Nicht Totzukriegen
sagen wollte? Du, war nicht so gemeint, fühl dich bloß nicht unter Druck gesetzt, ich hab mich nicht in dich verliebt, keine Sorge, oder nur ein bisschen, aber die Zeit, die wir zusammen verbringen, die liebe ich, und das, was du mit mir machst und wie du mich behandelst, den Karamellrand um deine betörend grünen Augen und den Moment, wenn du starr wirst und keuchend über mir zusammenbrichst; ich mag dich sehr und finde es schön, wie es ist?
Hm. Wie war das im Mittelteil? Wir sind nur einen Schritt von einer wirklich tiefschürfenden Beziehungsdiskussion entfernt, und ich fürchte, wenn ich damit anfange, war’s das wirklich. Aber Schweigen ist genau so blöd.
Er reicht mir das Bier, ich nehme auch einen Schluck, dann halte ich, um ihn zu necken, die kalte Flasche an seinen nackten Oberarm. Er grinst, legt seinen Arm um meine Schulter und drückt mich an sich.
Gottseidank! Doch nicht so schlimm.
»Wir könnten abhauen, Nicole.«
»Du weißt, dass ich verheiratet bin?«
»Genau deshalb!«
So reden Lover wohl, und es hört sich so wunderbar verrucht an, nach Leidenschaft und Abenteuer, nach Bonnie und Clyde, aber leider kenne ich auch das Ende der beiden: Sie wurden erschossen. Hat er meine Skepsis bemerkt?
»Nur ein paar Tage«, schränkt er ein, »irgendwohin. Italien.« Schöner Plan, klingt verführerisch und wäre vielleicht sogar möglich, allerdings bräuchte man ein gutes Alibi, mal wieder, mein altes Problem. So stehen wir noch eine Zeitlang in der Küche und quatschen. Wir fänden beide Pisa schön.
Während ich mich anziehe, schaut er in sein Portemonnaie, das ihm vorhin aus der Tasche gefallen war.
»Mist«, flucht er leise.
»Was ist?«
»Ach, ich muss morgen ne neue Monatskarte kaufen. Kannst du mir ein bisschen Geld leihen? Bis Montag?« Er wirkt ratlos und zerknirscht.
Kein Problem, mach ich gern. Er lässt abends Schichten im Kino sausen, damit wir uns treffen können, da müssen wir vielleicht sowieso mal eine grundsätzliche Lösung finden. Gemeinsam. Was sind schon hundert Euro, wenn man sich gern hat, liebt oder was auch immer.
34
Toms Oldtimer steht frisch poliert in der Auffahrt zu unserer Garage, der MG sieht aus wie geleckt, sein Barbourjackengrün glänzt makellos in der Sonne. Die Bremsen zu manipulieren war gar nicht so einfach, ich hatte mir Mr. Joselyns schlaues gelbes Büchlein geschnappt, darin stand: Man muss schauen, wo am
brake cylinder
die
brake hose
mit einer
box nut
befestigt ist, und da fingen die Probleme schon an. Denn eines haben Kochrezepte und Montageanleitungen gemeinsam: Sie verraten nie rechtzeitig, welches Werkzeug man zu welchem Zeitpunkt braucht. Was kann Mr. Joselyn bloß mit dieser Boxnuss gemeint haben?
Gestern Abend habe ich mich heimlich in die Garage geschlichen und unter dem Wagen nachgeschaut. Ab da war alles ganz einfach. Die Bremsschläuche werden am Bremszylinder von einer sehr praktischen Befestigungsmutter festgehalten, wie ich sie auch schon unter unserem Spülbecken gesehen habe, auch mit ganz ähnlichen Schläuchen, ich bewundere Männer, die so etwas erfunden haben. Das ist die Boxnuss oder wie auch immer sie auf Deutsch heißen mag, die man vorsichtig lösen muss. Einen passenden Schraubenschlüssel hat jeder Mann irgendwo, jeder! Bei Tom hängen gleich 23 davon fein aufgereiht in verschiedenen Formen und Größen an der Seitenwand unserer Garage, er hat fast jedes Werkzeug doppelt, einmal hier und einmal in dem Schuppen in Stinsbach.
Bei der Boxnuss eines MG passt ein Schlüssel in Größe 15. Steht drauf. Ich habe sie so weit gelöst, bis ein wenig Hydrauliköl herausgetropft ist, und dann ganz leicht wieder zurückgedreht. Es müsste, sobald Tom auf die Bremse tritt, herausfließen, und wenn ich Mr. Joselyn richtig verstanden habe, geht bei einer Autobremse ohne Hydrauliköl gar nichts. Ich vertraue ihm.
Bei einem Autounfall gibt es Zeugen, das ist fast zwangsläufig. Vielleicht kann ich dem Schicksal auf diese Weise ein Schnippchen schlagen, denn dann wäre Tom auch für andere tot, und es können doch wohl nicht alle plötzlich einer Sinnestäuschung unterliegen oder in den Tiefschlaf fallen, damit er wieder aufwacht, das kann einfach nicht möglich sein.
Tom kommt aus dem Haus, er hat MacLeod an die Leine genommen, führt ihn zum MG und lässt ihn auf den Beifahrersitz des Roadsters springen.
»Du willst MacLeod mitnehmen?«
»Warum nicht. Er liebt Cabriofahren.«
Und ich liebe MacLeod. Ich will nicht, dass unser
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