Nicht schon wieder ein Vampir! (German Edition)
ringsum war Lilith auch keine Lösung, es sei denn, ich wollte sie alle umbringen. Ich hoffte, dass jemand auf meine Lage aufmerksam wurde, aber so geschickt, wie Rosa mich festhielt, merkte vermutlich keiner, dass sie mich bedrohte. Wahrscheinlich sahen wir wie ein Liebespaar aus. Doch in diesem Moment hätte Rosa wohl auch im Nonnenoutfit mit einer Flugabwehrrakete unter dem Arm durch das Lokal spazieren können, denn alle Augen waren auf die Vampirschlägerei gerichtet. Sogar der Türsteher hatte seinen Posten verlassen.
Immer mehr Leute, die wissen wollten, was in dem Laden los war, drängten zur Tür herein, und der Eingangsbereich war völlig verstopft. Weil Rosa und ich uns gegen den Strom bewegten, kamen wir nur noch ganz langsam voran – zumindest bis Rosa auf die clevere Idee kam, sich mit mir an der Wand entlangzuschieben.
Und nun kam meine große Chance. Hinter der Garderobe entdeckte ich den Feuermelder. Im Notfall Hebel ziehen! stand in gelben Buchstaben, die im Dunkeln leuchteten, auf dem handgroßen Griff. Ich fand, dass mein möglicherweise kurz bevorstehendes Ableben definitiv ein Notfall war. Während Rosa vollauf damit beschäftigt war, mich zur Tür zu dirigieren, packte ich den Hebel und zog mit aller Kraft daran.
Als die Alarmsirene zu schrillen begann, spürte ich, wie der Druck gegen meinen Rücken etwas nachließ, und das genügte mir schon.
Ich drehte mich zur Seite, jedoch nicht von Rosa weg, sondern zu ihr hin, um ihr so nah zu sein, dass sie auf die Schnelle mit der Waffe nichts mehr ausrichten konnte. Rosa sah mich entsetzt an, und im selben Moment trat ich ihr auch schon fest auf den Fuß. Ihr Schmerzensschrei ging völlig in dem ganzen Chaos unter. Inzwischen strömten die Menschen, die gerade noch in die andere Richtung gedrängt waren, voller Panik zum Ausgang. Ich ging in die Hocke, drückte mich an die Wand und sah nur noch, wie Rosa von der flüchtenden Menge mitgerissen wurde.
Ich zwängte mich in die Lücke zwischen der Garderobentheke und der Wand, doch obwohl ich mich so klein wie möglich machte, bekam ich trotzdem noch zahlreiche Tritte ab. Jemand hatte die Musik ausgeschaltet und forderte die Leute über die Lautsprecher auf, das Gebäude geordnet und zügig zu verlassen. Er ermahnte uns auch, Ruhe zu bewahren und nach dem jeweils nächstgelegenen Ausgang Ausschau zu halten. Ich richtete mich auf und sah mich um. Auf der gegenüberliegenden Seite der Getränketheke schien sich ein Nebenausgang zu befinden. Die Frage war nur, ob ich ihn auch erreichen konnte.
Außerdem hatte ich mir nicht die Mühe gemacht, Rosa abzuschütteln, um nach der Räumung des Gebäudes auf demselben Gehsteig zu landen wie sie. Noch wichtiger war jedoch, dass Parrish sein Motorrad – in dessen Satteltasche sich das Grimoire befand – wahrscheinlich in der Gasse hinter dem Lokal abgestellt hatte. Und dort war auch die Wahrscheinlichkeit am größten, auf ihn oder Sebastian oder gleich auf alle beide zu treffen.
Nachdem ich meine Möglichkeiten abgewogen hatte, kam ich zu dem Schluss, dass der sicherste und direkteste Weg über die Theke führte. Ich kam mir ein bisschen blöd vor, als ich sie unter Zuhilfenahme eines Hockers erklomm, aber zum Glück beachtete mich niemand. Ich rutschte immer wieder aus und stolperte über hastig abgestellte Getränke, doch irgendwie gelang es mir, heil und unbehelligt auf die andere Seite des Raumes zu gelangen. Nachdem ich von der Theke heruntergerutscht war, folgte ich einfach dem Strom der Menschen, die nach draußen liefen.
Die meisten Leute hatten sich direkt vor der Tür unter der Markise versammelt. Eine Halogen-Sicherheitsleuchte erhellte die enge Kopfsteinpflastergasse, die sich immer mehr mit Goth-Freaks und Zigarettenrauch füllte. Jeder schien entweder ein Handy am Ohr zu haben oder sich aufgeregt mit anderen zu unterhalten. Einige Leute hatten es geschafft, ihre Getränke mit nach draußen zu nehmen, und machten aus dem Zwischenfall eine große Party.
Die Gasse führte direkt auf die State Street, und ich sah die Neonschilder der Geschäfte und Lokale an der Straßenmündung. Die Mehrheit der Leute bewegte sich allmählich in diese Richtung, aber ich fühlte mich noch nicht sicher. Die Vatikan-Agentin konnte überall lauern.
Ich schlug die entgegengesetzte Richtung ein. Zwischen der Höhle und dem nächsten Lokal befand sich ein kleiner Parkplatz. Um die zwanzig Fahrzeuge standen dicht an dicht zwischen Müllcontainern, Wertstofftonnen und
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