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Nicht alles Kraut ist grün

Nicht alles Kraut ist grün

Titel: Nicht alles Kraut ist grün Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A. A. Fair
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bezahlt!«
    »Doch«, sagte ich. »Ich habe einen Schein an der Kasse deponiert.«
    »Ohne Rechnung kann man nicht zahlen«, beharrte er.
    In Mexiko sollte man Scherereien tunlichst aus dem Wege gehen. Kostbare Sekunden vergingen, ehe ich den Burschen von meiner Ehrlichkeit überzeugt hatte.
    Als es mir schließlich gelungen war, wischte ich seine wortreiche Entschuldigungsrede beiseite und raste hinaus auf die Straße. Von dem Mann war keine Spur mehr zu sehen. Er war um eine Ecke verschwunden, aber ich hatte keine Ahnung, um welche.
    Ich entschied midi für links. Es war eine Fehlentscheidung.
    Während ich beim Essen saß, hatte es angefangen zu regnen. Den ganzen Abend war es schon bedeckt gewesen, aber dort in der Wüste regnet es sehr wenig, und ich hatte gedacht, die Wolken würden vorüberziehen. Falsch gedacht. Jetzt nieselte es fein, aber stetig.
    Wenn es im Imperial Valley regnet, ist das eine ernste Sache. Für die Felder gibt es überall Bewässerungsanlagen, und den Farmern liegt nichts an Regen. Der fruchtbare Boden — hauptsächlich Schlick aus den prähistorischen Ablagerungen des Colorado — wird durch den Regen zu einem glitschigen Brei aufgeweicht, er klebt wie frische Farbe. Er wird auf die Straßen geschwemmt, von den Autoreifen verteilt. Er bleibt an den Schuhsohlen hängen und macht das Gehen zu einer gefährlichen Rutschpartie.
    Ich kehrte in das Restaurant zurück.
    »Kennen Sie den Mann, der eben hier war und sagte, er sei verabredet gewesen?«
    »Nein, Señor. Ich habe ihn noch nie gesehen.«
    »Können Sie mir schnell ein Taxi besorgen?«
    Er ging zur Tür, sah zum wolkenverhangenen Himmel, blickte straßauf und straßab und schüttelte schließlich den Kopf. »Heute abend nicht, Señor. Leider! Es ist nicht wie drüben in den Staaten. Hier stehen gewöhnlich ein, zwei Taxis. Heute regnet es — da bleiben die Fahrer zu Hause.«
    Mexiko ist ein wunderbares Land. Aber es gibt Dinge, die Mexikaner nicht verstehen können oder nicht verstehen wollen. Unsere Unruhe und Hast lassen sie kalt.
    Mein Mann war mir endgültig entwischt. Aber ich hatte ihn mir wenigstens gut ansehen können. Das Gesicht würde ich nicht vergessen.
    Eins stand fest: Ich mußte zu meinem Wagen zurück. Da es ein Regentag war, gab es nur eine Möglichkeit.
    Wenigstens war es nicht allzu weit. Ich knöpfte meinen Mantel bis zur Kinnspitze zu und versuchte, mich so weit wie möglich an Hauseingängen und Torbögen entlangzuschlängeln. Über die ungeschützten Stellen sprintete ich im Laufschritt. Bald kam ich an die Autoschlange, die an der amerikanischen Grenzkontrolle wartete.
    Es war eine lange Schlange.
    Überarbeitete Paßkontrolleure und Zollbeamte standen weit vorn am Kontrollpunkt und fragten jeden Autofahrer nach der Nationalität und nach in Mexiko erworbenen Gegenständen. Ab und zu klebten sie eine Plakette an die Windschutzscheibe eines Wagens, der dann aus der Schlange ausscheren mußte, um sich einer gründlichen Durchsuchung zu unterziehen. Meistenteils jedoch wurden nach einer kurzen Prüfung die Wagen weitergewinkt.
    Ich hatte mir vor einiger Zeit einen Haufen Literatur über den Grenzschmuggel zwischen den USA und Mexiko einverleibt. Die Statistik zeigt, daß Marihuana buchstäblich tonnenweise über die Grenze kam. Dazu hübsche Mengen an Heroin und anderen unerlaubten Rauschgiften.
    Die Zollbeamten hatten inzwischen einen geübten Blick für Schmuggelfahrer, aber bei der Häufung der Fahrzeuge waren sie total überfordert.
    Die Fahrer warteten ungeduldig mit laufendem Motor. Die Scheibenwischer gingen in monotonen, rhythmischen Kadenzen.
    In der Schlange fiel mir ein Kombiwagen auf, der ein kleines Hausboot auf einem Anhänger zog. Ich wurde neugierig.
    Es gibt eine ganze Menge Wassersportfans, die ihre Boote über Mexicali zu dem hundertzwanzig Meilen südlich gelegenen Fischereihafen San Felipe bringen. Die Straße ist gut, und am Ziel lockt ein noch verhältnismäßig unberührtes Angler- und Badeparadies.
    Unternehmungslustigere Sportfreunde fahren noch runde fünfzig Meilen weiter nach Süden über San Felipe hinaus, nach Puertocitos, einer bildhübschen Bucht mit wenig Häusern, einer Handvoll Wohnwagen und Kramläden und einem unwahrscheinlich blauen, meist spiegelglatten Meer.
    Ein Hausboot aber sieht man auf dieser Strecke selten.
    Dieses war ziemlich kurz und auf Zwillingspontons montiert, die von zwei Außenbordmotoren getrieben wurden. Mit dem kräftigen Kombiwagen als Vorspann kam man

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