Nicht schon wieder Liebe
führte sie ins Haus. Sie gingen über den glänzenden Fliesenboden einer Küche, deren Arbeitsplatten aus Granit mit allem möglichen Familien-Krimskrams übersät waren und deren hochmoderner Kühlschrank von kindlichen Kunstwerken nur so strotzte. »Sie verhält sich zwar, als ob überhaupt nichts passiert wäre, aber innerlich muss es ihr verdammt zu schaffen machen. Das Schlimme ist, dass sie nicht nur mit dem Verlust ihrer Eltern fertig werden muss, sondern auch noch mit dem Gerede der Leute. Und du weißt ja, wie diese Stadt sein kann - jeder Hans und Franz kennt jedes einzelne Detail darüber, warum Eddie und Crystal nicht mehr da sind, und hat nichts Besseres zu tun, als sich das Maul darüber zu zerreißen.«
Sie ließen sich auf dem weich gepolsterten Sofa im Wohnzimmer nieder, die Knie hochgezogen und ihre Körper halb gedreht, sodass sie sich gegenseitig ansehen konnten. »Nichts von alledem hat sie jedoch noch weiter in ihr Schneckenhaus hineingetrieben, was schon ziemlich bemerkenswert ist, wenn man bedenkt, wie schüchtern sie ist.« Marissa zog das Ende ihres dicken sandbraunen Zopfes zuerst glättend durch die eine Faust, dann durch die andere. »Meine Kinder haben mir erzählt, dass einige ihrer Mitschüler ihr in der Schule das Leben ganz schön schwer gemacht haben, aber zum Glück hat Lizzy ja Freunde, die ihr Rückhalt geben. Dessa ist weiß Gott eine grimmige kleine Kämpferin, die Lizzy in jedem Fall beisteht. Und Riley ist neulich mit einer blutigen Nase nach Hause gekommen, weil er Lizzy gegen einen seiner Mitschüler verteidigt hat.«
»Deine Kinder sind echt Klasse, Marissa.«
In den Wangen ihrer Freundin erschienen tiefe Grübchen. »Tja, wer hätte das gedacht? Jedes Mal, wenn ich denke, dass eine Schule mit militärischer Disziplin genau das Richtige für die beiden wäre, drehen sie sich um und tun etwas, was mich so stolz auf sie macht, dass ich platzen könnte.« Sie zuckte die Achseln. »Ich schätze mal, es ist eine Verschwörung mit dem Ziel, zu sehen, wie schnell sie mich in den Wahnsinn treiben können, aber was soll eine Frau dagegen machen?«
Veronica schnaubte verächtlich. »Nun komm schon! Als ob du auch nur die kleinste Kleinigkeit an den beiden ändern würdest, selbst wenn du könntest! Du hast bei ihrer Erziehung wirklich großartige Arbeit geleistet. Es muss ganz schön hart für dich gewesen sein, nachdem Denny tot war.«
»Na ja, zugegeben, manchmal ist es wirklich hart gewesen, aber Dennys Tod liegt nun schon fünf Jahre zurück, und das Leben geht weiter - besonders, wenn man Kinder hat.« Marissa zuckte die Achseln. »Man tut eben einfach, was man tun muss.«
»Also, was du getan hast, ist schon phänomenal. Und dass du dann auch noch meine Probleme auf dich geladen hast...« Veronica streckte die Hand aus und berührte Marissas Schulter. »Ich schulde dir so viel dafür, dass du dich um Lizzy gekümmert und das Tonk in Gang gehalten hast, dass ich gar nicht weiß, wie ich das jemals wieder gutmachen soll.«
»Ach, was, Unsinn!« Marissa machte eine wegwerfende Handbewegung. »Aber wo wir gerade vom Tonk sprechen, ist dieser Cooper nicht ein Goldschatz? Und so ein netter Kerl, so ein richtig knuffiger Typ!«
»Ein knuffiger Typ?« Das war nicht unbedingt die Bezeichnung, die Veronica als Erstes in den Sinn gekommen wäre.
»Ja, wirklich. Er ist so charmant, und man kann so gut mit ihm arbeiten, und er trinkt nicht sämtliche Lagerbestände leer, so wie der Kerl, den ich zuerst eingestellt hatte.«
Charmant? Bei jedem anderen außer ihr vielleicht. Und wie war das, bitte? Man konnte so gut mit ihm arbeiten? »Du findest ihn knuffig?«
Marissa lachte. »Okay, ich gebe zu, er sieht nicht gerade aus wie ein Engel -«
»Das kannst du laut sagen. Er erinnert mich an einen dieser Vampire, die im Fernsehen neuerdings so populär sind. Aber nicht diese New-Age-Sensibelchen, die immer versuchen, ihre gemeine, gottlose Art zu bessern. Er ist mehr der Typ hartgesottener Erzschurke, der sich raubend und plündernd einen Weg durch die Masse bahnt.«
»Nee, für einen Vampir ist er zu braun gebrannt«, widersprach Marissa. »Trotzdem, ich hätte nichts dagegen, von ihm geraubt zu werden.« Dann lachte sie und beugte sich vor, um Veronica flüchtig an sich zu drücken. »Ach, V, es ist so schön, dich wieder hier zu haben! Du hattest schon immer so eine großartige Einstellung zu den Dingen.«
»Ich weiß noch nicht so recht, was ich davon halten soll, dass ich
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