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Nicht schwindelfrei - Roman

Nicht schwindelfrei - Roman

Titel: Nicht schwindelfrei - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Haymon Verlag
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Laune oder Lust einen schönen Übernamen. „Hoppla“ hiess es heute.
    Hoppla, hoppla, flüsterte Paul in Marions Schulter hinein.
    Marion atmete leicht und rasch, Paul atmete laut. Sein Begehren war eine heftige Begeisterung.
    Sie lagen mit offenen Augen Seite an Seite und schauten zur Decke empor. Dieselbe Decke, verschiedene Augen: Wenn Paul versuchte, mit Marions Augen zu schauen, wurde der Raum höher und heller. Das Licht kam deutlicher vom Fenster her. Die Decke schien schräg abzufallen zur dunkleren Wand hin.
    Was machst du?, fragte sie.
    Er erzählte ihr von dem Versuch, den er eben angestellt hatte. Sie drehte ihren Kopf und küsste ihn aufs Ohr. Er spürte ihre kühlere Nase und sagte: Ich liebe dich sehr.
    Auch mehr und mehr?, fragte sie.
    Er überlegte eine ganze Weile, bevor er Antwort gab: Mehr würde mein Herz nicht fassen. Es gibt
Tage, da liebe ich dich weniger, um mich von dir zu erholen.
    Marion sagte nichts, sie schnüffelte: Da brennt etwas an.
    Paul war schon aus dem Bett. Er hatte ein Bohnen­gericht auf dem Herd. Dem war das Wasser ausgegangen.
    Beim Kochen können viele Fehler passieren, stellte er fest, als Marion im Morgenmantel in die Küche kam, und ergänzte heiter und befreit: Demzufolge lassen sich auch viele Fehler vermeiden.
    Seit ein paar Wochen sorgte Paul regelmässig oder ziemlich regelmässig für das Abendessen. Über Mittag blieb er oft im Freien oder er sass in einer Fenster­nische der Bibliothek und schaute hinab auf den Fluss und das andere Ufer, wo eine Schifferzunft ihre Werft und eine Kantine mit Garten hatte. Für Tom lag dann ein Imbiss auf dem Küchentisch bereit. Wenn Marion abends von der Arbeit kam, sie führte erfolgreich ein kleines Reisebüro, fand sie Paul in seiner weissen Schürze, zwei Teller in der Hand, die noch aufzuwärmen waren. Ein Kartoffelgratin backte im Ofen. Eine Flasche Rotwein stand auf dem Tisch.
    Fleischgerichte gab es nur auf besonderen Wunsch oder wenn Theo zum Essen kam.
    Fleisch, sagte Paul zu seinem Bruder, Fleisch erinnert mich an das Brüllen der Rinder in den Schlachthöfen von Chicago. Paul übertrieb, doch das war hier unumgänglich.
    Wann warst du denn dort, in Chicago, wenn ich fragen darf?, erkundigte sich Theo.
    Wieso in aller Welt hätte ich da hinfahren sollen?, antwortete Paul. Etwa um mir dieses Brüllen anzuhören?
    Theo lachte gutmütig, aber laut. Er kannte Chicago und lobte Detroit und nannte die Namen weiterer Städte der Gegend. Unvergesslich war ihm ein Besuch bei General Motors, mit Stadtrundfahrt. Er pries den gesunden Ton schwerer Motoren.
    Als Marion einmal tagsüber nach Hause kam, um sich umzuziehen für einen Empfang von Winzern aus Südtirol, traf sie Paul über Kochbücher gebeugt. Kochen, nahm er an, war ein Handwerk, das man lernen konnte. Die Resultate waren überprüfbar.
    Das Abendessen stand um sieben Uhr bereit, für Marion etwas zu früh, für Tom zu spät. Marion gab sich Mühe, pünktlich zu sein, was ihr oft nicht gelang. So hatte es sich ergeben, dass man Tom häufig etwas früher verpflegte, mit Teigwaren etwa, die er allem anderen vorzog. Er brauchte nicht länger als zehn Minuten, um einen ganzen Berg Makkaroni in seine Backen zu schaufeln. Paul bestand darauf, dass der Junge auch die grünen Beilagen ass.
    Wenn Tom tschüss sagte, traf er noch einen Freund, bei dem Tag und Nacht der Fernseher lief. Wenn er einfach aus der Küche verschwand, ging er in sein Zimmer.
    Marion kam immer mit Schwung, ihrem etwas eckigen Schwung, die Haare voll Abend. Sie setzte sich mit einem triumphierenden Seufzer und Paul trug das Warmgehaltene auf. Beim Essen berichtete sie über anspruchsvolle Reiseprojekte. Die Planung einer Kaukasusexpedition für ein Paar in mittlerem Alter. Geländefahrzeug und Wanderungen. Sie hatte Kontakt mit einem einheimischen Führer, der als verlässlich galt. Schwierigkeiten gab es erst nach Vertragsabschluss bei der mühsamen telefonischen Verständigung auf Englisch. Der kaukasische Führer forderte, so viel verstand sie, einen Zuschuss zum schriftlich längst vereinbarten Honorar.
    Paul hatte den Nachmittag mit seinen Eltern verbracht. Sie meldeten sich, wie sie sagten, von der Reise zurück. Paul hätte wissen müssen, dass sie fort gewesen waren. Sie hatten von ihrer Flussfahrt auf der Donau erzählt, dem guten Essen, einmal sogar am

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