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Nicht die Bohne!

Nicht die Bohne!

Titel: Nicht die Bohne! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristina Steffan
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Meine Freundin hat einen an der Waffel. Dabei habe ich es nur nicht mehr ausgehalten, arm wie eine Kirchenmaus zu Hause zu sitzen, während draußen das Leben tobte.
    Ist es als Mutter nicht vielleicht genau das Gleiche? Wobei Andrea sich noch nie, wirklich nie, darüber beschwert hat, nicht genug zu tun zu haben. Mit harten Sachen schmeißt sie auch eher selten, aber ihr Johannes schleppt ja auch die Kohle ran. Dagegen wäre ich mittellos. Nun, dank der potenziellen Abfindung vielleicht nicht ganz mittellos. Bleibt noch die Frage nach einem neuen Job. Ganz unmittelbar. Denn in circa achtundzwanzig Wochen trete ich erst einmal einen Job an, um den ich mich ganz und gar nicht beworben habe. Der mir einfach so in den Schoß gefallen ist. (Ja, die Zweideutigkeit ist an dieser Stelle durchaus beabsichtigt.)
    Was tun Mütter eigentlich den ganzen Tag? Ich muss mich dringend mit dem Anforderungsprofil meines neuen Jobs auseinandersetzen. Nicht, dass ich ihn jetzt noch absagen könnte. Aber zumindest sollte ich wissen, was auf mich zukommen wird. Vielleicht gibt es ja auch eine Weiterbildung zu diesem Thema. »Von der Karrierefrau zur Mutter« oder irgendetwas Ähnliches.
    Ich schnappe mir einen Zettel. Als Überschrift wähle ich: »Mütterliches Tätigkeitsprofil«.
    Dann sitze ich etwas ratlos davor und schreibe erst mal alles auf, was ich von Andrea weiß. Also: Mütter hören auf zu schlafen. Das ist allerdings kein Tätigkeitsprofil, eher ein Defizit, und so erweitere ich die Listenüberschrift um »Dinge, die frau als Mutter nicht mehr tut«.
    Mütter hören auch auf zu duschen und zu putzen. Zumindest vorübergehend. So war es bei Andrea. Aber nach einer gewissen Rekonvaleszenz-Zeit fangen sie mit allem wieder an, schlafen ausgenommen. Das tun gute Mütter anscheinend nicht mehr. Und was noch? Mir werden doch wohl ein paar Aufgaben einfallen, schließlich muss all die schlaflose Zeit ja gefüllt werden.
    Ah, ich erinnere mich: Sie fahren zu Kinderärzten, grübeln über die »Impffragen« nach (genau weiß ich nicht, was das ist), wechseln Windeln, kaufen ein und kochen Ökostandards entsprechende Kinderessen. Kochen kann ich zwar gar nicht, aber diesbezüglich wird mir meine Mutter sicherlich zu Hilfe eilen. Nicht dass sie kochen kann, aber ihr Essen ist zumindest ernährungstechnisch betrachtet sehr wertvoll. Dass es nicht schmeckt, ist eine andere Sache. Vielleicht lassen sich die kindlichen Geschmacksknospen ja auch einfach früh konditionieren und die Bohne wird Hirse-Bohnen-Pampe genauso lieben wie ich Pommes rot-weiß.
    Dann suchen Mütter noch händeringend und sehr ausdauernd nach Krippen- und Kindergartenplätzen. Und sie greinen permanent über die schlechte Kinderbetreuung in Deutschland. So ganz habe ich das bisher allerdings nicht verstanden; ich höre in den Tagesthemen immer nur, welch wunderbare Kita-Plätze geschaffen werden und wie wundervoll alles für junge Familien in Deutschland ist. Aber vielleicht ist mir da bisher auch einfach was entgangen.
    Außerdem schleppen Mütter die Brut zu irgendwelchen frühkindlichen Frühförderungen und treffen sich auf einen Kaffee. Das bekomme ich hin, da brauch ich keine Weiterbildung. Aber dann – und das ist jetzt ganz wichtig – ziehen Mütter samt dem produktionsbegleitenden Personal, auch Väter genannt, in schmucke Eigenheime am Stadtrand. Das scheint ganz besonders wichtig für die kindliche Entwicklung zu sein: Natur und ein hauseigener Garten. Und Platz nicht zu vergessen. Ein Schlaf- und ein separates Spielzimmer müssen drin sein.
    Aus Rücksichtnahme auf meine schwierigen persönlichen Verhältnisse sollte ich diesbezüglich gewisse Abstriche machen. Aber wenigstens ein Schlafzimmer für das Kind muss doch drin sein. Allerdings nicht in dieser Wohnung, so viel steht fest. Ich habe eine offene Küche, die gleichzeitig mein Wohnzimmer ist, und ein Schlafzimmer, das eine Etage höher liegt, ebenfalls offen und über eine hohe Stahltreppe zu erreichen. Die Treppe ist durchaus als lebensgefährlich einzustufen. Zumindest für Menschen unter sechs.
    Seitdem ich hier lebe, hat Andrea mich genau ein Mal mit der Brut besucht. Und dieser Besuch war von höchster Anspannung geprägt, weil eines der Kinder die Treppe rauf- oder runterfallen oder es ihnen gar gelingen könnte, die oberste Etage zu erreichen, um dann den Freiflugschein drei Meter in die Tiefe zu machen. Außer Nein-Sagen haben wir nicht viel getan an diesem Tag. Irgendwann ist Andrea genervt

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