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Nichts für Anfänger - Roman

Nichts für Anfänger - Roman

Titel: Nichts für Anfänger - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kevin Maher
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einen Ortswechsel ein und verfrachtete das Telefon samt Kordel in die Garderobe unter der Treppe, wo die ganzen Mäntel und alten Gummistiefel und Mützen und Schals und Tennisschläger verstaut sind. Ich sitze auf dem harten Plastikdeckel der Nähmaschine und quatsche verliebt mit Saidhbh und erzähle ihr vom Leben ohne Dad im Haus und dass ich es vermisse, in ihren Armen zu liegen. Sie wiederum erzählt mir, wie langweilig es ist, für die Abschlussprüfung zu pauken, und dass sie noch viel mehr unter Druck steht, weil sie die Tochter des Starlehrers ist. Etwas anderes als Einser kommt gar nicht infrage. Vor allem in Irisch.
    Natürlich erfahren die Mädchen während dieser drei Wochen von mir und Saidhbh, was bedeutet, dass Mam es auch erfährt. Das Timing ist allerdings unschlagbar, weil sich alle so einen Kopf um Dads eventuellen Tod machen, dass der Gedanke, dass ich eine Freundin habe, die alt genug ist, die Schule abzuschließen, sich einen Job zu suchen und Babys zu bekommen, gar nicht so krass ist. Mam ist eher verstört als sauer, als hätte Saidhbh sie die ganze Zeit an der Nase herumgeführt. Und die Mädchen ticken völlig aus, als sie es herausfinden – nicht durch mich, sondern durch Julie Kennedy, deren Bruder auf der Coláiste Mhuire ni Bheatha mit Eaghdhea naghdh in einer Klasse ist und Sarah gesteckt hat, dass es zwischen mir und Saidhbh so richtig zur Sache geht. Sarah ist quasi schweiß gebadet vom Spurt nach Hause, als sie dort in die Beerdigungsatmosphäre platzt, mit der Neuigkeit, dass Saidhbh Donohue jetzt meine feste Freundin ist. Mam setzt ihr ver störtes Gesicht auf, und meine restlichen Schwestern bilden ein quietschendes, palaverndes Grüppchen für sich. Susan und Claire stürzen sich augenblicklich auf Mam und sagen, dass das nicht fair ist und dass ihnen gesagt wurde, sie dürfen keinen Freund haben, bis sie mindestens siebzehn sind, und warum bitte darf ich dann mit vierzehn schon eine Freundin haben? Und dann ist Saidhbh auch noch siebzehn! Sarah, die Mams stilles Leid bemerkt, sagt den Mädchen, sie sollen die Klappe halten und dass sie nur neidisch sind, weil sowieso noch kein Kerl Interesse daran gezeigt hat, ihr Freund zu werden. Saidhbh lässt sie allerdings trotzdem nicht vom Haken, sondern macht angeekelte Bäh-Gesichter in Richtung Siobhan und sagt, dass sie schon immer gewusst hat, dass mit diesem Mädchen etwas nicht stimmt, sie braucht also einen Toyboy. Inzwischen hat Fiona vom Fernsehzimmer aus den Kopf in die Küche gesteckt und zwinkert mir ganz verwegen zu. Dann verschwindet sie wieder, um ihr Date mit Robert Wagner und Stephanie Powers zu beenden.
    In den drei Wochen besuche ich Dad nur ein einziges Mal. Das ist seine Regel. Er hat strenge Instruktionen hinterlassen, die besagen, dass wir nicht mitgebracht werden sollen, um ihn in so einem Zustand zu sehen, aber Mam schleust uns heimlich ein, wenn er bewusstlos ist, um uns, nun ja, seinen Körper zu zeigen. Er sieht nicht besonders toll aus, sein trockener Mund hängt sperrangelweit offen, sein Schnurrbart ist ganz grau und fleckig, und aus seinen Armen kommen Schläuche raus. Wenn sie uns ins Zimmer schiebt, sagt Mam sogar, Da ist dein Vater, so, als ob wir nicht wissen würden, zu welchem von den blau angelaufenen Kadavern da wir gehören. Später sagt Fiona, dass Mam das mehr für sich selbst als für uns gemacht hat. Die Last, ihn dort jeden Tag so zu sehen, war zu schwer für sie allein, und zusammen mit uns allen fühlte es sich für sie etwas normaler an.
    Wie schon gesagt, ist das Haus in dieser Zeit totenstill. Ein paar Nachbarn schauen vorbei, um Mam zu umarmen und zu sagen, dass es furchtbar sein muss, wenn es dem Gatten so schlecht geht wie Dad. Manchmal kommen sie auf Kaffee und Kekse mit rein, aber man merkt, dass sie nur die Bewegungsabläufe ausführen. Auch die Gespräche sind irgendwie ernst und still, und es werden keine gruseligen Geschichten vom Krieg erzählt, die normalerweise die Stimmung hochhalten. Keine tödlichen Unfälle, keine Ertrunkenen und keine Geköpften. Wenn man dem Tod ins Auge sieht, ist er offenbar das Letzte, worüber man reden will.
    Gary kommt mit seiner Mam rüber, und wir verkrümeln uns nach oben, um ein bisschen Bronski zu hören. Gary ist wie ich Bronski-Beat-Fan und kann glücklich und zufrieden und ohne einen Hauch von Schamgefühl die Worte »You and me together, fighting for our love!« zum Playback-Mitsingen. Seit Gary mir bei der ganzen Sache mit der

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