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Nichts für Anfänger - Roman

Nichts für Anfänger - Roman

Titel: Nichts für Anfänger - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kevin Maher
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Keks-, Möbel- oder Autofabriken, wünsch dir was, solange die Mädchen zwei Arme und eine funktionierende Gehirnhälfte hatten, gab’s dort Arbeit für sie. Aber jetzt sind die Märkte alle gestiegen, und es gibt keine Fabrikjobs mehr, und die Männer mit den roten Hosenträgern und riesigen Zigarren wollen nur noch wunderhübsche Frauen einstellen, die spitzenmäßig tippen können und Blazer wie die vom Denver Clan tragen.
    Natürlich bleiben immer noch die Restaurants, sagt Fiona, und drückt mir schwesterlich feixend einen neuen Stapel Briefumschläge in die Hand, die gefüllt werden müssen. Es ist gut, dass der Erfolg Fiona überhaupt nicht verändert hat und sie immer noch witzig und nett-fies sein kann, ohne verletzend zu werden. Sie findet es super, dass Tante Grace mir den Job bei Border Town besorgt hat. Und dass ich mordsmäßiges Glück habe, einen richtigen Job zu haben, während die meisten Jungs in meinem Alter mit ihren Action-Man- und Star-Wars- Figuren rumrennen und sich von ihren Mamis nach der Messe am Sonntagmorgen ein bisschen Taschengeld erbetteln. Und dann auch noch in London!, sagt sie, sie strahlt vor Stolz, und sofort werfen wir einander den Blick zu, der bedeutet, dass London voll der Bringer ist, zweifellos, yes, Sir.
    Und noch was, sagt sie. Es ist gut, wenn du auf andere Gedanken kommst, statt an du weißt schon was zu denken. Dann nickt sie, als würde sie sich selbst recht geben, bevor ich etwas antworten kann. Ich nicke auch. Und dann sitzen wir eine Ewigkeit lang in unangenehmer Stille da, während eine ganze Horde hoffnungsvoller Mädchen aus Kerry fleißig auf die Reihe Schreibmaschinen eindrischt, die Tante Grace in der Vormittagssonne für sie aufgebaut hat.
    Wenn ich freitagabends bei Border Town ankomme, fühle ich mich immer ein bisschen fehl am Platz. Weil ich weiß, dass die anderen eine Spitzenwoche hinter sich haben und sich glorreiche Schlachten mit den Kunden geliefert und sich beim Mitarbeiterbier wahnsinnige Geschichten von Billy angehört haben, über die Frau, die den Salat mit Tomate, Schinken und Mozzarella ohne Schinken und Mozzarella bestellt hat, oder wie Billy mal auf einen Rechnungsbon geschrieben hat: »Wir brauchen das Trinkgeld nicht nur zum Trinken«, weil so ein Geizhals rein gar nichts für die Kellner dazugetan hatte.
    Aber Billy ist einfach der Beste. Er sieht mich sofort und wuuhuuut einmal freudig. Er gibt mir nie das Gefühl, nicht richtig dazuzugehören. Und er ist ein richtiger Beschützer für mich, vor allem, weil wir ganze Abende lang über Jimmy und Bronski Beat reden können. Er ist ziemlich beeindruckt davon, dass ich »Small Town Boy« auswendig kann, und bringt mich sogar eines Samstagabends vor der Schicht dazu, im Raum für die Mitarbeiter das ganze Lied zu singen, ganz alleine, alle fünf Strophen. Das Mitarbeiterzimmer ist wie unser ganz privater Ort, in den bei dem ganzen Wahsinnsgewusel draußen niemand sonst reindarf. Es liegt ganz hinten im Restaurant, hinter einer einzelnen leuchtend roten Tür mit einem kleinen Fenster aus Plexiglas und einem riesigen Zutritt-streng-verboten-Schild dran. Es führt raus in eine schäbige kleine Seitenstraße gleich neben dem Bühneneingang des London Palladium, aber es ist ein ganz besonderer Ort, mit offenen Schließschränken und Holzbänken, auf die man sich setzen kann, um vor der Schicht noch nett zu plaudern und Witze zu machen. Und wenn einem danach ist, kann man sogar singen.
    Und diesmal passiert es einfach, obwohl der Raum rappel voll ist und sich alle umziehen und sogar Trevor, der Filialleiter, dabei ist. Und das halbe Küchenteam. Und normalerweise würde ich so was nicht machen, weil mir meine Aled-Jonesige Stimme viel zu peinlich wäre, aber Billy ist so überzeugend und sagt, ich soll ganz genau so singen wie Jimmy, dass ich es einfach mache. Am Ende bekomme ich von allen eine Riesenrunde Applaus, sogar von Faizel, dem strengen arabischen Hilfskoch, der normalerweise alles hasst, was nicht mit seiner Mutter oder Gott zu tun hat.
    Etwas später am selben Abend drängt mich Janus, der große blonde Barmann mit dem riesigen Unterkiefer, der aus Dänemark kommt, beim Mitarbeiterbier in die Ecke und sagt: Komm schon, raus damit, bist du schwul oder nicht? Sofort fährt Billy dazwischen und sagt ihm, er soll sein Homomaul halten, und erinnert ihn daran, dass ich noch ein Kind bin. Danach bekomme ich immer Billys Tische zugeteilt, was Marco und Luca ordentlich gegen den Strich geht,

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