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Nicht die Bohne!

Nicht die Bohne!

Titel: Nicht die Bohne! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristina Steffan
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murmelt er schließlich. »Aber es ist anders ohne Bein. Alles ist anders und erst mal total schwierig. Treppenlaufen zum Beispiel. Du musst lernen, die Balance zu finden, und darfst nicht zu sehr über den Bewegungsablauf nachdenken. Musst wieder neues Vertrauen in deinen Körper fassen. Und die Prothese. Die neue Prothese bremst beim Abwärtsgehen die Bewegung ab. Das fühlt sich jetzt wesentlich besser an, aber es hat lange gedauert, bis ich es raushatte, wie man von oben nach unten kommt. Kannst du das irgendwie nachvollziehen?«
    Ich versuche es mir vorzustellen und nicke.
    »Dann darf ich nie vergessen, die Anziehhilfe mitzunehmen. Gerade wenn es warm ist, passiert es leicht, dass ich aus dem Schaft rutsche. Das ist dieses Ding aus Seide, das in meinem Bad liegt …« Simon sieht mich mit großen Augen an, und ich nicke eifrig. Aha, hat sich jetzt auch der Zweck dieses Dings erklärt.
    »Na ja, was gibt es noch? Man kann sich wund laufen, das ist sehr unangenehm, und ein menschliches Bein wiegt natürlich mehr als so eine Prothese. Das heißt, der ganze Körper kommt erst mal aus dem Gleichgewicht. Daran habe ich mich mittlerweile ganz gut gewöhnt, aber trotzdem merke ich bei ungewohnten Bewegungen, dass ich das alles langsam und bedächtig machen muss. Tja, und Surfen kann ich definitiv nicht mehr.«
    Ich richte mich etwas auf und sehe ihm in die Augen. »Okay, surfen ist raus. Aber Küchen, Fenster, Türen und Häuser bauen geht. Und Liebe machen. Auch sehr gut. Was ist schon Surfen dagegen?«
    An dieser Stelle beschließe ich, dass es sinnvoll sein könnte, ihm noch einmal deutlich zu machen, wie gut er das kann. Also, Liebe machen. Zu diesem Zweck gebe ich mich einem erneuten intensiven Zungenkuss hin und läute kurzerhand die zweite Runde ein.
    Eine wirklich gute zweite Runde, nach der Simon in null Komma nix in den Tiefschlaf fällt. Ich kann es ihm nicht verdenken. Ich bin zwar auch müde, nur mein Kopf ist immer noch intensiv mit Simons Geschichte beschäftigt.
    Der schlafende Mann gibt derweil ein leises Grunzen von sich, und seine rechte Hand wandert zu meinem linken Busen, wo sie liegen bleibt. Es scheint eine magische Anziehungskraft zwischen seinen Händen und meinen Brüsten zu bestehen. Das allerdings kann ich seinen Händen nicht verübeln. Ich finde meine Brüste ja selbst unfassbar toll, auch wenn ich viel Zeit damit verbringe, sie gut zu verpacken. Aber jetzt liegen sie entspannt und befreit von jeglichen Zwängen herum. Simon murmelt etwas, und ich kraule ihm sanft die blonden Locken, an die ich herankomme.
    Es ist schon erschütternd, was Menschen ihren Kindern antun. Einfach nur durch die Tatsache, dass sie so sind, wie sie sind. Leistung und Erfolg gehören in Simons Familie einfach dazu, und es hat ja auch dreimal hervorragend funktioniert, wenn man die Akademikerdichte in dieser Sippe betrachtet. Nur Simon war von Anfang an anders als die anderen.
    Meine Eltern hatten bei der Aufzucht ihrer Brut immer die Einstellung: Hauptsache, das Kind ist glücklich! Ob mit einer Fünf in Erdkunde oder mit Matsch auf der Hose, ihnen ging es mehr darum, dass wir uns einfinden in diese Welt. Ist jetzt mein persönliches Erfolgsstreben eine schlichte Trotzreaktion dieser Einstellung gegenüber? Frei nach dem Motto: Ich will Leistung, und zwar jetzt?
    Was werde ich für eine Mutter sein? Was kann ich der Bohne mitgeben? Und vor allen Dingen: Wie schaffe ich es, dass sie halbwegs normal wird? Fragen über Fragen.
    »Paula«, raunt Simon plötzlich.
    »Hm?«, raune ich zurück.
    »Kannst du auch mal schlafen? Du denkst so laut nach«, murmelt er, scheint aber schon in der nächsten Sekunde wieder auf dem Weg in die nächste REM -Phase zu sein.
    Lächelnd rolle ich mich zur Seite, schmiege mich an den warmen Mann neben mir und schließe die Augen.

Kapitel 27
    Die kommenden Wochen vergehen einfach so. Ich befinde mich in einem Zustand, der irgendwo zwischen tiefer Erschöpfung und seichter Glückseligkeit liegt. Das mit der Glückseligkeit liegt natürlich vor allem an Simon und der Tatsache, dass unser frisches Zusammensein in Friede und Harmonie verläuft. Ein weiterer Grund für das gute Gefühl in mir ist der stetige Baufortschritt in meiner neuen Wohnung. Jeden Abend begutachte ich höchstpersönlich das Tagewerk von Simon und Edgar. Die beiden sind wirklich klasse, und ich bin total baff, dass zwei Kerle in so kurzer Zeit eine komplette Wohnung auf Vordermann bringen können.
    Dazu schreinert Simon

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