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Nicht mehr tun, was andere wollen

Nicht mehr tun, was andere wollen

Titel: Nicht mehr tun, was andere wollen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henrik Fexeus
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ganzen Nation zerstören, wenn ihm nicht Einhalt geboten würde. Die spezielle Lösung für dieses Problem und die wachsende Angst lag dann in der Unterstützung der nationalsozialistischen Partei, also waren die Dinge ganz einfach– man musste bei den Wahlen nur für den richtigen Kandidaten stimmen.
    » Einfach« ist dabei ein ganz wichtiger Schlüsselbegriff. Wenn ich will, dass Sie etwas Bestimmtes tun, indem ich Ihnen zuerst Angst einjage, dann reicht es nicht, Ihnen zu sagen, was Sie gegen die Bedrohung tun können. Es muss leicht zu bewerkstelligen sein, aber vor allem muss ich Ihnen auch sagen, wie Sie es machen sollen. Jedes Jahr gegen Ende des Sommers lancieren die Regierung und das Gesundheitsinstitut in Schweden eine Informationskampagne. Die Kampagne fordert die Bürger auf, sich auf eine immer weiter verbreitete Geschlechtskrankheit, die Chlamydien-Infektion, testen zu lassen.

    Ein Plakat der Kampagne des schwedischen Gesundheitsamtes: » Ohne Chlamydien ist es schöner.«
    Das ist eine Krankheit, die ziemlich lange » unsichtbar« bleiben kann. Sie müssen gar nicht merken, dass Sie sie haben, und können sie daher leicht an andere weitergeben. Die Kampagne geht alle Schritte durch, die ich Ihnen oben beschrieben habe, um die Angst des Lesers zu nutzen.
    Der erste Schritt besteht darin, Ihre Aufmerksamkeit mit einem etwas kecken, aber interessanten Bild zu fesseln sowie der warnenden Überschrift: » Ohne Chlamydien ist es schöner.« Dann wird der morgendlich müde Pendler aufgeschreckt, indem man ihm erklärt, dass er oder sie, ja, Sie, Chlamydien haben könnten, ohne es zu wissen. Man sieht sie nicht, man spürt sie nicht, und wenn Sie es merken, ist es zu spät. Sie könnten schon auf dem besten Wege zur Unfruchtbarkeit sein. In diesem Moment hat die Anzeige Ihre Aufmerksamkeit gefesselt. Der nächste Schritt besteht darin, Ihnen zu erklären, wie einfach es ist, etwas dagegen zu unternehmen: Sie müssen einfach nur den Test machen lassen, und die anderen kümmern sich um den Rest. Schön. Das waren die vier Schritte– fast. Was die Kampagne nicht ganz so gut gemacht hat, war das Fehlen eines Hinweises, wie man sich testen lässt. Am besten hätte man eine Telefonnummer oder eine Adresse direkt auf die Anzeige gedruckt, doch da je nach Wohnort ein anderes Gesundheitsamt zuständig ist, wird stattdessen auf eine Homepage mit entsprechenden Informationen verwiesen. Nicht so gut, denn der Schreck müsste dann schon so tief sitzen, dass man sich nicht nur sofort testen lassen will, sondern auch bereit ist, vorher noch im Internet zu surfen. Das macht Ihnen den vierten Schritt etwas beschwerlicher. Um das auszugleichen, hat die Regierung den jährlichen » Chlamydienmontag« eingeführt, eigentlich nicht mehr als ein Datum, an dem man ohne Voranmeldung zum Gesundheitsamt gehen und sich testen lassen kann. Doch bereits ein Datum macht die Lösung schon wieder ein bisschen konkreter und daher psychologisch leichter durchführbar. Und das funktioniert auch. Mehr als 20Prozent der Personen, die sich seit Einführung dieses Tages haben testen lassen, gaben an, sie hätten sich nicht testen lassen, wenn nicht gerade » Chlamydienmontag« gewesen wäre.
    Ein anderes Beispiel für eine bekannte Kampagne, die Ihre Angst ausnutzt und eine Lösung anbietet, ist der Werbespot für das Zahnbleachingmittel Denivit. Der Spot handelt von vorn bis hinten von sozialer Angst, er zeigt Menschen, die sich die Hand vor den Mund halten und sich nicht trauen, anderen ihre Zähne zu zeigen– aber nachdem sie Denivit benutzt haben, trauen sie sich schließlich doch. Natürlich kann man die Sorgen und Ängste der Leute benutzen, um Mitglieder für rechtsextreme Parteien zu werben. Aber man kann damit auch ganz einfach Balconette-BHs verkaufen oder Boxershorts mit » Extra-Stütze«. Bevor wir also losrennen und uns das nächste Produkt besorgen, das unsere Schönheitsfehler kaschiert, oder noch einen Luftschutzkeller bauen lassen– oder uns gar der NPD anschließen–, könnte es sich lohnen, mal kurz innezuhalten und sich zu fragen, wie berechtigt unsere Ängste eigentlich sind. Sollen Sie sie fühlen? Hat jemand einen Nutzen davon, dass Sie sich so fühlen– gibt es vielleicht jemand, der will, dass Sie sich so fühlen? Hmm?
    Wie Sie sehen, können Sie sich auf fast alles einlassen, wenn es nur Ihr Gefühl von Angst und Unbehagen mindert. Es gibt jedoch ein noch effektiveres Gefühl, mit dem ich die Rationalisierungsfalle

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