Nicht tot genug 14
Mr. Bishop nicht die volle Wahrheit gesagt hat. Daher wünschen wir, ihm nach einer Rechtsbelehrung bestimmte Fragen zu stellen.«
Der Anwalt legte das Blatt auf den Tisch. »Das ist mir ein bisschen wenig.«
»Was wissen Sie denn bis jetzt?«, konterte Branson.
»Sehr wenig. Natürlich habe ich die Artikel in den Zeitungen verfolgt und die Berichte im Fernsehen. Aber ich habe noch nicht mit meinem Mandanten gesprochen.«
In den folgenden zwanzig Minuten befragte der Anwalt die Polizeibeamten, begann bei der Putzfrau und der genauen Beschreibung des Tatorts. Glenn Branson lieferte ihm so wenig Informationen wie irgend möglich, beschrieb die Umstände der Entdeckung von Katie Bishops Leiche und die von der Pathologin geschätzte Todeszeit, erwähnte aber nicht die Gasmaske. Außerdem weigerte er sich entschieden, Informationen über die Ergebnisse der DNA-Analyse preiszugeben.
Schließlich wollte der Anwalt Branson eine Falle stellen, um zu erfahren, weshalb die Polizei glaubte, Brian Bishop habe nicht die Wahrheit gesagt, doch Branson ließ sich nicht so leicht aufs Glatteis führen.
»Hat mein Mandant ein Alibi angeführt?«
»Ja, das hat er.«
»Aber Sie sind anscheinend nicht damit zufrieden.«
Der Detective Sergeant zögerte kurz. »Das werden wir im Verlauf der Vernehmung ansprechen.«
Lloyd notierte etwas und lächelte Branson an. »Können Sie mir zu diesem Zeitpunkt sonst noch etwas sagen?«
Branson und Nicholas schauten sich an und schüttelten den Kopf.
»Gut, dann möchte ich jetzt meinen Mandanten sehen.«
88
INZWISCHEN WAR ES DRAUSSEN DUNKEL . Zerstreut überflog Roy Grace die endlosen Seiten der aktuellen polizeilichen Meldungen und suchte nach etwas, das für die beiden Fälle relevant sein könnte. Er fand nichts. Er sah auf die Uhr. Es war schon eine Viertelstunde her, seit er mit Cleo telefoniert hatte. Sie wollte doch umgehend zurückrufen.
Plötzlich meldete sich eine leise Sorge. Ihm wurde klar, wie viel sie ihm bedeutete und dass er die Vorstellung, ihr könne etwas zustoßen, nicht ertragen könnte. Cleo wurde allmählich zum festen Ankerpunkt seines Lebens, wie Sandy es so viele Jahre gewesen war. Einem guten, festen, wunderschönen, witzigen, liebevollen und klugen Ankerpunkt, selbst wenn gelegentlich ein Schatten darauf fiel.
Roy, das ist nicht die Frau, die Lesley und ich letzte Woche gesehen haben. Wir sind wirklich davon überzeugt, dass wir Sandy gesehen haben, Gruß. Dick
Mein Gott, dachte er, es wäre doch viel einfacher gewesen, wenn Dick seine Frage mit Ja beantwortet hätte. Dann hätte er gewusst, dass alles nur ein Irrtum war. Unter diesen Umständen musste er eine zweite Reise nach München ins Auge fassen. Aber nicht jetzt, dafür war keine Zeit. Er erinnerte sich nur zu lebhaft an das aufgeschlitzte Dach von Cleos Wagen.
Das Leichenschauhaus lockte alle möglichen Perversen und Spinner an, von denen es in Brighton nur so wimmelte. Er konnte immer noch nicht so ganz verstehen, weshalb Cleo so gern dort arbeitete.
Wagendächer wurden meist mitten in der Stadt aufgeschlitzt, von Dieben oder als Mutprobe betrunkener Jugendlicher, die zufällig vorbeikamen. Doch niemand kam einfach so am Leichenschauhaus vorbei, schon gar nicht an einem heißen Sonntagnachmittag. Es war nichts aus dem Wagen gestohlen worden. Womöglich nur ein besonders übles Beispiel für Vandalismus oder ein armes Schwein, das neidisch auf den Wagen war.
Ruf an, bitte ruf an.
Er öffnete einen Anhang und versuchte, sich auf die Tagesordnung für die internationale Polizeitagung in New Orleans zu konzentrieren, die in wenigen Wochen stattfinden sollte. Es gelang ihm nicht.
Da klingelte das Telefon. »Hi!«, rief er erleichtert in den Hörer.
Aber es war Jane Paxton, die ihm mitteilte, dass Bishop gerade mit seinem Anwalt sprach und sie schon einmal in den Überwachungsraum gehen werde. Sie schlug vor, sich in zehn Minuten dort zu treffen.
89
B RIAN BISHOP SASS VORNÜBERGEBEUGT auf der Bank, die gleichzeitig als Bett diente. Er wusste nicht, wann er sich jemals im Leben so hoffnungslos gefühlt hatte. Man hatte ihm einen Teil seiner Welt brutal entrissen, und die übrige Welt wandte sich gegen ihn. Sogar der sanfte und stets unparteiische Robert Vernon hatte am Telefon weniger freundlich als sonst geklungen. Warum? Hatte sich etwa herumgesprochen, dass man besser die Finger von ihm ließ, dass sein Fall hoffnungslos war?
Bei wem würde er es als Nächstes merken? Bei Glenn
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