Nichts für Anfänger - Roman
Einbrecher reinlassen. Wenn Mam im Spaß sagt, dass sie in letzter Zeit kaum kleinwüchsige Einbrecher durch Dublin hat laufen sehen, fängt Dad eine riesenlange Geschichte darüber an, dass die richtigen Einbrecher aus Dublin, die richtig schweren Jungs, mit denen er aufgewachsen ist, kleine Kinder durch winzige Fenster klettern und sich von ihnen die Haustür aufmachen lassen. Als Kind hat er das zigfach mit eigenen Augen gesehen, und er ist so felsenfest davon überzeugt, dass es in jeder Ecke unserer Vorstadtsiedlung nur so vor Einbrecherkindern wimmelt, dass er am Ende einen dicken Metallriegel mitten vor das winzige schachtelartige Fenster geschweißt hat, sodass der Gestank immer noch rauskann und die einzige Chance der Dubliner Unterwelt reinzukommen darin besteht, einen winzigen dressierten Einbrecheraffen zu schicken.
Das Klo ist so eng, dass man sich an den Wänden Arme, Knöchel und Ellenbogen stößt, wenn man auf die Idee kommt, hier irgendein anderes Manöver durchzuführen als ein gottgefälliges, ehrliches Männerpissen, soll heißen, reinkommen, pissen, abziehen, Schritt zurück, raus. Alles, was in irgendeiner Weise eine Drehung oder Abwischen beinhaltet, führt augenblicklich zu Gepolter. Mein Zimmer, das früher meins und Fionas Zimmer war, liegt direkt neben dem separaten Klo, und man bekommt so ziemlich alles mit, was darin vor sich geht. Das Poltern ist nur ein winziger Vorgeschmack auf das Klangbild, das dem unglücklichen Zuhörer Tag für Tag geboten wird. Es ist wirklich eklig, und meistens rammt man sich sofort die Finger in die Ohren, wenn man die Tür hört. Aber manchmal ist man nicht schnell genug oder bekommt nicht schnell genug mit, was außerhalb des eigenen Zimmers vor sich geht, und schon bald erkennt man absolut unfreiwillig jedes einzelne Familienmitglied an den Geräuschen, dem Klappern und der unchristlichen Sinfonie von Ploppen und Sprenkeln in den intimsten Momenten ihres Geschäfts, nur einen Meter und eine dürftige Sperrholzplatte entfernt von dir.
Dad ist der größte Polterer und scheint beim Hinsetzen und Aufstehen mit jedem einzelnen Körperteil gegen die Wände zu stoßen und zum Abwischen noch ein Rad zu schlagen. Und erst seine Sprenkelei! Bei ihm hört sich das so an, als würde jemand eine voll geladene Maschinenpistole direkt in die Schüssel feuern. Furchtbar. Bei Sarah hört man dauernd Stöhnen und Pressen, als würde sie jedes Mal ein Baby bekommen, auch wenn sie nur pinkelt. Eine aufwendige Produktion. Claire und Susan sind schwer auseinanderzuhalten, obwohl Susan für gewöhnlich schon den Klopapierhalter auseinander pflückt, bevor sie sich überhaupt hingesetzt hat. Siobhan hasst es, dass ich alles hören kann, und versucht von daher, ihr gesamtes Geschäft möglichst außerhalb des Hauses zu erledigen, auf öffentlichen Toiletten, in Restaurants, egal wo. Mam ist superleise. Und Fiona ist nicht blöd, deshalb sagt sie mir jedes Mal, wenn sie gehen will, dass ich die Lautstärke auf drehen soll. Und wenn es ihr nicht laut genug ist, klopft sie so lange gegen die Wand, bis Jimmy Sommervilles Kreischen in »Small Town Boy« ihre Ahs und Ohs übertönt.
Das Beste am separaten Klo ist allerdings das Schloss. Es ist der einzige Raum im ersten Stock, der ein Schloss hat. Und nicht so ein kleines dekoratives Blechding wie unten am Badezimmer, so ein dünnes glänzendes Hufeisen-Teil, das man mit einem ordentlichen Schulterstoß öffnen könnte und das eigentlich nur da ist, um dir zu signalisieren, dass vermutlich irgendjemand auf der anderen Seite der Tür gerade nackig ist. Nein, das Kloschloss ist ein dickes silbergraues Teil der Marke Chubb, das zur Hälfte in der Tür selbst steckt und nur mit der Hilfe mehrerer Vorschlaghämmer geknackt werden könnte. Es ist dafür gedacht, demjenigen auf dem Pott das ultimative Gefühl von Privatsphäre zu verschaffen, was natürlich wegen den dürftigen Spanplattenwänden und den dadurch bedingten familiären Plopp-Charts Ansichtssache ist. Trotzdem ist es einfach das perfekte Schloss, um deinen wutentbrannten Vater daran zu hindern, sich trotz »seines Zustands« auf dich zu stürzen und dich bei lebendigem Leib zu filetieren, weil du ein widerlicher Schandfleck bist.
Zwischen mir und Dad läuft es seit Ewigkeiten nicht mehr gut. Mam spricht von einem richtiggehenden Totalschaden, und Dads gesundheitlicher Zustand macht alles nur noch schlimmer. Da ist zum Beispiel die Schule. Was das betrifft, bin ich, völlig
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