Nicht schon wieder Liebe
mal! Ich dachte sogar, ich hätte mich in dich verliebt.«
Kodys Herz schlug einmal hart gegen seinen Brustkorb, dann begann es so richtig zu hämmern. Er machte unwillkürlich einen Schritt auf Marissa zu, doch sie knallte ihm ihre Hand vor die Brust, um ihm Einhalt zu gebieten. Dann - mit zornig blitzenden Augen und einem grimmigen, störrischen Zug um ihren weichen Mund - drängte sie ihn Schritt für Schritt entschlossen zurück Richtung Tür.
»Die Wahrheit jedoch ist«, sagte sie klipp und klar, »dass ich dich im Grunde überhaupt nicht kenne. Und du weißt todsicher nicht das Geringste über mich, wenn du allen Ernstes glaubst, ich würde meine Kinder dieser Art von ›Und das hier ist euer neuer Onkel‹-Szenario aussetzen, das du vorhin beschrieben hast. Ich dachte bloß, es wäre vielleicht ganz nett, wenn sie den ersten Mann kennen lernen könnten, mit dem jemals ich ausgegangen bin, seitdem ihr Vater tot ist. Aber da habe ich mich ganz offensichtlich getäuscht.«
Sie griff um ihn herum, und in irgendeinem Winkel seines Bewusstseins registrierte er, wie die Jalousie an der Hintertür klapperte, als die Tür aufging. Aber er achtete nicht weiter auf das Geräusch, denn seine Aufmerksamkeit konzentrierte sich voll und ganz auf die Worte »verliebt« und »erster«. Sie sausten kreuz und quer in seinem Kopf herum wie Gewehrkugeln in einer engen Felsenschlucht.
»Ich muss wohl geträumt haben«, fügte Marissa hinzu. »Aber weißt du was? Jetzt bin ich hellwach. Und ich will nicht, dass meine Kinder auch nur in die Nähe eines Mannes kommen, der glaubt, ihre Mutter sei eine egoistische Schlampe.« Dann versetzte sie ihm einen energischen Schubs.
Und bevor Kody wusste, wie ihm geschah, pfiff plötzlich ein eiskalter Wind durch seinen Parka, und er fand sich draußen auf Marissas Terrasse wieder und starrte auf die schwingenden Jalousien, als die Küchentür mit einem Knall vor seiner Nase zufiel.
Cooper lehnte seine nächste Versöhnungsgabe - ein gerahmter Schnappschuss von Lizzy und Dessa in knallbuntem Fummel mit viel zu viel Make-up - gegen Veronicas Schlafzimmertür, dann richtete er sich langsam wieder auf. Diese Sache mit dem Umwerben war verdammt harte Arbeit, und er hatte nicht die leiseste Ahnung, wie sein heutiges Geschenk aufgenommen werden würde. Er wusste ja noch nicht einmal, ob man es überhaupt als Geschenk betrachten konnte. Erstens einmal gehörte das Foto sowieso Ronnie, aber er hatte es in eine kleine Kunsthandlung drüben an der Third gebracht und für sie mit einem Passepartout versehen und rahmen lassen. Das müsste ihm eigentlich ein paar Pluspunkte einbringen, aber die entscheidende Frage war: Wer wusste schon, ob er die tatsächlich bekommen würde? Frauen waren nun einmal unberechenbar.
Es war Viertel vor drei am Morgen, und als Coop dort wie ein demütiger Bittsteller im Flur stand, war er stark in Versuchung, einfach in Ronnies Zimmer zu gehen und zu ihr ins Bett zu steigen, so wie er es zuvor immer getan hatte. Es würde bestimmt nicht schwer sein, sie zu erregen und willig zu machen, noch bevor sie überhaupt richtig wach war.
Er streckte die Hand nach dem Türknauf aus.
Dann ließ er sie wieder sinken. Er glaubte nicht, dass er es ertragen könnte, festzustellen, dass sie nachts noch immer einen Stuhl unter den Türknauf klemmte, um ihn auszusperren. Und falls sie aufgehört hatte, das zu tun, wie konnte er dann ihr neu gefundenes Vertrauen damit vergelten, dass er es prompt missbrauchte? Sie hatte tatsächlich angefangen, wieder mit ihm zu sprechen, und sie hatte ihm außerdem ein überaus großes Zugeständnis gemacht, als sie sich bereit erklärt hatte, ihren Verdacht gegen Eddie zunächst einmal fallen zu lassen und ihm, Coop, dabei zu helfen, anderswo nach dem Mörder ihrer Schwester zu suchen.
Und so ließ Coop ihre Tür unangetastet und machte auf dem Absatz kehrt, um wieder in sein eigenes Zimmer zurückzukehren. Er wusste allerdings nicht so recht, ob das nun bedeutete, dass er gereift war oder dass er der größte Trottel auf Gottes weiter Erde war.
Auf jeden Fall hatte er das ungute Gefühl, dass er - ganz gleich, ob nun reif oder blöde - in dieser Nacht kein Auge mehr zutun würde.
Veronica wartete, bis Coops leise Schritte vollkommen verhallt waren, bevor sie die Bettdecke zurückwarf und aus dem Bett glitt. Fröstelnd, als ihre warmen Füße mit den kalten Dielen in Berührung kamen, tappte sie durch das Zimmer und öffnete leise die Tür. Sie
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