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Nicht die Bohne!

Nicht die Bohne!

Titel: Nicht die Bohne! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristina Steffan
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ignoriert das Kaffee-Chaos rings um sie herum.
    »Na ja. Also, ich investiere erst mal in einen Kindersitz. Und dann lege ich den Rest an. Für die Bohne.«
    »Und vorher gönnst du dir noch was Schönes!«, erwidert Elena energisch. Ich nicke, wobei mir gerade überhaupt nichts einfällt, was ich mir kaufen könnte. Außerdem liegen zwischen meiner und ihrer Vorstellung von »was Schönem« ganze Galaxien. Elena hat sich letzte Woche ein Paar neue Bio-Spezial-Latschen in Schlammgrau gegönnt, denn ihre alten hatten sage und schreibe acht Jahre auf der Sohle. Seitdem fühlt sie sich wie eine Konsum-Mieze. Als hätte sie Tausende Euro bei Gucci und Dior verprasst. Wobei das für mich durchaus der Vorstellung von »sich was Schönes gönnen« entspräche.
    »Du solltest mal nach Simon sehen«, wechselt sie plötzlich abrupt das Thema.
    »Wieso?«, frage ich argwöhnisch. Langsam überkommt mich der Verdacht, dass die Öko-Gang sich nicht nur über das junge Glück in ihren Reihen freut, sondern nebenbei auch noch ganz selbstverständlich davon ausgeht, dass ich sämtliche Informationen vom Haupthaus in die Tischlerei schaffe. Tief in ihren Herzen sind sie nämlich alle stinkfaul und es schon lange leid, immer bis zur Werkstatt laufen zu müssen, wenn sie was von Simon wollen. Und sie wollen viel von Simon. Er scheint das Amt des Hauptentscheidungsträgers auf diesem Hof zu bekleiden, und so werde ich jetzt regelmäßig mit Informationen und Details gefüttert, um sie dann zu ihm zu bringen.
    Edgar hat es letzte Woche auf den Punkt gebracht: »Paula, da kannst du das Nützliche doch gleich mit dem Angenehmen verbinden und noch ein wenig zum Knutschen bleiben.«
    Elena zerrt ein zerknicktes Kuvert aus ihrer Hosentasche und drückt es mir in die Hand. »Weil ich hier einen Brief für ihn habe, und du wolltest ihm die frohe Kunde mit der Abfindung doch sicher eh gleich überbringen, oder? Da kannst du den eben mitnehmen.«
    Ich gebe mich geschlagen und mache mich samt Umschlag auf zur Tischlerei. Immerhin habe ich Simon seit gestern Abend um Viertel nach sechs nicht mehr gesehen, also schon fast fünfzehn Stunden. Da kann man schon mal Sehnsucht bekommen.
    Simon und ich sind zwar nun ganz offiziell ein Paar, verbringen aber nicht jede Nacht in einem gemeinsamen Bett. Bisher hat er die Wochenenden bei mir geschlafen, und in der Woche haben wir oft noch lange bei einem Tee in seiner Werkstatt gesessen. Ich habe das Gefühl, dass Simon sich erst wieder an Nähe gewöhnen muss. Leider habe ich gerade in den letzten Tagen eine schier unersättliche Gier nach körperlicher und emotionaler Nähe entwickelt, die bei dieser Art der Beziehungsgestaltung zu kurz kommt.
    Zur Ablenkung habe ich mir ein neues und zeitintensives Hobby zugelegt: Umzugskartons packen. Seit Tagen miste ich alle meine Schränke und Schubladen aus und bin entsetzt über die unglaublichen Dinge, die ich besitze. Von vielen ist mir noch nicht einmal der Zweck geläufig. Das Ganze verbuche ich als »Bestandsaufnahme meines bisherigen Lebens«, und so etwas macht man ohnehin besser allein.
    Vor der Tischlerei angekommen, klopfe ich wie immer ordnungsgemäß an die Tür, bevor ich sie öffne. Simon liegt auf dem alten Sofa vor dem großen Fenster und scheint ganz in das Buch vertieft, das er in den Händen hält.
    Auf mein lautstarkes »Hallo!« dreht er den Kopf in meine Richtung, lächelt und murmelt ein »Hi«. Vor ihm auf dem Boden liegen seine zwei gilligelben Krücken. Das C-Leg lehnt an der Wand hinter dem Sofa.
    »Oh, ihr geht heute getrennte Wege?«, frage ich, als ich mich neben ihm niederlasse. Simon trägt diese Prothese sonst immer. Nur zum Schlafen nicht. Und zum Duschen. Okay, beim Sex auch nicht, obwohl mich das einiges an Überzeugungsarbeit gekostet hat. Dafür ist das Teil morgens mit solch einer affenmäßigen Geschwindigkeit wieder komplett montiert, dass ich vermute, er hält den unangefochtenen Weltrekord im Prothese-Anziehen.
    »Akku leer«, informiert er mich nüchtern, und ich muss grinsen.
    »Wie konnte das denn passieren?«, frage ich amüsiert zurück. Simon hält nämlich auch im Prothesen-Knie-Akku-Laden den Weltrekord, er hat sogar einen Adapter für die Steckdose im Auto, was mich das erste Mal tatsächlich etwas befremdet hat. Es funktioniert wie ein Ladekabel beim Handy, nur dass es ins Kniegelenk der Prothese gestöpselt wird, wo der Mikroprozessor zur Steuerung dieses technischen Wunderwerkes sitzt. Überhaupt kam ich ja aus

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