Nicht gekauft hat er schon
den Vertrag einhalten müsse … ob meine Seminare überhaupt ihr Geld wert seien … und so weiter, und so weiter. Mannomann, wenn dieser Typ für mich schon eine Zumutung war, wie furchtbar musste es wohl sein, auf Dauer in dieser Firma angestellt zu sein!
Logisch, mein Respekt schmolz dahin und unweigerlich endete unsere Geschäftsbeziehung nicht mit Friede, Freude, Eierkuchen. Am Ende musste ich einräumen, dass ich mit der gewonnenen Wette am Anfang falsch gelegen hatte. Eigentlich hatte ich die gewonnene Wette haushoch verloren, die Mitarbeiter hatten sie gewonnen. Denn all das, was sie Unangenehmes über ihren Chef sagten, entsprach tatsächlich der Wahrheit. Das waren keine Nörgler, sondern Realisten. Und ich war froh, den Schlussstrich gezogen zu haben.
Wir Verkäufer stehen immer wieder mal vor der Entscheidung, einen Auftrag abzulehnen. Also auch Verkäufer müssen lernen, Nein zu sagen. Ein Freund und Kollege berichtete zum Beispiel von einem Treffen mit einem Finanzdienstleister. Der Kunde hatte ein Training bei ihm gebucht und wollte mit dreißig Mann anrücken. Schon das Briefing zur Eröffnung des Seminars war einigermaßen seltsam. Der Kunde kam zu spät, wollte zwar die klassischen Akquisethemen trainiert haben, aber irgendetwas stimmte nicht. Irgendetwas Seltsames war zwischen den Zeilen zu spüren. Etwas, das nicht ausgesprochen wurde.
Schließlich kam es dann doch zutage: Was dieser Kunde vorhatte, war hart an der Grenze der Legalität. Auf jeden Fall aber weit jenseits der Seriosität. Das Produkt, das da verkauft werden sollte, war äußerst dubios. Alle Provisionsversprechungen und die Renditeberechnungen ergaben auf legalem Wege keinen Sinn. Die Methoden, mit denen der Kunde vorgehen wollte, erinnerten mehr an den Modus Operandi einer Drückerkolonne und weniger an ordentliche Akquise.
Mein Kollege fällte eine Gewissensentscheidung und zog noch während des Briefings die Konsequenzen. Er stand auf und ging. Stattdessen hatte er nun einen Tag frei und nutzte die Zeit, um mit seiner kleinen Tochter in den Zoo zu gehen. Wie der Teufel es will. Derselbe Kunde fragte ein paar Monate später auch bei mir an. Und ich merkte es erst gar nicht. Bis ich meinen Kollegen fragte, ob er den Kunden kenne. Gott sei Dank habe ich ihn gefragt! Und hatte erst einen Tag geleistet und berechnet. Ich brach sofort ab. Und auf das Geld, oh Wunder, durfte ich erstmal warten.
Ohne Hausaufgaben kein Unterricht!
Glauben Sie mir, es ist Balsam für die Seele und gut fürs Ego, wenn sich der Verkäufer auch mal besser fühlt, wenn ein Geschäft nicht zustande gekommen ist.
Auch bei mir gibt es diese Situationen: Da war das Seminar, das ich für einen Kopiererhersteller geben sollte. Zuerst begrüßte mich der Geschäftsführer und gab das Wort an seine Marketingleiterin weiter. Die begann mit dem Satz: »Nun Herr Limbeck, bitte stellen Sie sich erstmal ausführlich vor und erklären Sie uns dann, warum wir Sie überhaupt buchen sollen.«
Wie bitte? Ich: »SIE haben MICH gebucht. Wenn Sie nicht wissen, wer ich bin und was ich mache, und wenn Sie nicht wissen, warum Sie mich gebucht haben, dann haben Sie Ihre Hausaufgaben nicht gemacht. Ohne Hausaufgaben kein Unterricht.« Dann stand ich auf und ging. – Okay, das war ein bisschen schroff und ein bisschen schnell. Aber ich habe da einfach auf meine innere Stimme gehört, die laut aufjaulte, sobald die Tante begonnen hatte, den Mund aufzumachen.
Vor ein paar Jahren habe ich ebenfalls einen Auftrag schon nach dem Vorgespräch abgelehnt. Der Chef wollte, dass ich über seine Mitarbeiter schriftliche Profile und Beurteilungen erstellte. Wer einem Verkaufstrainer nach einem viertägigen Seminar mehr über die Beurteilung seiner Mitarbeiter zutraut als sich selbst, ist ein schwacher Chef. Mit dieser Anfrage hatte er mir nur seine Führungsschwäche offenbart. Ich lehnte also den Auftrag ab – mal ganz ungeachtet dessen, dass es keinesfalls meine Aufgabe ist, die Mitarbeiter meiner Kunden zu beurteilen.
Und wenn Sie jetzt denken, dass der Limbeck mit seiner vollen Windel gut stinken kann, dann haben Sie nur zur Hälfte recht. Klar, ich muss es mir erstmal leisten können Aufträge abzulehnen. Aber trotzdem steckt in so einem Verzicht auch Größe. Größe, die du dir erstmal erarbeitet haben musst.
Jäger und Sammler
Nicht jeder gute Verkäufer führt immer jede Polonaise an. Die typischen extrovertierten Verkäufer sind Jäger. Aber es gibt auch die
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