Nicht lecker, aber Weltrekord
sitzen oder gehen Teenager umher und schütten dabei Hormone, Unsicherheit oder Grausamkeit aus. Schlimm genug sind schon jene, die einfach die paar Jahre in dunklen Straßenecken abwarten, bis die Mitesser nicht mehr sprießen, das Haar nicht minütlich nachfettet und die sekundären Geschlechtsmerkmale sich auf ein Level eingependelt haben. Doch mit denen komme ich klar, solange sie sich nicht bewegen oder in Gruppen auftreten.
Anders ist es mit denen, die sich gegen die stillschweigend hinzunehmende Metamorphose wehren. Zu schnell gewachsene Schlauberger, die meinen, es wäre schon in diesem Stadium wichtig, dass ihre Umwelt weiß, ob sie Junge oder Mädchen sind.
Die heranwachsenden Weibchen haben es meist darauf abgesehen, mich visuell fertig zu machen. Es ist ja nicht so, als wäre unser Volk für eleganten Kleidungsstil oder Geschmackssicherheit auf irgendeinem Gebiet bekannt, aber junge Mädchen treiben es mit ihrer textilen Rebellion eindeutig zu weit. Ich spreche hier nicht von individuellem Geschmack oder zu ertragender Mode.Ich rede von den zwei Grundprinzipien, mit denen Fünfzehnjährige versuchen, mir das Augenlicht zu rauben. Sie nutzen die Urkraft der Elemente, entscheiden sich in ihrer Ausdrucksform aber nur für Wasser oder Luft, da es ihnen an Erdung und Feuer fehlt.
Der Aqua-Look resultiert aus einer einfachen pubertären Feststellung: »Wenn ich schon nicht frei von Bauch bin, trage ich eben bauchfrei. Gerade im Winter.« Um noch mehr einer an Land gespülten, aufgedunsenen Forelle zu gleichen, lassen sich diese Mädels ein angelhakengleiches Lippen-Piercing pro Pickel machen und öffnen bei jeder Gelegenheit ihre dummen Mäuler, um Luftblasen auszustoßen. Komplettiert wird der maritime Möchtegern-Look durch quer gestreifte T-Shirts und Fischnetzstrumpfhosen über Quallenschenkeln.
Vor Luft-Mädchen habe ich aber fast noch mehr Angst. Sie sehen aus, wie gerade aus dem Nest gefallen und gelangen daher wohl auch zu dem Trugschluss, sie seien Elstern. Sie essen pro Tag drei Körner und stecken sich alles an, was glitzert, um so von ihrem durch Mangelernährung porösen Haar abzulenken. Während es zu meiner Zeit noch ehrliche, testosteronisierte Magersüchtige gab, die den unvermeidlichen Wangenflaum sprießen ließen und igelnasengroße Tittchen als Erkennungszeichen für Krankheit wie Orden vor sich hertrugen, sind die heutigen Mädchen damit beschäftigt, auch unter 35 Kilo Lebendgewicht als erotisch wahrgenommen werden zu wollen. Durch das, was sie an Lebensmitteln einsparen, leisten sie sich im Alter von achtzehn eine Brustvergrößerung und schwänzen die Schule nur,um an Haarentwachsungsstationen noch zwei Pfund überflüssiges Gewicht in einer halben Stunde abzunehmen. Dann bekommen sie bei ihrem ersten Bewerbungsgespräch einen Nervenzusammenbruch, weil spontanes ungestütztes Übergeben nicht als Soft-Skill gilt.
Daraufhin bleibt ihnen beruflich nichts weiter übrig, als Topmodel zu werden. Eine schreckliche Entwicklung, und ich muss dabei immer zuschauen.
Natürlich sind auch die Jungs keinen Deut besser. Da wo ich wohne, werden sie mühsam durch Haar-Gel zusammengehalten. Dieses wird offenbar vom Körper abgebaut, indem es durch die Nase wieder ausgeschieden wird. Mächtige Schleimspuren ziehen die kleinen Macker hinter sich her, wenn sie in dösiger Lahmarschigkeit auf den Kölner Boulevards flanieren, immer schön in der Bürgersteigmitte. Falls ein Exemplar von ihnen von Natur (oder Fitnessstudio) aus nicht breit genug sein sollte, um den gesamten Fußgängerweg zu blockieren, hebt die männliche Menschenquappe seine Schwingen zu beiden Seiten an, um Größe zu imitieren. Vielleicht ist dem einen oder anderen diese Drohhaltung als »Brennnessel-Deo« bekannt. Die Oberarme bloß nicht an den Körper kommen lassen, sonst pickst es wieder. Groß ist die Versuchung, einfach mal auf einen solch dahinkriechenden Jungen draufzutreten, aber als vernunftbegabter Mensch weiß man ja, dass der Schleim nie wieder von den Schuhen abgeht. Die Geschäftsleute in der Gegend haben sich der Problematik wie echte Gärtner gestellt und wissen: Schnecken tötet man mit Bier. Die Komasaufpartys laufen also hervorragend, aber alle werdensie auf diese Weise nie erledigen, manche müssen sie am Leben lassen, damit sie sich vermehren und das ökologische Gleichgewicht erhalten können.
Ich kann also nicht davon ausgehen, dass sich das Teenagerproblem von alleine löst. Sie werden immer da sein, und
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