Nichts für Anfänger - Roman
Gesicht und schüttelt ein wenig den Kopf, was noch kein definitives Nein ist, aber sicher kein Ja. Ich drehe mein Kinn zur Seite und lege es auf ihre Schulter und bin gerade dabei, direkt in ihr Ohr zu betteln, als sie mit dem Kopf rumfährt und sagt: Guck dir das mal an!
Was denn?
Sie schiebt ihren Stuhl ein paar Zentimeter vom Tisch zurück, und mit einem triumphalen Lächeln zeigt sie mir, und mir allein, dass sie mit ihrem Guinness-Glas nicht mehr gegen ihren Oberschenkel klopft, sondern es stattdessen in praktische, rasierklingengroße Stücke zerdrückt hat, die sie gerade tief, ganz tief in ihre Hand arbeitet, von der Spitze ihres Zeigefingers ganz bis runter zum Handgelenk, sie schneidet und schlitzt munter vor sich hin, während ihr eine dickflüssige, Ribena-rote Flut über beide Hände und beide Oberschenkel und bis auf den Boden suppt.
Ein Wort von Tante Grace genügt, damit Larry in Aktion tritt und uns zur Hintertür rausschiebt. Er besteht darauf, Saidhbh und Tante Grace persönlich ins Krankenhaus zu fahren, während Deano mich und Fiona die paar Hundert Meter zurück zur Glengall Road bringt. Wir bleiben megalange wach, Deano und Fiona gehen den Abend Millionen Mal durch und wollen alles bis ins kleinste Detail wissen, wann ich das Blut gesehen habe und ob ich den leisesten Schimmer davon hatte, was sie da unter dem Tisch anstellt, und wie ich es geschafft habe, ihr gemeinsam mit Letzter-Hafen-Larry das Glas wegzunehmen. Sie schalten allerdings einen Gang runter, als sie sehen, dass ich so sehr zittere, dass ich es kaum schaffe, die Tasse Builder’s-Tee mit Milch und Zucker an die Lippen zu bringen, ohne zu kleckern und mir alles zu verbrennen. Sie rudern zurück und sagen mir, dass Saidhbh nichts passieren wird. Und dass das hier nur ein minimaler Schlenker auf dem Wege zur Besserung ist. Deano sagt sogar, das Ganze wäre gut, und wenn er eine Sache von der Schule der Astralwissenschaften gelernt hat, dann dass der Weg zur Heilung unergründlich ist und dass dieser Abend ein energetischer Befreiungsschlag für Saidhbh war und ein Schlenker. Aber da bin ich mir nicht sicher. Jack der Kater hat keine Schlenker gemacht. Und der ist gestorben.
In den frühen Morgenstunden kommt Saidhbh zurück. Ohne ein Wort zu sagen, sprintet sie nach oben und versteckt ihre verbundene Hand unter ihrem Mantel. Sie knallt ihre Schlafzimmertür drei- oder viermal zu, als sie bemerkt, dass Deano das Schloss entfernt hat. Und dann schmeißt sie sich aufs Bett und steht nicht mehr auf, so ziemlich genau den ganzen nächsten Monat lang.
Und jetzt noch was Positives: Ich bekomme einen Job bei Border Town!
3
Erwachen
B order Town ist der absolute Hammer! Tante Grace setzt alle möglichen Hebel in Bewegung und lässt sich alle möglichen noch ausstehenden Gefallen tun, damit ich einen Fuß in die Tür bekomme. Sie verkündet es mir eine Woche nach Saidhbhs Handschlitzaktion, in der ich hauptsächlich zombiemäßig ins Leere starre oder den Ladybird -Reiseführer London auswendig lerne, während ich vor Saidhbhs Schlafzimmertür treu sorgend Wache halte, als wäre ich eine Mischung aus einem Welpen mit gebrochenem Herzen und der Leibgarde der Queen höchstselbst (die, wie ich rezitiere, Tag für Tag in schicken Uniformen auf geduldigen, glänzenden Pferden sitzt). Ich weiß, dass sich alle Sorgen um mich machen und glauben, dass ich vielleicht genauso wie Saidhbh werde, weshalb ich nicht gerade eine fröhliche Plauderei erwarte, als Tante Grace mich allein vor ein erneutes Space-Abendessen setzt und sagt, dass wir uns mal ernsthaft unterhalten müssen.
Sie sagt, so, wie es aussieht, werde ich noch einige Zeit in Queen’s Park verbringen, zumindest bis Saidhbh wieder alle Tassen im Schrank hat, und deshalb sollte ich eigenständig meinen Lebensunterhalt verdienen, um ein bisschen was zu dem guten Essen beizusteuern, das ich hier bekomme, und meinen Schlafplatz zu bezahlen. Ich sehe sie an und sage nichts, und sie redet weiter, dass sie am Telefon mit meiner Mam gesprochen hat und sich beide einig sind, dass das für die Festigung meines Charakters gut sein wird, und dass sie jede Menge Regeln umgangen und etliche ausstehende Gefallen eingefordert hat, vor allem bei Giorgio, einem dauergeilen alten Italiener, der eine Arbeitsvermittlungsagentur ausschließlich für Aushilfen in Restaurants führt, und mir letzten Endes einen bezahlten Job als Tischabräumer, Bodenwischer und allgemeiner Blitzeblankmopper bei keinem
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