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Nicholas Flamel Bd. 5 Der schwarze Hexenmeister

Nicholas Flamel Bd. 5 Der schwarze Hexenmeister

Titel: Nicholas Flamel Bd. 5 Der schwarze Hexenmeister Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Scott
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paar Tränen weg. Sie würde ihn finden. Sie musste ihn finden.
    Sophie sah die weißen Gardinen wackeln, als sie auf die Treppe zuging, und wusste, dass ihre Tante sie beobachtete. Sie drehte sich zu Niten um und der nickte kaum merklich. Auch er hatte die Bewegung gesehen. »Egal was du sagst, mach es nicht zu kompliziert«, riet sie.
    Die Tür ging auf, und Tante Agnes erschien, eine kleine, zerbrechlich wirkende Gestalt, schmal und knochig, mit knubbeligen Knien und von Arthrose geschwollenen Fingern. Ihr Gesicht war kantig, sie hatte ein spitzes Kinn und waagrecht verlaufende Wangenknochen, über denen die Augen tief in ihren Höhlen lagen. Das stahlgraue Haar war so straff aus dem Gesicht gekämmt und am Hinterkopf zu einem festen Knoten zusammengedreht, dass die Gesichtshaut spannte.
    »Sophie«, begrüßte die alte Dame das Mädchen leise. Sie streckte den Kopf vor und blinzelte kurzsichtig. »Und wo ist dein Bruder?«
    »Oh, er kommt, Tantchen«, behauptete Sophie, während sie die Treppe hinaufstieg. Oben angekommen beugte sie sich zu ihrer Tante hinunter und küsste sie auf die Wange. »Wie ist es dir ergangen?«
    »Ich habe gewartet, dass ihr beide zurückkommt.« Die alte Frau klang müde.
    Sophie hatte plötzlich ein schlechtes Gewissen. Obwohl ihre Tante sie gelegentlich zum Wahnsinn trieb, wussten die Zwillinge, dass sie ein gutes Herz hatte. »Darf ich dir einen Freund vorstellen, Tantchen? Das ist –«
    »Miyamoto Musashi«, unterbrach Tante Agnes sie sehr leise. »So sehen wir uns wieder, Schwertkämpfer.« Ihre Stimme hatte sich bei den letzten Worten merklich verändert, sie war tiefer geworden, klang jetzt kraftvoll und befehlsgewohnt.
    Sophie war an ihrer Tante vorbei in den dunklen Flur getreten, doch bei den überraschenden Worten blieb sie abrupt stehen und wirbelte herum. Ihre Tante hatte gerade japanisch gesprochen! Und irgendwoher wusste sie Nitens Namen – seinen richtigen Namen. Dabei hatte Sophie ihn noch gar nicht vorgestellt. Sie blinzelte. Feiner weißer Rauch stieg von der alten Dame auf. Und plötzlich roch es ganz intensiv nach Jasmin.
    Jasmin …
    Erinnerungen tauchten auf.
    Dunkle, gefährliche Erinnerungen an Feuer und Wasser, an einen Himmel, so schwarz wie Ruß, und an ein Meer voller Wracks.
    »Und wo ist die zweifelhafte Aoife von den Schatten?«, fuhr Agnes, wieder auf Englisch, fort.
    Erinnerungen an einen Kristallturm, gegen den eine aufgewühlte See peitscht. Lange, gezackte Risse laufen über die Turmwände und sind gleich darauf wieder verschwunden. Blitze winden sich in Spiralen um den Turm. Und eine Frau, die eine endlose Treppe hinaufrennt. Und rennt und rennt …
    Sophie hatte das Gefühl, als würde die Welt um sie herum sich drehen. Sie streckte die Hand aus, um sich an der Wand abzustützen, und merkte, dass ihre silberne Aura auf ihrer Haut zu glitzern begann.
    Jasmin …
    Erinnerungen an eine Frau, die vor einer goldenen Statue kniet und ein kleines, in Metall gebundenes Buch in den Händen hält, während hinter ihr die Welt zersplittert und in Flammen aufgeht.
    Niten stieg die Treppe herauf und verbeugte sich tief vor Agnes. »Sie ist mit der Archonin Coatlicue in ein Schattenreich gegangen, Mistress«, sagte er.
    »Die Archonin tut mir leid«, erwiderte Agnes leise.
    Und plötzlich wusste Sophie, warum ihr der Jasminduft so vertraut vorkam. Es war das Lieblingsparfüm von Tante Agnes. Und der Duft von Tsagaglalal, der Wächterin.
    Und dann drehte sich alles um Sophie herum und die Welt wurde schwarz.

KAPITEL DREIZEHN
    A n der wilden nordöstlichen Küste von Danu Talis stieg vor der Stadt Murias ein unglaublich hoher, unwahrscheinlich schlanker, in sich gedrehter Glasturm direkt aus dem Meer auf. Die Stadt war uralt, doch der Turm war noch Jahrtausende älter. Als die Großen Älteren die Insel Danu Talis erschufen, indem sie den Meeresboden mithilfe der Elemente-Magie in einem außergewöhnlichen Schöpfungsakt anhoben, waren der gläserne Turm und die Überreste der Stadt eines Erdenfürsten mit an die Oberfläche gerissen worden. Ein Großteil der alten Stadt bestand nur noch aus riesigen Kugeln aus geschmolzenem Glas, durchzogen von Fäden aus reinem Gold. Es waren die sichtbaren Beweise für die entsetzlichen Schlachten, die die Erdenfürsten mit den Archonen und den Großen Älteren in der Zeit vor der Zeit ausgetragen hatten.
    Doch der spitze Kristallturm strahlte in makellosem Glanz. Die unglaubliche Hitze, die die umliegenden Gebäude zum

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