Nichts für Anfänger - Roman

gewandert ist.
    Ich hab’s dir schon gesagt, sagt Sarah mit gesenktem Kopf und guckt Mam durch ihren langen schwarzen Haarvorhang an, ich gehe samstagabends zur Messe.
    Pfffffff, zischt Fiona.
    Manchmal, fügt Sarah hinzu.
    Tja, sagt Mam, der junge Vater O’Culigeen hat wunderbar eloquent über Jugendkriminalität und den völligen Zusammenbruch der moralischen Ordnung gesprochen und dass das davon kommt, dass die Zehn Gebote gebrochen werden, und vor allem, dass Vater und Mutter nicht mehr geehrt werden.
    Ein wenig Respekt!, ergreift Dad zum ersten Mal das Wort.
    Halleluja, sagt Mam, da stand der Tote auf und fing an zu reden.
    Dad setzt ein Lächeln auf, und wir alle kichern vor Erleichterung. Er ist zurück! Ich bin so erleichtert, dass ich ein wenig Jesus von Nazareth spiele und sage: Steh auf, Lazarus!
    Dad findet das nicht lustig. Er sieht mich von oben herab an und verkündet dem gesamten Tisch: Wisst ihr, dass er hier gestern Abend, als er nach Hause gekommen ist, nach Alkohol gestunken hat?
    Für einen Moment ist alles still, bis alle verstanden haben, was Dad da gerade gesagt hat.
    Ich stehe auf und fange an, die Teller mit den Melonenbällchen abzuräumen. Dabei sage ich: Das war Cidona! Ich war bei Saidhbh!
    Zum Glück interessieren sich die Frauen am Tisch viel mehr für Saidhbh Donohue als dafür, dass ich nach Alkohol gestunken habe.
    Saidhbh Donohue!, staunt Sarah mit dem Mund voller Melone, als hätte ich soeben gesagt, ich wäre mit Jane Fonda oder Bo Derek ausgegangen.
    Mhm, sage ich möglichst lässig, um das Gespräch weg von potenziell gefährlichem Terrain wie Mozzo oder HCL zu lenken. Ich und Gary haben sie die Straße runter getroffen, und sie wollte bei einer Limo einfach ein bisschen quatschen.
    Ich hab gehört, dass sie jetzt mit Declan Morrissey zusam men ist, sagt Susan, und schon katapultiert sie meine Geschichte mit ihrem Geplapper wieder zurück in den roten Bereich.
    Das nette Ding?, sagt Mam, die nun ihrerseits auf der Stuhlkante sitzt. Was findet denn eine Schönheit wie sie an so einem Grobian? Er war gestern Abend doch nicht etwa dabei, oder?
    Sie ist selber kein Unschuldslamm, mischt sich Claire zum Glück ein. Die glaubt, sie wär’ was Besseres, eingebildete Kuh. Diese Mädchen von der Mhuire ni Bheatha sind alle gleich. Kleine irische Prinzessinnen.
    Ich hab gehört, ihr Dad ist ein richtiger Provo, sagt Siobhan in dem Versuch, das Thema zu wechseln, und zupft sich den Kragen ihrer Bluse zurecht.
    So ist es, fügt Dad hinzu, zweiter Kommentar des Tages. Wann immer er kann, ist er unten bei der britischen Botschaft, um mit seinen ganzen Provo-Kumpels wegen Bobby Sands zu protestieren.
    Jason Davit sagt, er würde in Galway ein Sommercamp leiten, sagt Susan, wo die Leute IRA -Schießübungen machen und alle lernen, wie man Bomben bastelt.
    Jason Davit ist ein Hirni, sagt Fiona.
    Fiona!, zischt Mam.
    Ich meine ja nur, sagt Claire klugscheißerisch, Saidhbh Donohue ist jedenfalls nicht so eine kleine Prinzessin, wie alle glauben!
    Unser Loverboy hier anscheinend schon, sagt Sarah, sie wittert meinen wunden Punkt und lächelt mich an.
    Sie fangen gleichzeitig an zu singen, alle zusammen, über mich und Saidhbh hoch oben im Baum, k-ü-s-s-e-n-d. Ich wende ihnen den Rücken zu und schabe sämtliche Melonenbällchen ins Waschbecken, aber ich weiß genau, dass meine Ohren ganz genauso rot sind wie meine Backen und meine Gefühle für Saidhbh verraten.
    Mam ist verwirrt und klingt ein wenig verletzt. Die ist doch zu alt für dich, mein Schatz!
    Und eine Provo, sagt Sarah und kostet meine Qualen weiter aus.
    Und falls es dich interessiert, platzt Claire heraus, offenbar hält sie es keine Sekunde länger aus, ich habe gehört, sie nimmt die Pille!
    Was für eine Pille?, fragt Susan.
    Pass auf, was du sagst!, schreit Dad Susan an, seinen kleinen Liebling, dessen Unterlippe augenblicklich zu zittern anfängt.
    Sarah erzählt dir sicher gerne, was das für eine Pille ist, frotzelt Fiona.
    Sarah bekommt Glupschaugen und funkelt Fiona an.
    Mam kriegt die bösen Blicke mit und sieht völlig schockiert aus.
    Dads Kopf ist wieder in seine Hände gewandert.
    Ich habe das Gefühl, dass es keinen Sinn macht, auf einen besseren Zeitpunkt zu warten, um zu fragen, und da wir gerade beim Thema sind, sage ich, Saidhbh hat mich auf eine Party heute Abend bei den Donohues eingeladen, darf ich hin?
    Es gibt einen Witz, den Dad oft erzählt, wenn er einen auf Scherzkeks macht und vor den Frauen seinen