Nicholas' Geheimnis (German Edition)
vom Hals zu halten. Er hat den Köder ausgeworfen und ist verdammt sicher, mich auf diese Weise zu kassieren.«
»Es ist zu riskant heute Nacht«, gab Stephanos zu bedenken. »In ein paar Tagen ist wieder eine Schiffsladung fällig.«
»In ein paar Tagen ist Tripolos nicht mehr aufzuhalten. Wir können im letzten Moment keine Komplikationen mit der Ortspolizei brauchen.« Nick presste die Lippen aufeinander. »Ich werde den Teufel tun und mir ausgerechnet jetzt einen Fehler leisten! Ich muss die Sache vorantreiben, bevor Tripolos den ersten Schuss in die falsche Richtung abfeuert. Es bleibt dabei – heute Nacht! Ist das klar?«
9. K APITEL
Finsternis herrschte in der Höhle. Vorspringende Felsen schützten sie vor dem Wind und vor Blicken. Ein seltsam dumpfer Geruch hing in der Luft, nach vermodertem Laub, welkenden Blumen, und über allem war der Hauch dunkler Geheimnisse, Angst und Tod …
An diesem Ort war nie ein Liebespaar gesehen worden. Manchmal, wenn ein Mann in einer dunklen, stillen Nacht zu nahe herankam, war das Flüstern und Seufzen der Geister hinter den Felswänden zu hören, die dort umgingen. Dann machte er einen großen Bogen um die Höhle, ging nach Hause und sagte niemandem etwas davon.
Der Mond warf sein fahles Licht über das Wasser und verstärkte den Eindruck geheimnisumwitterter Dunkelheit. Es war totenstill, nur das Flüstern des Wassers auf den Klippen und das Stöhnen des Windes war zu hören.
Die Männer, die sich beim Boot sammelten, waren Schatten, dunkle Schemen ohne Namen, ohne Gesicht. Dennoch waren es Menschen aus Fleisch und Blut, aber sie fürchteten die Geister in der Höhle nicht.
Sie sprachen wenig, ab und zu ein geflüstertes Wort, ein unterdrückter Fluch oder ein leises Lachen, das nicht an einen solchen Ort zu passen schien. Die meiste Zeit jedoch bewegten sie sich schweigend und zielstrebig. Sie wussten, was getan werden musste. Der Zeitpunkt war bald gekommen.
Einer von ihnen bemerkte das Herannahen eines weiteren Schattens und flüsterte seinen Gefährten etwas zu. Er zog ein Messer aus dem Gürtel und hielt das Heft mit starker, schwieliger Hand umklammert. Die scharfe Klinge leuchtete kurz im Mondlicht auf. Die Arbeit wurde eingestellt. Die Männer warteten.
Der Schatten kam heran. Der Mann steckte das Messer weg und atmete auf. Vor Mord fürchtete er sich nicht, aber vor diesem Schatten.
»Wir haben dich nicht erwartet.«
»Spielt das eine Rolle?« Ein schmaler Streifen Mondlicht fiel auf den schattenhaften Mann. Er trug Schwarz – schwarze Hose, schwarzer Pullover, schwarze Lederjacke – und war groß und breitschultrig. Eine Kapuze verhüllte Kopf und Gesicht. Nur die dunklen Augen waren zu sehen – ein tödliches Glitzern.
»Kommst du heute Nacht mit?«
»Ich bin hier, oder?« Er war kein Mann, der Fragen beantwortete. Es wurden auch keine mehr gestellt. Er ging an Bord mit der Sicherheit eines Menschen, der sein Leben auf dem Meer verbringt.
Es war ein Fischkutter mit schwarzer Bordwand und sauberem, aber roh gezimmertem Deck. Nur der teure und starke Motor unterschied es von anderen Fischerbooten.
Wortlos ging der Mann über das Deck. Die anderen traten zurück und ließen ihn vorbei. Alle waren stämmige, muskulöse Männer mit starken Armen und kräftigen Händen, aber sie zogen sich vor dem schlanken Mann zurück, als fürchteten sie, er könne sie mit einer einzigen Handbewegung zermalmen. Jeder von ihnen hoffte zu Gott, die Augen hinter den Kapuzenschlitzen würden sich nicht auf ihn richten.
Der Mann ging zum Ruderhaus und warf einen Blick über die Schulter. Sofort wurden die Leinen losgemacht. Die Männer ruderten das Boot geräuschlos ins offene Meer hinaus. Erst dann wurde der Motor angeworfen.
Das Boot glitt wie ein schwarzer Fleck über das dunkle Wasser. Worte wurden kaum gewechselt. Die Leute waren ohnehin nicht sehr gesprächig, aber wenn der Maskierte bei ihnen war, wollte niemand etwas sagen. Wer sprach, zog Aufmerksamkeit auf sich, und das wollte keiner von ihnen riskieren.
Der Mann starrte aufs Meer hinaus und ignorierte die vorsichtigen Blicke der anderen. Er gehörte nicht zu ihnen, war nichts als ein drohender Schatten in der Nacht. Regungslos stand er am Ruder, den Blick starr geradeaus gerichtet.
»Uns fehlt ein Crewmann.« Der Mann, der den Schatten bei der Höhle als Erster bemerkt hatte, trat hin zu ihm. Er sprach leise und rau. Seine Hände zitterten. »Soll ich Ersatz für Stevos beschaffen?«
Der Mann am
Weitere Kostenlose Bücher