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Nicht Totzukriegen

Titel: Nicht Totzukriegen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claus Vaske
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wirkt gleich viel grimmiger, aber ist das ein Wunder bei der Sorte zwielichtiger Geschäfte, die sie abwickeln? Nach hinten schließt sich noch eine Lagerhalle an, die Tür steht offen, und gelegentlich schaut ein Mitarbeiter herein, legt Papiere ab, verschwindet wieder.
    Mein Kampfterrier setzt sich verkehrt herum auf einen Bürostuhl, die Lehne nach vorn, er lächelt mich an: »Ich Rimantas, das Oleg. Was können tun?«
    »Sie machen Geschäfte jeglicher Art?«
    »Sicher.«
    »Sie kennen viele Leute?«
    Er nickt: »Da.« Was Russisch ist und so viel heißt wie: Ja.
    »Ich brauche einen Spezialisten.«
    »Kein Problem.«
    »Prima!« Dann ist ja alles geritzt, denke ich, sie brauchen noch die Adresse und ein Foto von Tom vielleicht, dann können sie sich an die Arbeit machen. Ich schau sie an und lächle.
    Einen Moment lang herrscht Schweigen.
    Rimantas lacht, als er fragt: »Spezialist wofür?« Stimmt, hatte ich vergessen, ich sollte vielleicht deutlicher klarmachen, worum genau es bei dem Geschäft geht: »Ich will meinen Mann loswerden.«
    »
Da.
Loswerden«, versucht Rimantas sich mit mir zu verständigen, »werfen raus. Möbel auf Straße.«
    »Nein, nein. Sie sollen ihn umbringen.«
    Rimantas wirkt erst skeptisch, auf Russisch bespricht er sich mit seinem Kompagnon Oleg. Gelegentlich blicken sie zu mir herüber, zweifelnd. Na klar, sie werden abwägen, ob ich für solche heiklen Jobs auch vertrauenswürdig genug bin. Und wahrscheinlich geht’s um Vorkasse. Endlich haben sie ihr Urteil gefällt: »Umbringe, bringe um. Können machen«, sagt Rimantas und schaut dabei zum ersten Mal ebenfalls grimmig wie ein Krieger.
    »Dann ist weg«, ergänzt Oleg.
    Och. So einfach ist das, man braucht nur die passenden Kontakte zur Russenmafia, und schon ist man so gut wie verwitwet; vielleicht sollte ich mich gleich mal nach einem schicken, schwarzen Kostüm umschauen. Vorsichtshalber frage ich noch mal nach, ob sie mich auch richtig verstanden haben, Oleg und Rimantas bestätigen beide fröhlich, dass sie Tom umbringen werden. Tja, das war’s dann wohl für meinen Ehemann. Hasta la vista, Baby. Wieder reden die beiden auf Russisch, wir lachen und schütteln einander die Hände. Wahrscheinlich kommt gleich, um das Geschäft zu besiegeln, eimerweise Kaviar auf den Tisch und Wodka aus Wassergläsern, nastrovje! Aber bevor das geschieht, ergreift Oleg meine Hände, er umfasst sie mit großem Ernst und blickt mir tief in die Augen, dann erklärt er feierlich: »Umbringe! Bringe von eine Ort zu andere.« Und Rimantas bestätigt: »Da. Kennen Spedition, gute Spedition.«
    Herrgottnochmal, nein! Ich brauche einen Killer, kein verfluchtes Umzugsunternehmen. Kann das denn so schwer sein? Da schimpfen alle über die Verkommenheit der Welt, aber wenn man sie braucht, ist davon plötzlich nichts mehr zu spüren. Wahrscheinlich ist diese Stadt einfach zu brav, wir haben nicht mal eine vernünftige Drogenszene vorzuweisen, unser Rotlichtviertel ist begrenzt auf ein Haus in der Mühlengasse, dritter Stock, und an der Zuhälterschleuder mit den abgedunkelten Heckscheiben, die da vor der Tür parkt, prangt hinten groß der Aufkleber »Baby an Bord – Malte«.
    Was ist mit so etwas wie der Mafia? Fehlanzeige. Alle Italiener, die ich kenne, kochen hervorragend, und sie zahlen keine Schutzgelder für ihr Restaurant, sondern brav in die deutsche Rentenversicherung. Was auch dafür spricht, dass sie gedenken, alt zu sterben. Schießereien unter konkurrierenden Gangs und Clans? Nie gehört. Als Mittelsmann könnte ich mir auch einen schmierigen Gebrauchtwagenhändler im Doppelripp-Unterhemd vorstellen, der auf einer Industriebrache hinter dem Güterbahnhof Autos nach Kiew verschiebt. Das Problem ist: Wir haben weder eine Industriebrache noch einen echten Güterbahnhof. Nein, in dieser Stadt wird das nichts.
     
    Frankfurt hingegen ist sehr praktisch. Nur wenige Schritte vom Hauptbahnhof entfernt findet man rund um die Uhr alles, was das kriminelle Herz begehrt: Nutten, Drogen, Waffen, Glücksspiel. Sie haben hier beides: Sodom
und
Gomorrha. Allerdings habe ich als Frau nicht überall Zutritt, das ist das Problem.
    Und überhaupt, was zieht man an, wenn man sich ins Milieu begibt? Keine Ahnung, ich hab Ewigkeiten vor meinem Kleiderschrank gestanden, bevor ich mich für den Hosenanzug entschieden habe, kühl, sachlich, unsexy, den trag ich sonst nur zu Besuchen bei Toms Verwandtschaft im Odenwald. Dazu habe ich die Haare streng nach hinten

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