Nicht ohne Risiko (German Edition)
und er trug eine kakifarbene Hose und ein weißes Polohemd.
Emily fiel auf, dass sie selten etwas anderes an Jim gesehen hatte als Jeans und T-Shirt. Oder schlabbrige Shorts in Tarnfarben, wenn es zu warm für lange Hosen war. Ab und an trug er auch einen Anzug, wenn es sein musste. Natürlich war er jetzt als verdeckter Ermittler im Einsatz, hatte sich also für Kleidung entschieden, von der er glaubte, dass ihr Bruder sie tragen würde. Und das hatte er sogar ziemlich gut getroffen – wenn man davon absah, dass Danny in seinen Dockers niemals so gut aussehen würde.
Jim nahm sich eine Sporttasche von der Schulter und stellte sie neben die Reisetasche auf den Boden, bevor er sich Emily zuwandte. Ehe sie begriff, was er vorhatte, schloss er sie in die Arme.
„Lange nicht gesehen“, sagte er und drückte sie fest an sich.
Verdammt, sie roch gut. Sie benutzte immer noch die gleiche süß duftende Seife fürs Gesicht, dasselbe Shampoo für ihr Haar, kein Parfum. Sie roch immer noch jung und frisch und schmerzhaft lieblich. Hastig ließ Jim sie los.
In dem Versuch, zu kaschieren, wie sehr er aus dem Gleichgewichtgebracht war, wandte er sich an die Blonde und zwang sich zu einem Lächeln. „Hallo. Ich bin Dan Marshall, Emilys Bruder.“
Die Blonde streckte ihm die Hand entgegen. „Ich bin Carly Wilson, eine Nachbarin.“
„Wer möchte einen Eistee?“, fragte Emily, und Carly lotste Jim ins Wohnzimmer.
Er nahm auf der blass geblümten Couch Platz. Emilys Wohnung war klein, kleiner, als erwartet. Offensichtlich wurde sie nicht von Alexander Delmore ausgehalten. Die Erkenntnis hatte etwas Befreiendes. Jim war erleichtert, obwohl es dafür eigentlich keinen Grund gab. Irgendwie tickte er nicht ganz richtig. Er hatte nicht den geringsten Grund, eifersüchtig auf Delmore zu sein, und er konnte erst recht keine Besitzansprüche auf Emily erheben. Ihre Affäre lag sieben Jahre zurück – eine Ewigkeit.
Während Carly ihn in allen Einzelheiten damit vertraut machte, wann und wie sie Emily kennengelernt hatte, sah Jim sich in der Wohnung um, die in den nächsten paar Wochen sein Zuhause sein sollte.
An den weiß gestrichenen Wänden hingen mehrere gerahmte Bilder, ausschließlich Fotos. Zwei zeigten das Meer, eines ein älteres Paar auf der Veranda eines Hauses, und das dritte war eine von der Mondoberfläche aus geschossene Aufnahme der Erde.
An der Wand gegenüber der Couch stand ein TV-Regal mit einem kleinen billigen Fernseher und einer Stereoanlage, an einer anderen Wand ein Bücherregal. Ein Rattan-Couchtischchen mit Glasplatte und ein einzelner Schaukelstuhl vervollständigten den gemütlichen Wohnzimmerbereich. In einer Ecke des Zimmers stand ein kleiner runder Esstisch mit zwei Stühlen vor einer Glasschiebewand, die vermutlich in die Küche führte. Jim konnte Emily hinter der Tür hören: Eiswürfelfielen klirrend in Gläser, die Kühlschranktür wurde geöffnet und wieder geschlossen.
Plötzlich wurde ihm bewusst, dass Carly ihm eine Frage gestellt hatte. Sie sah ihn erwartungsvoll an. „Tut mir leid, ich habe nicht richtig zugehört“, gestand er.
„Bestimmt der Jetlag“, sagte sie mitfühlend. „Woher kommen Sie?“
„Colorado. Denver.“ Eine Lüge.
„Wissen Sie, die Familienähnlichkeit ist wirklich verblüffend“, meinte Carly. „Man sieht es an den Augen. Keine Frage: Sie und Emily sind eindeutig Geschwister.“
Jim schaute auf, als Emily mit einem Tablett und drei gefüllten Gläsern ins Wohnzimmer zurückkam. Sie stellte das Tablett auf den Couchtisch und reichte ihm eines der Gläser. Dabei berührten sich leicht ihre Finger, aber sie schien das nicht zu bemerken. Ihm stockte der Atem bei der leichten Berührung, aber sie blinzelte nicht einmal.
Sie bot auch Carly ein Glas an, aber die Blonde schüttelte den Kopf und erhob sich. „Ich gehe jetzt lieber“, sagte sie. „Ihr beide habt euch sicher eine Menge zu erzählen.
„Oh, nicht doch“, protestierte Emily. „Bleib ruhig da.“
„Nein, nein“, erwiderte Carly. „Ich störe im Moment nur.“ Sie lächelte Jim an. „Außerdem ist dein Bruder müde. Morgen ist auch noch ein Tag. Ich warte lieber, bis er sich ein bisschen ausgeruht hat.“
Jim hätte sich am liebsten Emilys Protest angeschlossen. Es fiel ihm leichter, die Situation zu meistern, solange die Nachbarin da war. Dann waren er und Emily nicht allein in dieser kleinen Wohnung. Und sie mussten einander weder anschauen noch miteinander reden.
Aber natürlich
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