Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nichts für Anfänger - Roman

Nichts für Anfänger - Roman

Titel: Nichts für Anfänger - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kevin Maher
Vom Netzwerk:
weil Billy das meiste Trinkgeld von allen bekommt. Und ich mache sie superschnell für ihn sauber, ohne auch nur auf sein Nicken zu warten. Manchmal kommt er panisch aus der Küche gerauscht, weil die Hauptgerichte auf dem Weg zu einem Tisch mit fünfzehn Personen sind und er noch nicht mal angefangen hat, die Teller von der Vorspeise abzuräumen, und dann sieht er, dass ich schon den gesamten Tisch sauber gemacht und neu gedeckt habe, inklusive Steakmesser und Pancake-Wärmer. Dann schlendert er wieder zurück und kneift mir in die Schultern und nennt mich dolly filly, was aus der uralten Geheimsprache der Schwulen kommt und gutes, gutes Kind bedeutet.
    Billy hat einen festen Freund, der auch schwul ist und Soz heißt. Soz kommt aus der Türkei, wo alle total streng sind und dir die Finger abgehackt werden, wenn du nur in der Nase bohrst, deshalb kommt Schwulsein dort überhaupt nicht infrage. Er ist schon seit Ewigkeiten in London und hat sich aus der Poststelle einer großen Anwaltskanzlei in der Stadt zur Selbstständigkeit hochgearbeitet, und das auch noch als Buchhalter. Billy reißt andauernd Witze über schwule Buchhalter, die ich nicht verstehe, außer vielleicht, wenn es darum geht, seinen Stift in den Anspitzer zu stecken und so was. Soz ist auch nett, aber nicht so nett wie Billy. Zum einen ist er ruhiger und ein bisschen dicker und sieht immer etwas müde aus, als hätte er schon lange nicht mehr gut geschlafen und auch nichts Gutes im Sinn. Seine Bartstoppeln helfen auch nicht wirklich bei diesem Eindruck, und sie sind megadicht und überall zu perfekten Linien rasiert wie bei Action Man. Und zum anderen, wenn er am Samstag spätabends auf einen Drink reinkommt, ist er manchmal ziemlich ruppig. Lässt sich einfach an einen Tisch in Barnähe fallen und ranzt mich an, ich soll Billy aber pronto zu ihm rüberschicken, und ihm seinen ersten Long Island Ice Tea »on the go« gleich mitbringen. Das sind Drinks, die wie Coca-Cola schmecken, wo aber jede Menge Alkohol drin ist, und die Janus am Mitarbeiterzugang zur Bar hinter einer Strohhalmschachtel für alle Mitarbeiter herstellt, die total gestresst sind und sich ein bisschen für den Abend aufputschen wollen. Ich selbst trinke nie so was, weil sie zu stark sind und Trevor sagt, dass er jeden feuert, den er während der Arbeit beim Trinken erwischt. Aber ich trage sie fröhlich zu Soz rüber, einen nach dem anderen, der sie runterkippt, als würde das niemanden was angehen, und danach mit einem breiten Lächeln auf den Lippen und einem Zwinkern zu Janus rüberwinkt, weil sie über Billy befreundet sind und übers Schwulsein.
    Soz ist auch derjenige, der mich aus heiterem Himmel fragt, ob ich an einem Sonntagabend im August zum Essen bei ihnen vorbeikomme. Es ist kurz bevor die Freitagsschicht anfängt, und er rauscht gerade raus, als ich reinrausche, und wir knallen direkt ineinander. Er sieht wie die personifizierte Wut aus, und ich könnte schwören, dass er mir eine scheuern will, also zucke ich zusammen und ducke mich, aber er streckt mir bloß die Hand entgegen und zieht mich hoch und sagt, dass er und Billy beschlossen haben, es nach einem schicken Essen mal so richtig partymäßig krachen zu lassen und mich dazu gerne einladen würden, und wie wär’s mit Sonntag? Ein paar Sekunden lang bekomme ich kein Wort raus, weil Essen für mich was ist, was mittags stattfindet und aus Bratkartoffeln und Soße und so besteht, und der Gedanke, so was abends zu machen und dann auch noch mit einer Party, ist irgendwie komisch. Aber ich vertraue Billy, deshalb sage ich: Warum nicht?, und Soz lächelt und sagt: Fabelhaft Schätzchen, und zum ersten Mal tut er vor mir ganz mädchenhaft und wackelt ein bisschen mit dem Po, als er sich umdreht und zur Tür raus verschwindet.

4
    Lucky Star
    W ie sich herausstellt, ist die Dinnerparty einfach nur ge nial, und Billy und Soz sind so nett, wie es überhaupt nur geht. Sie verlegen das Ganze etwas vor, damit Tante Grace mich bringen und abholen kann, ohne dass irgendwer allzu viel Schlaf verpasst. Sie wohnen in Earl’s Court, nicht allzu weit weg von Queen’s Park, wie sie sagen, aber Tante Grace braucht trotzdem eine Dreiviertelstunde voller Fluchen und Lichthupen durch stockenden Schritttempoverkehr, um zu ihnen zu kommen. Außerdem ist sie total misstrauisch und muss erst ein ellenlanges Telefonat mit Billy führen, während dem sie ihm die gesamte Tränendrüsengeschichte über mich und meinen sterbenden Vater und

Weitere Kostenlose Bücher