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Nicht mehr tun, was andere wollen

Nicht mehr tun, was andere wollen

Titel: Nicht mehr tun, was andere wollen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henrik Fexeus
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Deutschland dachte man, dass sie nur als Viehfutter taugten, und die russischen Bauern hielten sie sogar für giftig. Doch dieser unverdient schlechte Ruf änderte sich, als Katharina die Große von Russland befahl, Zäune um die Kartoffeläcker zu bauen. Auf den Zäunen ließ sie Schilder anbringen, auf denen aufs Schärfste vor Diebstahl gewarnt wurde. Plötzlich waren Kartoffeln nur noch schwer zu bekommen. Natürlich dauerte es nicht lange, bis Kartoffeln im ganzen Land auf dem Tisch standen. Der Rest ist Geschichte.
    Wenn ich die (mangelnde) Verfügbarkeit ausnutzen will, um Sie dazu zu bringen, dass Sie etwas haben wollen, will ich natürlich nicht, dass ein echter Mangel herrscht, so dass Sie das betreffende Produkt tatsächlich gar nicht mehr bekommen können. Deswegen lasse ich einfach nur durchschimmern, dass es demnächst einen Mangel geben wird, dass die Ware bald ausverkauft ist oder es nur eine begrenzte Auflage gibt. Das ist auch der Grund, warum z. B. fast jede DVD mit der Aufschrift » Limited Edition« versehen ist und jeder Disneyfilm » nur für begrenzte Zeit« gezeigt wird. Oder » nur im Kino«. Hand aufs Herz, haben Sie schon mal eine DVD von einem der Fluch-der-Karibik -Filme gesehen, der nicht als » Limited Edition«, » Special Edition« oder » Collector’s Edition« gekennzeichnet war? » Limited« (oder zu Neudeutsch auch » limitiert«) bedeutet, dass die Auflage eine bestimmte Obergrenze hat. Doch wundern Sie sich nicht, wenn diese Obergrenze bei 50 0 000Stück liegt. Und die » begrenzte Zeit« lag bei Disney von vornherein bei sieben Jahren. Und wie wir alle wissen, bedeutet » nur im Kino« nichts anderes als » nur im Kino, bis der Film eben auf DVD rauskommt und zum Schluss im Fernsehen«. Nicht so wirklich begrenzt, wenn man ganz ehrlich sein soll. Doch diese Formulierungen werden nicht ohne Grund verwendet. Sie bewegen uns zum Handeln– und zwar schnell. Allein der Gedanke, dass wir etwas verlieren könnten, spielt eine große Rolle, wenn wir Entscheidungen treffen.
    Wie Sie sich aus dem Kapitel mit den kognitiven Illusionen erinnern werden, sind wir bereit, sehr viel mehr zu riskieren, um einen Verlust zu vermeiden, als um etwas zu gewinnen. Ein eventueller Verlust motiviert uns mehr als ein eventueller Gewinn. Wir denken so: Wir glauben zu wissen, dass Dinge, die man nur schwer bekommt, oft besser sind als diejenigen, die man leicht bekommt. Wir führen das darauf zurück, dass Gutes eben attraktiver ist, so dass auch mehr Leute es haben wollen, und solange es kein unbegrenztes Angebot gibt, bedeutet das auch, dass sie oft schwerer zu bekommen sind, weil die Nachfrage so viel größer ist. Auf Grund dessen ist die Verfügbarkeit oft ein rascher und korrekter Maßstab für die Qualität einer Ware. Das ist eine effektive Faustregel. Wenn wir sie befolgen, haben wir meistens recht. Außerdem gibt es noch einen weiteren Aspekt: Wenn unsere Möglichkeiten, irgendetwas zu tun, eingeschränkt werden, verlieren wir einen Teil unserer Freiheit, und wir hassen es, Freiheiten zu verlieren, die wir schon hatten. Wenn wir merken, dass sie auf dem Spiel steht, tun wir fast alles, um das Gefühl zurückzugewinnen, dass wir selbstständig sind und die Dinge im Griff haben.
    Das Keksexperiment hat tatsächlich so stattgefunden. Es zeigte auch noch weitere interessante Dinge, z. B. dass Produkte bedeutend attraktiver werden, wenn plötzlich eine Mangelsituation eintritt, als wenn von vornherein Knappheit geherrscht hat. Deswegen ist Katharinas Kartoffelstrategie auch so gut aufgegangen. Deswegen stieg die Zahl der Touristen, die nach China reisten, so rekordverdächtig an, sobald feststand, dass die Olympischen Spiele dort stattfinden würden. Die Leute unternahmen Wallfahrten nach Peking, um es noch einmal so zu sehen, » wie es war«, bevor die kulturelle Identität des Landes für immer hinter den Umbauten für die Spiele verschwand. Ich kenne selbst Leute, die sonst wohl niemals nach China gefahren wären, es vor ein paar Jahren aber trotzdem taten. Bevor sie die Freiheit verloren, es tun zu können. Genauso müsste man bloß in der Presse verlautbaren, dass der Kaknästornet in drei Monaten abgerissen werden soll, dann würden die Leute nur so hinpilgern. (Nach drei Monaten kann man die Ankündigung ja zurückziehen und erklären, dass man es sich anders überlegt hat.)
    Wenn etwas, z. B. ein Keks, auf Grund der Konkurrenz schwer zu bekommen ist, wird dieser Keks begehrenswerter, als

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