Nicht schon wieder Liebe
Gästen deshalb nicht im Gedächtnis geblieben war, weil sie damals noch sehr jung gewesen war. Außerdem neigten wohl Erfahrungen, wie auf persönliche Bemerkungen über ihren Mangel an Kurven zu antworten oder Männerhänden ausweichen zu müssen, die trotzdem nach ihr grabschten, dazu, alles andere zu verdrängen.
Was auch immer der Grund sein mochte, sie hatte das Gefühl, als ob sie in der kurzen Zeit, die sie damit verbracht hatte, Bestellungen zu notieren, mit mehr Stammgästen einer freundlichen Schwatz gehalten hatte als an allen vorhergehenden Abenden zusammen.
Beschwingten Schrittes kehrte sie zum Tresen zurück. Es war gerade ein Barhocker frei geworden, und sie nahm darauf Platz, da sie gelernt hatte, jede sich bietende Gelegenheit zu nutzen, um ihre Füße für einen Moment auszuruhen. Als Coop vom anderen Ende der Theke herbeikam, schenkte sie ihm ein betörendes Lächeln. »Ich brauche ein Budweiser, einen Wodka Collins und einen Cutty on the rocks, einen Krug Heineken und vier Gläser, einen Manhattan, eine Pepsi light und einen Tequila Sunrise.« Die Jukebox spielte gerade »Turn It Loose«, und Veronica stimmte mit einem enthusiastischen »mo-wow-wown« in den Refrain ein, während sie mit dem Fuß im Rhythmus der Musik auf den Boden klopfte.
»Sie sind ja kollosal vergnügt«, bemerkte Coop verdrießlich, als er die Getränke für ihre Bestellung zusammenstellte. »Haben Sie nachher noch ein heißes Date mit dem Kühlschrank-Mann oder so was?«
Veronica hörte zu singen auf, um Coop anzustarren. »Kody kennt sich auch mit Kältetechnik aus?«
Coop zog eine Schulter hoch.
»Das trifft sich ja prima!« Sie berührte zart sein Handgelenk, als er das Tablett mit den Getränken über die Theke schob. »Danke.« Sie sprang von ihrem Hocker und griff nach dem Tablett. »Hey, mir ist gerade was aufgefallen. Wir beide sind heute Abend Zwillinge - unsere Pullover haben fast genau das gleiche Rot.«
Sein Blick heftete sich geradewegs auf ihren dürftigen Brustansatz, der in dem tiefen runden Ausschnitt ihres Tops zu sehen war, dann wanderte er müßig über ihr Dekollete, ihren Hals und ihr Gesicht hinauf, um schließlich bei ihren Augen innezuhalten. »Ja, stimmt. Wir könnten glatt als Boobsie und Bobsie durchgehen.«
Veronica fühlte, wie Hitze in ihre Wangen kroch, doch sie sah ihm direkt in die Augen und zog eine Braue hoch, ein Trick, der Crystal früher immer auf die Palme gebracht hatte. »Boobsie und Bobsie, wie? Fragt sich nur, wer von den beiden Sie sind.« Ohne auf eine Antwort zu warten, nahm sie ihr Tablett an sich und marschierte davon.
Sie hob Kodys Bier für zuletzt auf und servierte erst einmal an ihren drei anderen Tischen. Die Frauen in der Gruppe am zweiten Tisch äußerten sich lobend über die Tatsache, dass die Luft in der Bar nicht mehr so rauchgeschwängert war, und als Veronica ihnen von dem neuen Luftfiltersystem erzählte, entspann sich eine kurze, freundschaftliche Unterhaltung. Ein paar Augenblicke später bat sie ihre Gäste, sie zu entschuldigen, steckte ein großzügiges Trinkgeld in ihre Geldkassette, nahm mehrere neue Bestellungen auf und ging dann zu Kody
Als sie sein Bier vor ihn auf den Tisch stellte, sagte sie ohne lange Vorreden: »Coop hat mir gesagt, Sie kennen sich auch mit Kältetechnik aus. Stimmt das?«
»Ja.«
»Also, das nenne ich einen glücklichen Zufall!« Sie lächelte ihn an. »Haben Sie vor, noch eine Weile hier zu bleiben? Das heißt, wenn ich eine Freundin anrufe und sie bitte, sofort herzukommen, würden Sie sich dann mal mit ihr unterhalten und ihr ein paar Tipps geben? Sie sitzt in dem Dekorationskomitee für das Winterfest, und wir haben uns den ganzen Nachmittag den Kopf zerbrochen und hin und her überlegt, auf welche Weise man Eisskulpturen vor dem Schmelzen bewahren kann - oder ob es wirtschaftlich machbar ist, sie sogar die ganzen drei Tage über kalt zu halten.«
Kody lehnte sich in seinem Stuhl zurück und blickte zu ihr auf. »Ich habe durchaus vor, noch ’ne Weile zu bleiben, aber so auf Anhieb kann ich Ihrer Freundin wahrscheinlich nicht mehr als ein paar ungefähre Vorstellungen geben. Um ihr Genaueres sagen zu können, müsste ich mir erst ein paar Gedanken über die Logistik machen.«
»Alles klar.« Sie trat vom Tisch zurück. »Ich werd’ sie sofort anrufen.«
Marissa wäre beinahe nicht ans Telefon gegangen. Es war das erste Mal seit einer halben Ewigkeit, dass sie einen Abend ganz für sich allein hatte, weil beide
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