Nicht ganz sauber
immer noch den guten alten Besen …«
»Sie meinen, Sie haben keinen Staubsauger?«
»Das sagte ich nicht. Ich habe sogar einen sehr hochwertigen. Aber ich ziehe es vor, wenn Sie fegen, nicht saugen.«
Nun wurde es mir dann doch zu bunt.
»Entschuldigen Sie, aber ich verstehe nicht, warum ich nicht den Staubsauger benutzen darf. Allein schon der Flur hier ist voller Hundehaare. Und wenn ich nur mit dem Besen arbeite und danach alles aufkehren muss, nimmt das sehr viel Zeit in Anspruch. Und bei einer Fünf-Zimmer-Wohnung wie Ihrer sind drei Stunden eh schon knapp bemessen.«
Ich bemühte mich, während des Sprechens selbstbewusst und energisch zu bleiben. Ich hatte das Gefühl, dass man SK nur entgegentreten konnte, wenn man so wenig Schwäche wie möglich zeigte.
»Junge Dame, haben Sie eine Ahnung, wie teuer Staubsaugerbeutel sind?«
Was? Also daher wehte der Wind. Bei SK herrschte Zucht und Ordnung. Auch in ihrem Portemonnaie …
»Also an den Staubsaugerbeuteln soll es nicht scheitern. Ich spendiere gerne eine Packung. Denn sie erleichtern mir die Arbeit ungemein.«
»Wenn Sie auch künftig bei den Beuteln in Eigenleistung gehen, stimme ich in diesem Fall der Nutzung meines Staubsaugers zu.«
Wie gnädig, dachte ich mir.
»Ach, und noch etwas: Unter keinen Umständen putzen Sie in meinem Arbeitszimmer. Das ist die Tür hinter dem Wohnzimmer. Haben Sie das verstanden?«
»Ja«, erwiderte ich.
»Und alle anderen Anweisungen, die ich Ihnen gegeben habe, auch?«
»Das habe ich«, betonte ich mit Nachdruck.
»Gut, dann steht einer erfolgreichen Zusammenarbeit ja nun nichts mehr im Wege …«
Zusammenarbeit? Es versprach mehr eine Art Zwangsarbeit unter strenger Kontrolle zu werden.
Na, ob ich das alles nicht sehr bald bereuen würde, dachte ich mir, während ich nach meiner Unterweisung die Wohnung von SK endlich wieder verlassen konnte.
Etwas Witziges passierte an diesem Abend. Mein Mann und ich waren zu Hause auf der Couch und sahen fern. Es lief Misery. Der Film, in dem die paranoide Krankenschwester den Bestsellerautor bei sich zu Hause gefangen hält und tyrannisiert, ihm am Ende sogar nach dem Leben trachtet.
Vom ersten Augenblick an, als ich Kathy Bates, die Darstellerin, sah, dachte ich sofort an SK. Sie hatten zwar keine große äußere Ähnlichkeit miteinander, aber vom Wesen her glichen sich beide auf erschreckende Weise – zumindest empfand ich das so.
Prompt fing ich beim Gedanken an das nächste Aufeinandertreffen mit ihr an zu frösteln. Besann mich dann aber wieder auf den Film und folgte gebannt der Handlung. Ich fühlte so sehr mit James Caan mit, dem Hauptdarsteller. Vor meinem geistigen Auge sah ich mich im Arbeitszimmer von SK mit gefesselten Armen und Beinen auf einem mit Stacheldraht überzogenen Stuhl sitzen. Wotan, Siegmund und Siegfried standen um mich herum und knurrten mich mit blutunterlaufenen Augen an, während SK mich mit ihrem Staubsaugerschlauch bedrohte.
Das ist alles nur in deinem Kopf, Justyna, das ist alles nur in deinem Kopf …
Dann kam der Tag, an dem ich zum ersten Mal bei SK zum Dienst antreten musste. Ich wollte auf keinen Fall bei ihr in Ungnade fallen, wollte alles besonders gut machen und vor allem nicht zu spät kommen. Gleichzeitig ärgerte ich mich über die Tatsache, auf diese Stelle angewiesen zu sein. Und wäre am liebsten wieder auf halber Strecke umgekehrt. Der Gedanke aber, dass ich dort unbeobachtet und ohne ihre Anwesenheit arbeiten könnte, tröstete mich.
So stand ich ein paar Minuten später, um sieben Uhr neunundzwanzig, vor ihrer Haustür und klingelte. Sie öffnete die Tür und, ich traute meinen Augen nicht, schenkte mir sogar den Hauch eines Lächelns.
»Guten Morgen, Justyna.«
»Guten Morgen, wie geht es Ihnen?«
»Schlechten Menschen geht es immer gut.«
Wie? Humor hatte sie jetzt auf einmal auch?
Ich reagierte auf ihren Kommentar mit einem aufgesetzten Lächeln und betrat die Wohnung. Nachdem sie mir noch kurz gezeigt hatte, wo die Putzutensilien und ihre heilige Kuh, der Staubsauger, waren, verließ sie mit ihrer Aktentasche unter dem Arm die Wohnung.
»Dann bis nächste Woche, Justyna. Seien Sie fleißig und flink.«
Fleißig und flink? Wer bin ich? Aschenputtel?
Fehlte noch, dass sie irgendwo in der Wohnung Linsen auf dem Boden verteilt hatte, mit dem Befehl, die guten ins Töpfchen und die
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