Nicholas' Geheimnis (German Edition)
reden uns alle mit dem Vornamen an. Formalitäten sind Gott sei Dank out. Stimmt’s, Nick?«
»Ja, der Ansicht bin ich auch.« Nicks Blick ruhte auf Melanies Gesicht. In diesen Augen kann sich ein Mann verlieren, dachte er, wenn er nicht sehr, sehr vorsichtig ist.
»Melanie hat vor, sich das Haus morgen Nachmittag anzusehen.« Er lächelte, als er sah, wie Melanies Gesichtsausdruck sekundenlang wildeste Wut zeigte, ehe sie sich wieder unter Kontrolle hatte. »Das haben wir vorhin beschlossen.«
»Großartig!« Liz strahlte die beiden glücklich an. »Nick hat Kostbarkeiten aus allen Ländern der Erde in diesem Haus zusammengetragen, Melanie. Du wirst dir vorkommen wie in Aladins Zauberhöhle.«
Melanie nahm Zuflucht zu einem trügerischen Lächeln. »Ich kann es kaum erwarten, mir alles anzuschauen.« Sie hätte Nick umbringen können in diesem Augenblick.
Während des Dinners beobachtete Melanie Nick unauffällig. Sein Benehmen verwirrte sie und machte sie neugierig. Dies hier war nicht der Mann, den sie kannte. Dieser hier war höflich und glatt. Von Gewalttätigkeit keine Spur mehr, stattdessen nur noch Freundlichkeit und Charme.
Nicholas Gregoras – Import-Export, Reichtum und Erfolg – saß lässig da, das Glas in der Hand, und lachte mit Liz und Alex über harmlosen Inselklatsch. Der graue Maßanzug passte genauso perfekt zu ihm wie die Jeans und das Sweatshirt, in denen Melanie ihn zum ersten Mal gesehen hatte.
Dies konnte doch unmöglich derselbe Mann sein, der sie mit einem gezückten Messer in Schach gehalten hatte und an einer glatten Fassade zu ihrem Balkon hochgeklettert war.
Nick reichte Melanie ein Glas Wein. Doch, das war derselbe Mann. Aber welches Spiel trieb er? Melanie fing einen Blick von ihm auf. Unwillkürlich verkrampften sich ihre Finger um den Stiel des Weinglases. Wenn es ein Spiel war, dann gewiss kein angenehmes und keines, an dem sie teilnehmen wollte.
Rasch trank Melanie einen Schluck Wein, um ihre zum Zerreißen gespannten Nerven zu beruhigen. Dann wandte sie sich Dorian zu und überließ Nick Ionas Aufmerksamkeit. Dorian war ein entschieden angenehmerer Tischgenosse. Die Konversation mit ihm floss leicht und entspannend dahin.
»Sagen Sie, Melanie, kommen sich die vielen Sprachen in Ihrem Kopf nicht gegenseitig ins Gehege?« fragte er.
Melanie stocherte in ihrem Teller herum, sie brachte kaum einen Bissen herunter und wünschte, das Dinner wäre endlich vorüber. »Kaum«, beantwortete sie Dorians Frage. »Ich denke automatisch in der richtigen Sprache.«
»Sie stellen Ihr Licht unter den Scheffel. Schließlich steht eine solche Karriere nur hoch qualifizierten Leuten offen. Sie haben allen Grund, stolz darauf zu sein.«
Melanie runzelte die Stirn, lächelte dann aber gleich wieder. »Vielleicht, aber ich habe nie darüber nachgedacht. Mir schien es zu einseitig, mich nur in einer Sprache verständigen zu können. Also fing ich an zu lernen und hörte dann nicht mehr auf.«
»Wenn Sie die Sprache eines Landes beherrschen, können Sie sich dort auch zu Hause fühlen.«
»Ja. Vielleicht fühlte ich mich deshalb auch hier keinen Augenblick fremd.«
»Wie ich von Alex höre, hofft er, Sie für das Unternehmen zu gewinnen.« Dorian hob sein Glas und trank Melanie zu. »Ich bin dort als Promotionmanager tätig, wie Liz Ihnen sicher erzählt hat, und würde die Zusammenarbeit mit Ihnen nur begrüßen.«
Melanie nickte ihm nur stumm zu.
Ionas schrilles Lachen übertönte alles. »Oh Nicky, Sie sind unmöglich! Einfach wundervoll!«
Nicky, dachte Melanie. Sie bekam eine Gänsehaut. »Ich werde es mir überlegen«, versprach sie Dorian, aber das Lächeln wollte ihr nicht recht gelingen.
»Laden Sie mich morgen auf Ihre Yacht ein, Nicky. Ich brauche dringend Abwechslung.«
»Tut mir Leid, Iona, aber morgen geht es nicht. Vielleicht später, im Lauf der Woche.« Nick versüßte die Ablehnung, indem er Ionas Hand tätschelte.
Iona zog einen Schmollmund. »Oh Nicky, ich sterbe vor Langeweile!«
Mit einem resignierten Seufzer wandte Dorian sich Iona zu. »Du hast vergangene Woche in Athen Maria Popagos getroffen. Wie geht es ihr?« fragte er lächelnd. »Sie hat inzwischen vier Kinder, stimmt doch, Iona?«
Er behandelt sie wie ein Kind, dachte Melanie spöttisch. Kein Wunder, sie benimmt sich wie ein verwöhntes, eigensinniges und labiles Kind.
Im weiteren Verlauf des Abends beobachtete Melanie, wie Ionas Stimmung von mürrisch-gelangweilt in hektisch umschlug. Dorian war
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