Nicht mehr tun, was andere wollen
bestücken kann. Nämlich Schuldgefühle.
Schuldgefühle
Sie müssen den Leuten in die Augen gucken und ihnen Schuldgefühle machen.
Die Antwort der 13-jährigen Pfadfinderin Elizabeth Brinton auf die Frage, wie es ihr gelungen ist, 1 1 200 Schachteln Kekse an der Haustür zu verkaufen.
Man hat Sie eingeladen, bei einer Studie zu Reaktionszeiten mitzumachen. Ihre Aufgabe besteht darin, die Buchstaben, die eine andere Person sagt, auf einem Computer mitzuschreiben. Kurz bevor es losgeht, warnt Sie der Forschungsassistent: » Kommen Sie bitte nicht auf die ALT-Taste, dann werden nämlich sämtliche Daten gelöscht.« Sie fangen an. Nach ein paar Minuten erstarren Sie plötzlich vor Schreck: Das Programm hat sich aufgehängt und scheint nicht mehr zu funktionieren. Der Forschungsassistent zeigt sich sehr bekümmert und beschuldigt Sie, die ALT-Taste gedrückt zu haben, obwohl das gar nicht den Tatsachen entspricht. Sie wissen, dass es nicht stimmt, und sagen das auch. Der Forscher drückt ein bisschen auf der Tastatur herum, stellt fest, dass die Daten tatsächlich verschwunden sind, und fragt Sie noch einmal: » Haben Sie auf ALT gedrückt?« Dann werden Sie gebeten, ein handgeschriebenes Bekenntnis zu unterschreiben, mit dem Wortlaut: » Ich habe auf die ALT-Taste gedrückt, so dass sich das Programm aufgehängt hat. Alle Daten sind verloren gegangen.« Man teilt Ihnen mit, dass der Verantwortliche für dieses Experiment sich telefonisch bei Ihnen melden wird. Würden Sie unterschreiben und zugeben, dass Sie die ALT-Taste gedrückt haben, obwohl Sie sicher wissen, dass dem nicht so war?
Nein?
Dieses Experiment wurde mit Universitätsstudenten durchgeführt, um festzustellen, ob man jemand dazu bringen könnte, ein Verbrechen zuzugeben, das er nicht begangen hatte, nur weil man seine Schuldgefühle ausnutzte (das Programm war selbstverständlich so konzipiert, dass es sich nach einer Minute selbst aufhängte ). Und tatsächlich bekam man unterschriebene Schuldbekenntnisse. Doch nicht von drei oder fünf oder zehn Prozent der Teilnehmer. Nein, ganze 69Prozent unterschrieben! Und damit nicht genug– 28Prozent erzählten einem anderen Studenten später, sie hätten auf eine falsche Taste gedrückt und damit das ganze Experiment verdorben. Sie glaubten also selbst, dass sie dieses » Verbrechen« wirklich begangen hatten, und manche erzählten sogar genau, wie es dazu gekommen war.
Obwohl sie von Anfang an gewusst hatten, dass sie unschuldig waren.
Das Gefühl von Schuld– mag es nun berechtigt oder unberechtigt sein– führt dazu, dass wir nachgiebiger werden. Und dann kaufen wir nicht nur zynischen 13-Jährigen Kekse ab. Schuldgefühle lassen uns auch Vergehen zugeben, die wir gar nicht begangen haben. Im oben beschriebenen Experiment entdeckte man, dass sich die Zahl der Geständnisse dramatisch erhöhen ließ, wenn man falsche Beweise ins Spiel brachte. In diesem Fall wurde einfach behauptet, der vorlesende Teilnehmer habe genau gesehen, wie der Student die ALT-Taste drückte.
Diese Art von Taktik ist nicht auf psychologische Experimente begrenzt. Sie ist z. B. eine beliebte Strategie von Polizisten weltweit, wenn sie einen Verdächtigen verhören. Man behauptet einfach, Beweise zu haben, die man gar nicht hat, Beweise, die angeblich ganz deutlich für die Schuld der fraglichen Person sprechen. Auf den ersten Blick mag es aussehen, als wäre diese Taktik gut geeignet, einem echten Täter ein Geständnis zu entlocken. Aber ganz so ungefährlich ist sie eben nicht. Wie Sie gerade gesehen haben, können Schuldgefühle, auch wenn sie auf Grund falscher Prämissen geweckt wurden, dazu führen, dass Sie dem Wunsch nachgeben, ein Verbrechen zu gestehen, das Sie nie begangen haben. Das gilt für Experimente mit gefährlichen ALT-Tasten genauso wie für polizeiliche Vernehmungen.
Fragen Sie mal Brad Page aus Oakland, USA. 1984 geht er mit seiner Freundin Bibi im Park joggen, als sie plötzlich verschwindet. Eine Dreiviertelstunde lang sucht Brad zusammen mit einem Freund nach ihr, bevor er heimfährt, in der Annahme, Bibi müsse den Bus nach Hause genommen haben. (Sie hatten sich nämlich vorher auch ein bisschen gestritten.) Fünf Wochen später wird Bibis Leiche entdeckt. Die Polizei kommt zu dem Schluss, dass Brad es getan hat, obwohl Augenzeugen jemand gesehen haben, der eine Frau, die Bibi ähnelte, in einen Lieferwagen zerrte und der obendrein so aussah wie ein Serienmörder, der in der Gegend sein Unwesen
Weitere Kostenlose Bücher