Nichts
ich einen recht guten Überblick. So fallen mir auch die zahlreichen Observationsversuche der anderen auf. Immer wieder schaut der eine oder die andere neugierig in meine Richtung, um sich dann hastig abzuwenden, sobald sich unsere Blicke treffen.
Die Mönchsgruppe verlässt uns, wie mir am Rande auffällt. Geschlossen schreiten sie unauffällig, mit aufgelegt freundlicher Mine durchs Lokal und verschwinden durch die Tür. Ist wohl nicht ganz ihr Ding hier. Das Restaurant ist übrigens im gleichen Stil gehalten wie der Nebenraum – oder umgekehrt. Tahiti lässt grüßen. Auch hier besteht eine Wand komplett aus Glas, was mir wirklich gut gefällt. So kommt man sich eher wie auf einer luftigen Terrasse als in einem abgeschlossenen Raum vor.
Wobei ich erneut an Arizona denken muss. Während ich egoistisch im Luxus schwelge, aus einem Buffet zwischen Croissants, Rührei mit Bacon und allerlei Früchten wählen darf, sitzen Julie, Leann, Stephan und die kleine Charlize dreitausend Kilometer entfernt in der Wüste und kämpfen mit Klapperschlangen, durchgeknallten Verbrechern, seltsamen Wetterphänomenen und Strommangel. Völlig surreal. Die Erde kollabiert, Menschen auf der ganzen Welt verdursten und verhungern, schlagen sich für ein Stück Brot die Köpfe ein oder sterben an Infektionen, radioaktiver Strahlung, Vergiftungen oder sonstig grauenhaften Dingen… und wir sitzen hier rum und klappern fröhlich mit dem Geschirr.
Ist diesen Leuten überhaupt klar, was da draußen gerade so alles abläuft? Andererseits; Vielleicht arbeiten und forschen sie hier schon seit Jahren, werden falsch – oder gar nicht – informiert und sind daher tatsächlich völlig ahnungslos. Wobei mir auffällt, dass es in der ganzen Anlage nicht eine einzige Informationsquelle nach draußen zu geben scheint. Kein Fernseher, kein Radio, nichts. Okay, was würde es auch nutzen? Niemand sendet mehr! Aber was ist mit ihren Familien? Haben sie keine Familien, um die sie sich sorgen und mit denen sie, so wie ich, versuchen ständig in Kontakt zu bleiben. Doch ich sollte niemanden voreilig verurteilen. Immerhin sitze ich genauso wie sie hier, genieße die friedliche Atmosphäre und trinke frisch gebrühten Kaffee! Der Mensch verdrängt gerne. Wenn wir in einer Sache wirklich gut sind, dann ist es wohl die, Tatsachen zu negieren. Aber vielleicht glauben diese Leute auch nur dasselbe wie ich: Teil einer großen Sache zu sein. Mithelfen zu können, die ganze Scheiße irgendwie wieder ins Lot zu bringen.
Muss unbedingt noch telefonieren, bevor Julie sich wieder Sorgen macht!
Erneut schweift mein Blick rüber zu Barkley und den drei Männern. So wie’s aussieht, handelt es sich um ein größeres Problem. Sind die Typen hier eigentlich aufgeklärt worden, frage ich mich; Schwarzaugen, Aobaynam, Evinaea und den ganzen Mist? Oh Gott! Da fällt mir ein, ich sollte mir besser ihre Augen etwas genauer ansehen. Womöglich…
Da reißt mich eine vertraute Stimme aus dem Schrecken.
„Ich wusste es, dass Sie früher oder später hier auftauchen! Ich wusste es ganz genau…“
Ich schaue zur Seite und erkenne zunächst nur eine Hand, an der auffällig die zwei mittleren Finger fehlen und… bin sprachlos!
Harold?
Harold Wegener! Hatte ich fast schon vergessen. Natürlich! Sollte er sich nicht auch hier irgendwo rumtreiben?
„Das kann doch nicht wahr sein!“, springe ich erfreut auf.
Unsicher über meinen nächsten Schritt, entscheide ich mich dazu, dem Mann höflich die Hand zu geben. Harold greift sie, zieht mich ruppig zu sich heran, um mich dann freundschaftlich fest zu umarmen.
„Es tut gut Sie zu sehen, Brian!“
„Ja.“, reagiere ich etwas verlegen, aber dennoch erfreut.
Harold Wegener, mein Direktor aus alten Zeiten – der alte Drache.
„Lassen Sie sich anschauen, Brian!“, stößt er aus und tritt einen Schritt zurück.
„Verdammt…, gut sehen Sie aus. Erinnern mich ein wenig an diesen Bridges aus Bad Blake .“
Bin mir nicht sicher, ob er dies ernst meint. Sollte mich vielleicht doch mal wieder rasieren!
„Trinken Sie etwa?“, fährt Harold fort und klopft mir lax auf die Schulter. „Ich mach Witze. Schauen Sie mich nicht so an!“, lacht er unmittelbar. Bezieht sich wohl auf den genannten Film.
Er zerrt den freien Stuhl vor und setzt sich unaufgefordert, wie selbstverständlich, an meinen Tisch. Während ich noch
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