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Nicht die Bohne!

Nicht die Bohne!

Titel: Nicht die Bohne! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristina Steffan
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abgefahren und hat mir geschworen, NIE WIEDER mit den Kindern zu kommen. Dabei ist es geblieben.
    Also, mein Zuhause ist für Bohnen jeglicher Art ungeeignet. Ich selbst finde diese architektonisch sehr gelungene Stahltreppe schon extrem wackelig, wenn man mal einen Averna zu viel genossen hat. Mit Schlafmangel und einer brüllenden Bohne auf dem Arm muss das oberste Stockwerk dann leider für gesperrt erklärt werden. Aber die Bohne und ich auf fünfunddreißig Quadratmetern – so viel hat nämlich der Küchen- Ess-Wohnbereich –, das kann nur im Chaos enden.
    Verzweifelt reibe ich mir übers Gesicht. Mein Leben ist gerade viel zu kompliziert für mich. Also streiche ich die Überschriften »Mütterliches Tätigkeitsprofil« und »Dinge, die frau als Mutter nicht mehr tut« durch und ersetze sie durch »To do – aber zügig!«.
    Es scheint dringlichere Dinge zu geben, als sich über Ökobrei und die Krippenplatzsituation in Deutschland Gedanken zu machen. Nämlich:
    1. Ich brauche einen Job! Bestenfalls halbtags, sodass ich später trotz Bohne weiterarbeiten kann. Ich muss meine Mutter fragen, ob sie die Bohne nimmt. (Dies sind verdammt erwachsene Gedankengänge, ich bin etwas erschüttert und muss kurz noch mal heulen. Geht dann aber.)
    2. Ich brauche eine neue Wohnung. Anforderungen: Drei Zimmer und keine lebensgefährlichen Einbauten für müde Mütter und Bohnen. Vorzugsweise irgendwo, wo es grün ist, aber nicht zu weit außerhalb.
    3. Ich bin doch noch gar nicht reif für ein Kind!
    4. Blödsinn! Ich muss aufhören damit! Ich bin eine reife und erfahrene Frau von zweiunddreißig Jahren. Ich weiß, wo der Frosch die Locken hängen hat, kann Gewinn- und Verlustrechnungen erstellen, Bilanzen lesen, Winterreifen alleine aufziehen, Beziehungen beenden (ohne dass sich jemand das Leben nimmt), habe einen stabilen Freundeskreis und kann ohne Hilfe Backmischungen von Dr. Oetker zubereiten. Das ist verdammt viel. Das soll mir mal einer nachmachen! Ha!
    5. Ich werde auf keinen Fall jemals öffentlich über blutige Brustwarzen, Milchstau, Babykacke und deren Farbe und Geruch sprechen. Niemals werde ich selig grinsen, während das Baby mir über den schwarzen Rollkragenpullover kotzt, und ich werde auch nicht unaufgefordert jedem Lebewesen mit Augen im Kopf Bohnenfotos unter die Nase halten.
    Erschöpft lege ich den Stift beiseite, während eine böse Erkenntnis sich in meinem Hirn auszubreiten versucht. Was, wenn ich gar nichts dagegen tun kann? Wenn Mütter ganz automatisch so werden, nachdem sie die Brut auf die Welt gepresst haben?
    Energisch schreibe ich » NIEMALS « unter den letzten Punkt. Ich werde mich dagegen zur Wehr setzen. Und ich werde versuchen, der Bohne eine gute Mutter zu sein. Auch wenn die da oben im Kosmos jetzt am großen runden Tisch hocken und hitzig debattieren, wie ihnen ein solcher Fehler unterlaufen konnte. Ich werde es ihnen zeigen. Basta!
    Ich pinne die Liste an meinen Kühlschrank, nippe an meinem Tee mit Rumaroma (eklig, aber besser als nichts) und rufe alle Menschen zurück, die auf ein Lebenszeichen von mir warten.
    Meine Eltern sind ganz aufgeregt und erläutern mir haarklein die gesamte familiäre Weihnachtsplanung. Es scheint wie immer ein sehr zeit- und nervenaufreibendes Familienfest zu werden.
    Frau Wilken rufe ich lieber nicht zurück. Ich möchte auf keinen Fall, dass sie wegen ihres persönlichen Engagements bezüglich mir und der Bohne Probleme bekommt.
    Hanne und Andreas sind fassungslos, als ich ihnen von den vergangenen Tagen berichte. Fassungslos und »arschwütend!«, wie Andreas mehrmals betont. Da die beiden zurzeit gemeinsam an einem wichtigen Projekt arbeiten, führen wir zu dritt eine kleine Telefonkonferenz. Die beiden immer noch im Büro, ich in meiner Küche.
    Justine lädt mich zu ihrer Silvesterparty ein, und Jutta sagt nur: »Arschloch, dieser Dr. Arsch. Sollen ihm die Eier schwarz anlaufen und abfallen!« Hmm, sie ist da immer sehr präzise, und ich weiß nicht, ob sie nicht heute Nacht einen kleinen Hexentanz um den alten Birnbaum in ihrem Garten vollziehen wird und Dr. Arsch morgen tatsächlich die Eier abfallen. Nun, sie soll tun, was sie für richtig hält, ich lasse ihr da ganz freie Hand.
    Andrea hat keine Zeit zum Telefonieren, denn Julian hat einen Infekt mit Fieber und Rotze und brüllt im Hintergrund das gesamte Wohngebiet zusammen, während Johannes kurz mit mir spricht. Hoffentlich wird die Bohne ein Mädchen, die sind irgendwie härter im Nehmen.

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