Nicht schon wieder ein Vampir! (German Edition)
war strahlend blau, und es war kein einziges Wölkchen zu sehen. Von den Dieselabgasen der Busse abgesehen, die ab und zu an mir vorbeifuhren, roch die Luft frisch und sauber. Ich dachte lange darüber nach, ob ich mir im nahe gelegenen Buchladen ein paar Taschenbücher kaufen sollte, um es mir mit meinem Mokka irgendwo gemütlich zu machen und den Nachmittag lesenderweise in der Sonne zu verbringen.
Ich ließ es jedoch bleiben und schlenderte durch das Hotel, wobei ich in schönster James-Bond-Manier darauf achtete, dass mich niemand verfolgte, bevor ich in die dunkle, muffige Tiefgarage ging und auf die Rückbank von Sebastians Wagen kletterte. Der Geruch von Benzin und Autoabgasen hing mir in der Nase, und die Neonröhren unter der niedrigen Decke flimmerten und surrten. Ich stellte meinen Kaffee vorsichtig auf dem Boden ab und schloss die Augen. Ich wollte mich nur einen Moment ausruhen. Nur ein paar Minuten abschalten.
Rund um die Uhr auf den Beinen zu sein ist wirklich nicht mein Ding, dachte ich noch, als ich einschlief.
Sebastian weckte mich, indem er mich sanft schüttelte. Auf dem Sitzpolster unter meiner Wange war ein feuchter Speichelfleck, und an dem kribbeligen, halb tauben Gefühl am ganzen Körper merkte ich sofort, dass ich zu lange in unbequemer Position geschlafen hatte.
»Hmpf«, sagte ich, richtete mich langsam auf und griff zu meinem kalten Mokka. Ich nahm einen vorsichtigen Schluck und fand ihn ziemlich erträglich. Das mochte ich so an süßem Kaffee: Selbst Stunden nach der Zubereitung schmeckte er noch passabel.
Sebastian setzte sich neben mich, ging hinter dem Sitz in Deckung und bedeutete mir, das Gleiche zu tun. »Da kommt jemand«, raunte er mir zu.
»Deshalb hast du mich geweckt? Wäre es nicht sicherer, wenn wir noch schliefen?«
»Pssst!«
Nun hörte ich die Schritte auch und dachte sofort an die Vatikan-Agenten, obwohl ich zuerst gar nicht wusste, warum. Dann wurde es mir schlagartig klar: Es gab keine anderen Geräusche. Kein fröhliches »Wie war dein Tag, Schatz?« am Handy, kein Herumkramen nach Schlüsseln und kein Piepen, das signalisiert hätte, dass die Türen eines Wagens entriegelt wurden. Es gab überhaupt keine Autos in unserer Nähe. Wer auch immer in diesen Bereich der Tiefgarage kam, er kam unseretwegen.
Die Schritte wurden langsamer, dann war plötzlich nichts mehr zu hören. Ich sah Sebastian an, der aus dem Fenster über meinem Kopf starrte.
»Ich will, dass du im Wagen bleibst«, sagte er leise.
Eine nette, ritterliche Geste, die völlig fehl am Platz war. Ich ergriff seine Hand. »Ich will nicht, dass du noch mal verletzt wirst«, widersprach ich. »Ich werde aussteigen, und währenddessen stellst du dich tot. Zieh den Kopf ein und bleib in Deckung, verstanden?«
»Nein, Garnet«, erwiderte er, und ich rechnete schon mit einem sexistischen Hinweis auf den männlichen Beschützerinstinkt, doch stattdessen sagte er nur: »Ich brauche das Blut.«
»Oh«, machte ich und ließ seine Hand los. »Okay, du zuerst!«
Sebastian öffnete die Tür, war mit einem Satz aus dem Wagen und sprang wie ein Panther auf das Dach. Zumindest nahm ich an, dass er das tat, denn ich konnte ihn nirgendwo sehen, als ich vorsichtig aus dem Fenster spähte. Ich sah allerdings Mátyás einige Meter vor dem Wagen stehen. Er hatte die Arme vor der Brust verschränkt und blickte missbilligend auf das Autodach. Er war allein. Ich schaute mich um, doch Verstärkung in Form von Mönchen mit Maschinengewehren war nirgends zu sehen.
»Sehr dramatisch, Papa«, hörte ich Mátyás sarkastisch sagen. »Verwandelst du dich jetzt etwa in eine Fledermaus?«
Ich war im Begriff auszusteigen, als Sebastian sich auf seinen Sohn stürzte.
Er sprang mit einem großen Satz vom Wagen und streifte dabei meinen Kopf. Obwohl ich mich sofort duckte, schien ich ihn behindert zu haben, denn er stieß alles andere als anmutig mit Mátyás zusammen und ging mit ihm gemeinsam zu Boden. Erst jetzt, mit ein paar Sekunden Verspätung, nahm ich die schmerzende Stelle an meinem Kopf wahr, wo er mich mit dem Schuh erwischt hatte.
Mátyás schlug so fest auf dem Betonboden auf, dass ich unwillkürlich zusammenzuckte. Sebastian kniete sich auf ihn und drehte seinen Kopf zur Seite, um an seinen Hals zu gelangen. Ich lief auf die beiden zu, erstarrte jedoch vor Schreck, als Sebastian sich vorbeugte und zum Biss ansetzte.
Kurz bevor er seine Zähne in Mátyás’ Hals schlug, hielt er aber inne. »Sag mir, warum ich
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