinnern, die Johanna und Scatty ihm beigebracht hatten. Er überließ es dem Schwert, zu stoßen und zu stechen, zu hauen und zu parieren. Und irgendwo im Hinterkopf wusste er, dass er jeden einzelnen von Dees Zügen analysierte, auf seine Beinarbeit achtete, darauf, wie er die Waffe hielt und wie er vor einem Angriff die Augen zukniff.
Clarent zog Josh vorwärts, während es die Luft durchschnitt. Der Junge brauchte all seine Kraft, um das Schwert mit beiden Händen halten zu können. Es war, wie einen Hund im Sprung aufzuhalten, einen ausgehungerten, tollwütigen Hund. Ja, für einen kurzen Augenblick stellte Josh sich Clarent als lebendig und hungrig vor. Eine lächerliche Vorstellung.
»Sophie!«, brüllte Flamel.
Aber sie hörte ihn nicht. Für sie gab es nur noch ihren Bruder. Sie stieß die rechte Tür auf und stieg aus. Ihre Aura blitzte in dem Moment auf, als ihre Füße den Boden berührten, und umgab sie mit genau derselben Rüstung, die sie an Johanna gesehen hatte. Im Gegensatz zu Josh war sie unbewaffnet, aber sie beherrschte die Luft- und Feuermagie. Ganz bewusst senkte sie die Barriere, die Johanna von Orléans errichtet hatte, um sie vor den Erinnerungen der
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