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Nicht mehr tun, was andere wollen

Nicht mehr tun, was andere wollen

Titel: Nicht mehr tun, was andere wollen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henrik Fexeus
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bzw. bei denen eine » neutrale« Assistentin anwesend war (sprich, eine nicht so hübsche ). Und das, obwohl die abgelenkte Gruppe sich tatsächlich weniger an den Inhalt der Rede erinnern konnte!
    Zimbardo dachte, wenn so ein bisschen Ablenkung schon so leicht eine Änderung der Meinung hervorrufen kann, was kann man da erst durch große, starke Ablenkungen bewirken? Aber es kommt in der Tat nicht auf die Art der Ablenkung oder ihre Stärke an, sondern auf die Assoziationen und Reaktionen, die das ablenkende Element (hier die sexy Assistentin) bei den Zuhörern weckt. Und diese Reaktion färbt dann auf Ihre Einstellung zu dem ab, was Sie hören, und bewirkt, dass Sie mehr oder weniger wohlwollend eingestellt sind. (Dann hilft es natürlich auch, wenn Sie sich nicht richtig auf das konzentrieren, was gesagt wird, dann erinnern Sie sich hinterher eher an das, was Sie erlebt haben, als an das, was der Redner gesagt hat.)
    Zimbardo fragte sich, wie wir durch innere statt äußerliche Ablenkungen beeinflusst werden können, also durch Gefühle wie Sorge, Ekel, Liebe, Leidenschaft. Konnten solche Gefühle einen Menschen auch beeinflussen? Aber genau diese Art von Beeinflussung erzielte Zimbardo ja bei seinen Zuhörern. Was ihre Gefühle weckte, war ein äußerer Stimulus oder eine Ablenkung (die Assistentin ). Was sie aber letztlich dazu brachte, sich den Ausführungen des Redners anzuschließen, war die Tatsache, dass ihnen die Hormone durch den Körper fluteten und ein herrliches Gefühl hinterließen.
    Mittagessen
    Der Forscher Gregory Razran entdeckte, dass wir die Menschen und Dinge, die wir beim Essen zu sehen bekommen und erleben, lieber mögen. Psychologen sprechen von » übertragenen Gefühlen«. Razran nannte es die » Lunch-Technik«. Eigentlich geht es um Pawlows Hunde. Pawlow ließ über einen längeren Zeitraum immer kurz vor der Fütterung seiner Wauwis eine Glocke läuten. Wenn die Hunde diese Glocke hörten, begannen sie schon automatisch zu sabbern. Razran war klar, dass wir noch andere Assoziationen zum Essen haben als speicheln.
    (Also, ich für meinen Teil kann ganz ungeheuer ins Sabbern kommen, aber ich habe gehört, dass es Leute gibt, die immer nur ein klein wenig mehr speicheln. Ich weiß nicht, wie’s Ihnen da geht, aber ist im Grunde auch egal.) Eine normale Reaktion auf Essen kann natürlich auch auf etwas übertragen werden, und zwar durch eine starke, direkte Assoziation. So eine Verbindung wird hergestellt, wenn Sie mich zum Beispiel zum Essen einladen, während Sie mir gleichzeitig den neuen Budgetplan unterbreiten wollen. Aber es ist wichtig, dass Sie mit Ihrem Vorschlag warten, bis Sie selbst auch selbst dieses warme, wohlige Gefühl in sich spüren, wie es nur ein leckeres Essen hervorrufen kann. Sonst geht es Ihnen nämlich wie dem Verlag Natur&Kultur.
    Vor einer Weile war ich auf einer großen Werbeveranstaltung der Buchbranche. Da versammelten sich alle möglichen Verlagsvertreter, Verleger, Autoren, Buchhändler, Bibliothekare und Groupies zu einem netten Treffen. Es war ein langer, sehr intensiver Tag gewesen, und als wir endlich in den Speisesaal kamen, setzte sich ein ausgehungerter, vielhundertköpfiger chinesischer Drache zu Tisch. Direkt bevor das Essen aufgetragen wurde, stand ein Vertreter von Natur&Kultur auf. Dieser Verlag hatte gerade ein Kochbuch mit einem Fernsehkoch veröffentlicht, und als kleinen Marketing-Gag hatten sie ihn als Koch für das abendliche Menü gewinnen können. Schlau. Nun redete Natur&Kultur ein paar Minuten über das Buch und über den Koch, der auch selbst anwesend war und detailliert erklärte, was auf den Tellern liegen würde, die gleich serviert werden sollten. Schön. Gute Idee. Gregory Razran hätte bis über beide Ohren gegrinst. Wenn dem Verlag nur nicht ein kleines, entscheidendes Detail entgangen wäre: Sie versuchten den Promikoch und sein Buch einem Publikum zu verkaufen, das völlig ausgehungert war. Und in diesem Zustand hegt man äußerst wenig behagliche Gefühle. Vielmehr saßen da unzählige knurrende Mägen, die sich nur wünschten, dass die da vorne endlich mal aufhören zu quatschen, und wo zum Teufel bleibt eigentlich das Essen? Wenn sie nur zehn Minuten abgewartet hätten, bis der Drache den ersten Hunger gestillt hätte, dann wären die Leute von Natur&Kultur die Helden des Abends gewesen, denn dann wäre das beherrschende Gefühl behagliche Sattheit und Wohlwollen gewesen. Doch das Buch des Promikochs, das sonst sicher

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