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Nicholas Flamel Bd. 4 Der unheimliche Geisterrufer

Nicholas Flamel Bd. 4 Der unheimliche Geisterrufer

Titel: Nicholas Flamel Bd. 4 Der unheimliche Geisterrufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Scott
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herauszuhören war, für ihr Interesse.
    Schließlich stand nur noch ein Zuhörer da, ein älterer Herr, der sie ganz genau beobachtete. Seine grauen Augen folgten jeder ihrer Bewegungen, als sie die Flöte abwischte und in die offensichtlich handgemachte Lederhülle zurücksteckte. Er wartete, bis sie sich bückte, um das rote Ledertuch mit den Münzen aufzuheben. In dem Moment trat er vor und ließ eine Fünfzig-Pfund-Note auf den Boden fallen. Die Frau hob sie auf und sah den Mann an, doch er hatte sich so hingestellt, dass das Licht hinter seinem Kopf war und sein Gesicht im Schatten lag.
    »Du bekommst noch einmal fünfzig, wenn du mir ein paar Minuten deiner Zeit schenkst.«
    Die Frau richtete sich auf. »Eine Stimme aus meiner Vergangenheit. « Sie war größer als der Mann, und auch wenn der Ausdruck auf ihrem zarten, aristokratisch geschnittenen Gesicht unverändert blieb, glitzerten ihre schiefergrauen Augen amüsiert. »Dr. John Dee«, sagte sie leise in einem Dialekt, den man seit dem 16. Jahrhundert, seit der Zeit von Königin Elizabeth I. in England nicht mehr gehört hatte.
    »Miss Virginia Dare«, entgegnete Dee, wobei er mühelos in denselben Dialekt wechselte. Er bewegte den Kopf und das Abendlicht fiel auf sein Gesicht. »Freut mich, dich wiederzusehen. «
    »Das kann ich von mir nicht behaupten.« Die Frau blähte ihre Nasenflügel auf und warf rasch einen Blick nach rechts und nach links. Ihre Zunge zuckte wie die einer Schlange hin und her, es war fast, als schmecke sie die Luft. »Ich bin mir nicht sicher, ob ich mit dir gesehen werden will. Du bist ein Todgeweihter, Doktor. Dieselbe Truppe, die noch gestern den Alchemysten gejagt hat, ist jetzt hinter dir her.« In ihrem Lächeln lag keine Spur von Freundlichkeit. »Woher weißt du, dass ich dich nicht töten und mir die Belohnung sichern will?«
    »Dafür gibt es zwei Gründe: Erstens weiß ich, dass meine Gebieter mich lebendig haben wollen, und zweitens gibt es kaum etwas, das unsere dunklen Älteren dir anbieten könnten, das du nicht schon hast«, erwiderte Dee. »Du bist bereits unsterblich und musst niemanden Gebieter nennen.«
    »Auf deinen Kopf ist eine sehr hohe Belohnung ausgesetzt«, sagte Virginia Dare. Sie steckte das Geld in eine Tasche ihres langen Jeansmantels und das lederne Tuch in die andere. Die Flöte hängte sie sich wie ein Gewehr über die Schulter.
    »Ich kann dir mehr bieten«, erwiderte Dee voller Überzeugung. »Viel mehr.«
    »John«, sagte Virginia fast liebevoll, »du warst schon immer ein schrecklicher Aufschneider.«
    »Aber ich habe dich nie belogen.«
    Die Bemerkung schien Virginia zu überraschen. Sie überlegte einen Augenblick, bevor sie antwortete. »Nein«, gab sie schließlich zu.
    »Bist du denn kein bisschen neugierig?«, fragte er.
    »Du weißt, dass ich mein Leben lang neugierig war, John.«
    Dee lächelte. »Was wünschst du dir am meisten auf der Welt?«
    Unendliche Trauer huschte über Virginias Gesicht und ein Schatten legte sich über ihre Augen. »Was ich mir am meisten ersehne, kannst nicht einmal du mir geben.«
    Der Magier verbeugte sich leicht. Er kannte Virginia Dare seit über vierhundert Jahren. Es hatte eine Zeit gegeben, in der sie ernsthaft von Heirat gesprochen hatten, doch selbst er musste zugeben, dass er herzlich wenig über diese geheimnisvolle Unsterbliche der menschlichen Art wusste.
    »Kannst du mir ein Schattenreich anbieten?«, fragte sie leichthin.
    »Ich glaube, da kann ich noch eins draufsetzen. Unter Umständen kann ich dir die Welt anbieten.«
    Virginie Dare blieb mitten in Covent Garden stehen. »Welche Welt?«
    »Diese hier.«
    Die jugendlich wirkende Frau hängte sich bei Dee ein und dirigierte ihn zu einem Café auf der anderen Seite des Platzes. »Komm und spendiere mir eine Tasse Tee, dann können wir darüber reden. Die Welt hier hat mir schon immer ziemlich gut gefallen.«
    Doch Dee blieb abrupt stehen, den Blick starr nach links gerichtet.
    Virginia drehte sich langsam um, wobei sie erneut die Nasenflügel aufblähte. Drei junge Männer mit kahl rasiertem Schädel waren auf den Platz gekommen. Sie trugen Einheitskleidung: verwaschene, schmutzige T-Shirts, Jeans und schwere Arbeitsschuhe. Arme und Schultern waren mit Tattoos übersät und bei einem, dem Kleinsten von den dreien, ringelte sich eine tätowierte, rot-schwarze Spirale um den Hals und über den Kopf.
    »Cucubuths«, murmelte der Magier. »Mit etwas Glück können wir uns aus dem Staub machen, bevor

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