Nicholas Flamel Bd. 5 Der schwarze Hexenmeister
darin.
Sophie sah, dass Mars alle Muskeln anspannte, als Prometheus näher kam. Dann bemerkte sie, wie Tsagaglalal ihm fest die Hand auf den Arm legte. Die alte Frau sprach sehr leise, aber Sophie verstand sie dennoch. »Du bist Gast in meinem Haus. Ich möchte, dass du dich benimmst.«
»Natürlich, Mistress«, murmelte Mars. Er nickte Prometheus zu, der den Gruß lächelnd erwiderte. »Was hast du mit deinem Haar gemacht?«, fragte er.
»Ich bin alt geworden«, antwortete Prometheus. »Im Gegensatz zu dir, wie ich sehe.« Er hielt der kleinen Gruppe die Teller hin und alle schüttelten den Kopf außer Mars und Hel. Mars nahm sich eines der kleinen Würstchen, schnupperte daran und biss dann vorsichtig ein Stückchen ab. »Das erste richtige Essen seit Jahrtausenden«, bekannte er.
Hel beugte sich vor und öffnete den Mund. Eine lange schwarze Zunge schoss heraus und wickelte sich um einen dicken Hamburger. Sie ließ ihn am Stück in ihrem Mund verschwinden und zerbiss ihn mit ihren hervorstehenden Fangzähnen. Fleischsaft vermischte sich mit der schwarzen Flüssigkeit, die ihr übers Kinn lief. Sie lächelte Sophie zu. »Ich bin keine Vegetarierin.«
»Ich hab’ s mir gedacht.« Sophie drehte sich rasch weg und schluckte die Galle hinunter, die ihr in die Kehle gestiegen war.
»Ich habe sie extra für dich nicht durchgebraten«, sagte Prometheus.
»Dass du das noch weißt«, schnarrte Hel.
»Na ja, vielleicht erinnerst du dich: Als wir uns das letzte Mal begegnet sind, wolltest du mich verspeisen.«
»Zuerst hätte ich dich gekocht.«
Odin nahm sich ein Stück Sushi und eine Serviette. Er pulte den Lachsstreifen heraus und wickelte den Reis in die Serviette.
Black Hawk bedankte sich mit einem Nicken, als ihm der Teller angeboten wurde. »Ist das scharf eingelegter Thunfisch?«
Sophie nickte. »Sieht so aus.«
»Dann halte ich mich lieber an den Lachs. Scharfes Essen bekommt mir nicht.«
Niten erschien mit zwei weiteren Tellern mit Sushi. »Frisch zubereitet«, verkündete er. »Für dich habe ich ein paar Sashimi gemacht«, sagte er zu Odin und zeigte auf die Scheiben aus weißem und rötlichem Fisch. »Thunfisch und Lachs. Und Gurken- und Thunfischröllchen für dich«, fügte er mit Blick auf Black Hawk hinzu. »Ohne scharfe Gewürze.«
Black Hawk lächelte. »Du hast ein gutes Gedächtnis.«
»Natürlich.«
Sophie betrachtete die beiden Unsterblichen. Dass der Schwertkämpfer und der Indianer sich kannten, verblüffte sie immer noch. »Wie habt ihr euch eigentlich kennengelernt?«
»Wir sind uns vor etwas mehr als einhundertunddreißig Jahren zum ersten Mal begegnet«, antwortete Niten.
Black Hawk nickte zustimmend. »Kurz nach der Schlacht von Greasy Grass im Jahr 1876.«
»Das war ein Tag«, sagte Niten. »Wie gemacht für Krieger.«
Sophie nahm einen der Teller mit Fleisch und bot ihn Hel an. Die Ältere nickte dankbar und schnappte sich mit beiden Händen je einen Hamburger, bevor sie die Zunge um einen dritten wickelte. »Wir sind über mehrere Krafttore hierhergekommen«, erklärte sie, den Mund voll kaum gebratenem Fleisch. Kleine Stückchen davon flogen in alle Richtungen. »Und du weißt, wie das ist – man bekommt einen Mordshunger davon.«
Sophie verließ die Gruppe und schlenderte mit dem leeren Teller zurück zum Haus. Auf der Schwelle blieb sie stehen und drehte sich noch einmal um. Die Szene, die sich ihr bot, war vollkommen bizarr. Da stand Niten und redete mit Black Hawk; Mars Ultor und Prometheus waren in eine Unterhaltung vertieft, während Odin und Hel Tsagaglalal aufmerksam zuhörten. Man hätte denken können, es handelte sich um einen ganz normalen Grillabend hinter dem Haus, mit leckerem Essen und Getränken und Bratengerüchen in der Luft. Und doch waren einige der Gäste über zehntausend Jahre alt und alles andere als Menschen.
»Vielleicht ist es ein Traum«, sagte sie leise vor sich hin, »und ich wache gleich auf.«
»Eher ein Albtraum«, erwiderte eine ebenso leise weibliche Stimme. »Aber du träumst nicht.«
Sophie wirbelte herum und sah Nicholas und Perenelle unter der Tür stehen.
»Schön, dich wiederzusehen, Sophie«, begrüßte Flamel sie. »Perenelle hat mir gesagt, dass ich tief in deiner Schuld stehe. Du hast geholfen, mich ins Leben zurückzuholen.«
Sophie nickte. Sie war sich nicht sicher, wie sie reagieren sollte. »Ich … ich hab’ s gern getan«, sagte sie schließlich. Sie drehte den Kopf leicht nach hinten. »Gerade habe ich mir
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